Memoiren 1945 - 1987
gegen Dich begraben und wünsche Dir aufrichtig nur das Allerbeste. Mache Dir nicht zu viele Sorgen durch Gerüchte, die über Dich kursieren, denn, wie ich schon erwähnte, sind Menschen, die im öffentlichen Leben ste hen, stets Entstellungen und Verleumdungen ausgesetzt. Ich selbst habe davon in den letzten sieben Jahren der Nazi-Regierung ein bitteres Beispiel erleben müssen.
Mit den besten Grüßen und Wünschen
Dein Luis
Friedrich A. Mainz, der frühere Direktor der «Tobis-Film», schrieb mir, sein Freund Emil Lustig, ebenfalls ein Film-Produzent, habe ihm in Paris mitgeteilt, Luis Trenker hätte ihm die Verlagsrechte der Memoiren der Eva Braun für einen Kaufpreis von 50 000 Dollar angeboten. Aber die amerikanische Militärregierung für Deutschland und Österreich habe nach eingehender Untersuchung festgestellt, daß es sich um eine plumpe Fälschung und ein pornographisches Machwerk handelt.
Noch schlimmer aber traf mich ein Brief, den mir Hans Steger, der Bergführer, mit dem ich viele Touren gemacht hatte, schrieb:
Bozen, den 23. Juli 1948
Liebe Leni! Bei uns haben die Veröffentlichungen des Herrn Trenker auch Wirbel gemacht. Vor längerer Zeit wollte der gleiche Herr Fotos von Dir haben, welche seinerzeit bei der Polentour mit Dir und Deinem seinerzeitigen Filmstab gemacht wurden. Trenker wollte sie für Veröffentlichungen in Amerika haben, kannst Dir denken, daß ich ihn abblitzen ließ, dies sage ich Dir bloß, daß Du siehst, daß er vor nichts sich scheut, den Leuten zu den Schwierigkeiten noch größere hinzuzufügen.
Nie hätte ich Trenker solche Handlungen zugetraut. Nun mußte ich alles daransetzen, diese Fälschung auch gerichtlich aufzuklären. Das war von Königsfeld aus schwierig, ich mußte unbedingt wieder nach München.
Über Nacht entstand eine neue Situation: die Währungsreform. Sie trat am 21. Juni 1948 in Kraft. Jeder Bürger, ganz gleich, wieviel Vermögen er auf den Bankkonten oder im Sparstrumpf besaß, auch wenn es Millionen waren, erhielt als Ersatz nur ein «Kopfgeld» von 40,- DM. Eine neue Ära der Wirtschaft begann. Allerdings nur für Menschen, die Werte wie Aktien, Immobilien und Waren besaßen, oder für solche, die eine Arbeit hatten. Für uns änderte die neue Situation wenig. Wir hatten vor der Währungsreform nichts und nachher auch nichts.
Mit den 40,- DM Handgeld machte ich mich auf meine zweite Reise nach Bayern. Ein Lastwagen nahm mich wieder nach München mit. Meine Mutter und Hanni blieben in Königsfeld. Ich wun derte mich, wie gefaßt meine Mutter dies alles ertrug. Woher nahm sie nur ihre Kraft?
In München las ich vor dem Fenster des Luxusrestaurants «Humpelmayer» die hinter der Scheibe aufgestellte Speisekarte: «Gänsebraten mit Rotkraut und Kartoffeln — Preis 6,- DM». Mit magischen Kräften zog es mich in dieses teure, exklusive Restaurant. Es war Mittag, und ich konnte nur wenig Gäste entdecken. Schweigend reichte mir der Ober die elegante Speisekarte. Noch nie hat mir eine Mahlzeit so gemundet wie dieser Gänsebraten. Jedenfalls habe ich diese Ausgabe, soviel das damals auch für mich war, nie bereut.
In München erfuhr ich, die Familie der Eva Braun habe den Rechtsanwalt Dr. Gritschneder beauftragt, durch einen Prozeß die Fälschung des angeblichen Tagebuchs ihrer Tochter festzustellen. Die Anwaltskanzlei teilte mir mit, die älteste Schwester Eva Brauns wolle mich sprechen. Ich kannte niemand von der Familie, auch Eva Braun habe ich nie gesehen.
Die Unterredung mit dieser Dame war zumindest am Anfang ziemlich unangenehm. Sie beschuldigte mich, mit Trenker gemeinsame Sache in der Tagebuchangelegenheit gemacht zu haben. An meinem Entsetzen bemerkte sie bald ihren Irrtum. «Warum verklagen Sie Trenker nicht?» fragte sie, noch immer etwas mißtrauisch.
«Weil ich kein Geld habe und deshalb keine Prozesse führen kann», war meine Antwort.
«Schließen Sie sich doch als Nebenklägerin unserem Prozeß an, vielleicht bewilligt man Ihnen das Armenrecht.»
So lernte ich Dr. Gritschneder kennen, den Anwalt, der über Jahrzehnte mich gegen Verleumdungen verteidigt hat. Nicht einen einzigen Prozeß hat er verloren, aber über fünfzig gewonnen. Für fast alle mußte ich das Armenrecht in Anspruch nehmen. Ihm und seinen Kollegen, Dr. Karl Beinhardt und Dr. Hans Weber, habe ich es zu verdanken, daß ich in dem Sumpf der nicht abreißenden Verleumdungen nicht untergegangen bin.
Am 10. September
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