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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Trenkers Bergfilme. Gorter liebte die Berge über alles, und sein großer Wunsch war, mit uns als Kameramann zu arbeiten. Gegen Abend kamen wir auf das «Tagebuch» zu sprechen. Als er erfuhr, daß wegen dieser Veröffentlichung mein «Tiefland»-Film von den Franzosen beschlagnahmt blieb, kam er selbst auf den Trenkerbrief zu sprechen. Er war bestürzt, denn, mit Trenker freundschaftlich verbunden, traute er ihm eine solche Fälschung nicht zu. Andererseits schätzte er auch meine Filmarbeit, und der Gedanke, ein Film wie «Tiefland» könnte vernichtet werden, war ihm unerträglich. Da bat ich ihn, mir Trenkers Brief zu zeigen. Ich war ungeheuer gespannt — würde er mich diesen Brief lesen lassen? Gorter stand auf, zögerte einen Augenblick, dann ging er hinaus. Die Situation war dramatisch. Es hing zu viel für mich von diesem Brief ab. Als Gorter zurückkam, den Brief in Händen, hatte ich Herzklopfen. Dann las ich:

    Bozen-Gries, den 19. Nov. 1946
    Via Mazzini 16
    Lieber Herr Gorter!
    Eine italienische Zeitung bringt eine Artikelserie über einzelne Per sönlichkeiten des Dritten Reiches heraus, darunter sind auch Leni Riefenstahl und Eva Braun. Ich wurde nun gebeten, Daten über die Kindheit, Schulzeit und das Elternhaus dieser Letzteren zu bringen. Besonders interessiert die Zeitung sich für die Kindheit von Eva Braun, wo sie dieselbe verbracht hat, über ihr Verhältnis zu den Schwestern und zu den Eltern, Lebensverhältnisse daheim, einiges über Mitschülerinnen, welche Schule sie besuchte, einzelne kleine Anekdoten, Bekanntschaften, Liebschaften, wann kam sie zu Hein rich Hoffmann, wo war sie bei H. H. angestellt, wie verhielt sie sich zu ihren Mitschülerinnen, wo sind die Schwestern, wie war sie in der Schule, lernte die etwas, war sie ein intelligentes Kind, wann und wo geboren, woher stammt ihre Mutter und dergl. mehr. Diese Fragen müßten Sie mir in einer ziemlich ausführlichen Weise und verläßlich beantworten. Sie können mir die Briefe dann in getrenn ten Abschriften doppelt einmal nach Kitzbühel und einmal nach Bozen senden. Es müssen 15-20 Seiten sein. Schicken Sie nicht alles auf einmal, sondern immer 4-5 Seiten. Wenn Sie ein paar Bilder vom Wohnhaus oder von den Eltern beilegen können, wird es mir recht sein. Soviel ich weiß, wohnen die Eltern in Ruhpolding. Ich bekomme von den Zeitungen ein Honorar von 30 000,- Lire und ich würde Ihnen die Hälfte davon in Form von Lebensmittel paketen vergüten, falls Sie solche brauchen. Wenn Sie die Auszah lung anders wollen, so schreiben Sie es mir. Bitte, geben Sie mir überhaupt bald Antwort, ob es Ihnen möglich ist, diese Sache für mich zu übernehmen. Aber Sie brauchen niemand davon etwas zu erzählen.
    Mit den besten Grüßen bin ich Ihr
    Trenker.
    P.S.
    Wenn Sie selber hingehen, so müssen Sie nicht sagen, um was es sich handelt, sondern nur im allgemeinen mit den Leuten reden. Sie können mir ja Ihre persönlichen Eindrücke über die Leute schrei ben.

    In was für ein Abenteuer hatte sich Trenker da eingelassen! Aber in diesem Augenblick hatte ich nur den einen Gedanken, diesen Brief zu bekommen, um den geforderten Beweis der Fälschung des «Tagebuchs» in Händen zu haben.
      «Schade», sagte Gorter, die Stille unterbrechend, «daß Trenker durch lauter solchen Unfug sein Leben und Schaffen ruiniert. Was hat dieser Mann Millionen Menschen Schönes und Erhabenes geschenkt. Diese Menschen haben eine gute Meinung von ihm. Warum tut er das? Was gehen diesen ‹Sohn der weißen Berge›, diesen ‹Rebell›, ‹Carell› und ‹Feuerteufel› die Männer und Frauen der Politik an?» Gorter steigerte sich immer mehr in seinen enttäuschten Zorn. Erregt sagte er: «Und alles zieht er in den Schmutz. Das ist nicht der alte Trenker, wie wir ihn schätzen und lieben — das ist ein völlig anderer, geschmackloser, taktloser Bursch, den wir in ihm nie kannten. Traurig — sehr traurig. Aber nicht zu ändern. Letzten Endes siegt doch immer wieder die Wahrheit.»
      Damit war die Entscheidung gefallen. Gorter überließ mir für einige Tage den Brief, damit bei einem Notar beglaubigte Kopien gemacht werden konnten, die ich an die französischen Dienststellen schicken konnte.
      An einen Prozeß gegen Trenker dachte ich damals noch nicht. In Solln bei meiner Schwiegermutter wollte ich nicht bleiben, ich fürchtete, daß Peter mich dort finden würde. Deshalb nahm ich gern die Einladung der Familie Grupp an, bei ihnen in Harlaching zu

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