Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
Vom Netzwerk:
Wochen schien der Vertragsabschluß gesichert. Doubleday hatte mir schon den geplanten Verkaufspreis und die Höhe der Auflage mitgeteilt. 10 000 Exemplare waren fürs erste vorgesehen. Dann aber kam — wie sollte es anders sein — die Absage. Mit Bedauern teilte man mir mit, jüdische Schriftsteller hätten beim Verlag gegen diesen Bildband protestiert.
      Das Ultimatum, das der deutsche Verlag gestellt hatte, war abgelaufen. Nach zähen Verhandlungen gelang es Dr. Weber, eine Fristverlängerung zu erreichen, die der Verlag unter abenteuerlichen Bedingungen einzuräumen geneigt war.
      Die Nuba-Bilder im «stern» und «Sunday Times Magazine» waren nicht nur in Deutschland und den USA beachtet worden. Es meldeten sich neue Interessenten aus Frankreich und England. Während eines Aufenthalts in London erklärten sich gleich zwei Verleger sofort zu einem Vertrag bereit mit einem Vorschuß, der es mir erlaubte, den deutschen Verleger auszuzahlen. Zu spät erfuhr ich von meinem Anwalt, daß ich diesen Betrag nie hätte zurückzahlen müssen.
      Die englischen Verleger waren Peter Owens und Tom Stacey. So sympathisch mir eine Zusammenarbeit mit Peter Owens, einem jungen Verleger mit hohen Ansprüchen an sein Programm, erschien, entschied ich mich für Tom Stacey, der Afrika gut kannte. Er hatte eine aus zwanzig Bänden bestehende Reihe der Naturvölker aus allen Erdteilen herausgebracht und war selbst längere Zeit als Journalist in Afrika tätig gewesen.
      Eine Odyssee des Nuba-Buchs begann.

    Tom Stacey

    I n das japanische Restaurant «Tokyo», nur wenige Minuten vom Piccadilly entfernt, hatten meine Freunde, die Zwillingsbrüder Michi und Yoshi Kondo, die Inhaber des Restaurants und meine Partner zu Zeiten der «Kondo-Film», Tom Stacey und mich eingeladen, um den Vertragsabschluß zu feiern.
      Tom Stacey wirkte sehr sympathisch. Er war groß und schlank und im besten Alter, sein Temperament war äußerst lebhaft, und er besaß auch Charme. In Afrika hatte er sich vor allem als Anthropologe betätigt, daher sein großes Interesse an den Nuba. Einen besser
geeigneten Verleger hätte ich mir nicht wünschen können. Seine zwanzigbändige Enzyklopädie, mit Hunderten von Farbaufnahmen, ist ein anspruchsvolles Werk. Ich hatte jeden Grund, an diesem Abend fröhlich zu sein. Neben dem Vertrag mit Stacey konnte ich an diesem Tag einen weiteren wichtigen unterzeichnen: BBC erwarb die englischen TV-Rechte meiner beiden Olympiafilme. Sie sollten in der Originalfassung in voller Länge anläßlich der Olympischen Spiele 1972 in München ausgestrahlt werden. Das war für mich nicht nur geschäftlich ein großer Erfolg. In Deutschland waren die Olympiafilme im Fernsehen trotz des aktuellen Anlasses der Spiele in München niemals gezeigt worden. Kein einziger deutscher Sender hatte Interesse bekundet.
      Vor meinem Rückflug erhielt ich in London ein drittes Angebot. Das «Sunday Times Magazine» wollte mich für die Olympischen Spiele in München als Fotografin verpflichten. Ein ehrenvolles Angebot, aber eine schwierige Entscheidung. Würde ich mit Siebzig noch eine so anstrengende Arbeit leisten können? Ich bat um Bedenkzeit. Als ich mich schließlich zu einer Zusage durchrang, geschah das aus einem besonderen oder auch ganz einfachen Grund: Zu den Olympischen Spielen, die ich unbedingt miterleben wollte, hatte ich keine Eintrittskarten mehr erhalten, da ich, als sie verkauft wurden, in Afrika war. Nur noch Stehplätze waren zu haben und Karten auf dem Schwarzen Markt. Von den zuständigen deutschen Sportorganisationen, an die ich mich gewandt hatte, bekam ich nur Absagen. Auch mein Brief an Willi Daume, den Präsidenten des Deutschen Olympischen Organisations-Komitees, führte zu nichts. Er verfüge leider nicht über Eintritts-Kontingente, wolle sich aber um Karten für einige spezielle Wettkämpfe bemühen. Zur Stunde war ich noch kartenlos und entschloß mich deshalb für das Angebot der «Sunday Times», das mir den Zutritt zum Stadion eröffnete. Es war mir klar, daß dies ein ziemlich aufregendes Abenteuer werden würde.

    Doktor Berry

    B evor ich mich in den Trubel stürzte, der mich in diesem Jahr der Olympischen Spiele erwartete, machte ich noch einen kurzen Skiurlaub im Engadin. Dabei wollte ich das Versprechen einlösen, das ich Dr. Berry, dem berühmten Arzt in St. Moritz, gegeben hatte:
    Ich sollte ihm und seinen Gästen die Nuba-Dias zeigen.
      Als ich ihn vor Jahren das erste Mal in seiner

Weitere Kostenlose Bücher