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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Zusammenarbeit zerstöre, der durch die Olympischen Spiele verkörpert sei. Mit leidenschaftlicher Stimme rief er dem Publikum zu: «The Games must go on.»
      Nach dieser Tragödie war ich nur noch mit halbem Herzen dabei. Die Beendigung meiner Arbeit war für mich nur mehr eine Art Pflichterfüllung.
      Mit einer stimmungsvollen und eindrucksvollen Schlußfeier gingen die Spiele zu Ende. Willi Daume, der Präsident des Deutschen Olympischen Komitees, verurteilte in einer ergreifenden Rede noch einmal das furchtbare Verbrechen, das diese Spiele so überschattet hatte, und beschwor inbrünstig den Glauben an die Olympische Idee.
      Mit Spannung erwartete ich meine Bildreportage im «Sunday Times Magazine». Drei Wochen nach Beendigung der Spiele hielt ich die Zeitschrift in Händen. Auf der Titelseite waren zwei Aufnahmen von Hochspringern, die verblüffend ähnlich waren: eine hatte ich
    1936 in Berlin gemacht, die andere 36 Jahre später in München. Darüber der Titel: «Leni Riefenstahl‘s Second Olympics.»
      Neben der «Sunday Times» ließen sich zunehmend weniger internationale Zeitschriften und Fernseh-Gesellschaften durch BoykottDrohungen gegen mich einschüchtern. Die amerikanische Fernsehgesellschaft CBS brachte im Anschluß an die Olympischen Spiele ein Filmporträt von mir. Stephan Chodorov und John Musilli von «Camera Three» waren die Regisseure. In den vier Tagen, in denen wir die Aufnahmen machten, sah meine Wohnung wie ein Filmatelier aus. Die beiden Amerikaner waren mit einem solchen Eifer bei der Arbeit, daß ich davon angesteckt wurde, als sei es mein eigener Film. Sie hatten eine Engelsgeduld und scheuten keine Mühe. Sie fuhren mit mir sogar auf die Zugspitze, weil sie diesen Platz für ein Interview über meine Bergfilme am geeignetsten hielten. Der Film wurde in Amerika in zwei Teilen ausgestrahlt und war so erfolgreich, daß die
    Sendungen mehrere Male wiederholt wurden.
      Anschließend wartete Andrew Mannheim auf mich, ein in London lebender Journalist, der für das amerikanische Magazin «Modern Photography» ein langes Interview mit mir führen sollte. Wir diskutierten drei Tage lang. Von allen Interviews dürfte dieses, so kommt es mir wenigstens vor, das interessanteste sein, weil dieser Journalist mit seinen Fragen auch die gesamte Filmtechnik einbezog. Dieser sehr ausführliche Bericht ist fast fehlerfrei, da der Verfasser mich bat, seinen Text vor Drucklegung zu lesen, um eventuelle Fehler zu eliminieren, eine Seltenheit unter Journalisten.
      Nun war ich aber urlaubsreif. Ich sagte alles ab — ich wollte nur fort von hier. Hartwigs, das nette Ehepaar aus Hamburg, das mir einen Landrover geschenkt hatte, luden Horst und mich für eine gemeinsame Reise durch Ostafrika ein. Es sollte ein Badeurlaub und eine Fotosafari werden, die ich gewissermaßen als Reiseleiterin organisieren sollte. Dankbar nahmen wir die Einladung an und kamen nach einer ereignisreichen, harmonisch verlaufenen Safari alle gesund wieder zurück.

    Der Geyer-Prozeß

    D as neue Jahr brachte neue Rückschläge. Den seit Jahren schwebenden Schadensersatz-Prozeß, den meine Gläubiger gegen Geyer führten, hatten sie auch in zweiter Instanz verloren, weil das Oberlandesgericht Hamburg ihre Berufung wegen Ablauf der Verjährungsfrist zurückgewiesen hat. Ein unbegreifliches Urteil. Das Gutachten, das sich meine Gläubiger vor Einreichung der Klage von einem Spezialisten ausarbeiten ließen, hatte ausdrücklich die Gefahr einer Verjährungsfrist verneint. Die Summe der Fehlleistungen von Geyer war so gravierend, daß die von dieser Firma verschuldete grobe Fahrlässigkeit nicht durch die «Allgemeinen Lieferbedingungen» gedeckt und deshalb auch nicht verjährt sein konnte. Tragisch war, daß dieses Urteil durch ein Gutachten von Kodak, das auf einem Irrtum beruhte, zustande kam.
      Die Stimmungsmache, die während des Prozesses von dem Geyer-Anwalt geschickt betrieben wurde, war nicht spurlos an dem Richter vorbeigegangen. Er brachte nicht nur politische Aspekte hinein, die mit dem Fall nichts zu tun hatten, sondern qualifizierte außerdem in zynischer und diskriminierender Weise meine Person
und meine Arbeit ab. Den enormen Schaden, den ich durch Geyer erlitten hatte, setzte er mit abfälligen Worten herab, wie etwa, «es handle sich doch nur um einen Film über nackte Nuba».
      Ich bat meine Gläubiger, von einer Revision abzusehen. Die hohen Prozeßkosten, für die ich zur Hälfte aufkommen

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