Memoiren 1945 - 1987
Körper,
aber sie ist nicht graziös und zärtlich wie du, sondern ganz Trieb. Und das hat
mich immer zurückgestoßen.› Es quält mich aber doch: Hat er ein Verhältnis mit
ihr gehabt oder nicht? Werde ichs erfahren? Mir will er natürlich keine Macht
geben, ich will auch nie etwas von ihm, hab noch nie etwas von ihm erbeten, ich
bin wohl die bequemste Geliebte, die es für ihn gibt.»
Eine letzte Kostprobe von Seite 32, letzter Absatz:
«... Die Leni macht sich enorm wichtig und wer nicht Bescheid wüßte, hätte
geglaubt, sie sei eigentlich die Hauptperson. Sie war umgeben von rund dreißig
Männern mit Kameras. Alle waren merkwürdig gekleidet, wie direkt aus dem
Atelier entsprungen. Diese Person hasse ich. Sie kann nichts anderes, als mit ihren
vier Buchstaben wackeln. Aber damit kann man berühmt werden. Ich möchte um
mein Leben gern wissen, ob es wahr ist, daß sie auf dem Berghof nackt getanzt hat.
Mir gegenüber ist sie ungeheuer freundlich, aber vielleicht bin ich ihr sogar
gleichgültig. Ihr kommts hauptsächlich darauf, an, daß die Leute glauben, daß sie
ein Verhältnis mit ihm hat. Sie hat einen bösen Einfluß auf seine Entscheidungen
bei sogenannten Kulturfragen. Gottseidank lacht er sie aus, wenn sie über Politik
spricht. Es fehlte ja gerade, wenn es anders wäre ...»
Diese gemein-gefährlichen Texte, die außer in Frankreich auch noch in anderen Ländern veröffentlicht wurden, haben dazu beigetragen, mich über Jahrzehnte zu diffamieren, so daß ich meinen Beruf als Filmregisseurin nicht mehr ausüben konnte. Auch das Gerichtsurteil, das den Beweis der Fälschung des Tagebuches erbrachte, konnte den mir entstandenen Schaden nie mehr gutmachen.
Trenker schwieg zum Prozeß und zu allen schweren Anschuldigungen. Er erhob gegen niemand Klage und zog sich fünf Jahre lang aus Deutschland zurück. Erst im Oktober 1953 erschien in der «Münchner Illustrierten» von ihm ein Bericht mit dem Titel: «Mein Herz schlug immer für Tirol». In der Annahme, in den vielen Jahren, in denen er in Deutschland nicht mehr aktiv war, sei Gras über die Tagebuchaffäre gewachsen, wagte er sogar, sich wegen dieser Fälschung zu rechtfertigen. Wer dieses Pamphlet verfaßt hatte, wissen außer ihm nur wenige. Die zogen es vor zu schweigen.
Entnazifizierung
A uch für die Spruchkammer war dieses Gerichtsurteil von Wert. Meine erste Verhandlung fand am 1. Dezember 1948 in Villingen im Schwarzwald statt. Nach stundenlangen, aufregenden Diskussionen erhielt ich die Bescheinigung des Untersuchungsausschusses, daß ich in die Gruppe «Vom Gesetz nicht betroffen» eingestuft wurde. «Es wurden nach gründlicher Untersuchung keine politischen Belastungen, festgestellt. Die Genannte war weder Mitglied der NSDAP noch einer ihrer Gliederungen.»
Gegen dieses Urteil legte die französische Militärregierung Einspruch ein. So mußte ich mich am 6. Juli 1949 noch einmal der stundenlangen Prozedur unterziehen. Dieses Mal nicht in Villingen, sondern vor der Spruchkammer des Badischen Staatskommissariats für politische Säuberung in Freiburg. Die Verhandlung, in der ich mich allein, ohne Anwalt, verteidigen mußte, dauerte den ganzen Tag. Zu jedem Gerücht, das im Umlauf war, mußte ich Stellung nehmen. Erst gegen Abend wurde das Urteil verkündet. Wieder lautete es einstimmig: «Vom Gesetz nicht betroffen».
In der Begründung stand zu lesen:
«Die Untersuchung über die Beziehung der Frau Riefenstahl zu den führenden
Persönlichkeiten des ‹Dritten Reiches› hat — im Gegensatz zu den im Publikum
und in der Presse vielfach verbreiteten Gerüchten und Behauptungen — ergeben,
daß zu keiner dieser Persönlichkeiten Beziehungen festzustellen waren, die über
den Rahmen hinausgingen, der sich aus der geschäftlichen Erledigung der der
Künstlerin übertragenen Aufgaben ergab. Es war nicht ein einziger Zeuge oder ein
Beweisstück aufzutreiben, nach denen auf ein engeres Verhältnis der Frau Riefen
stahl zu Hitler geschlossen werden müßte. Es liegen im Gegenteil eidesstattliche
Versicherungen aus der nächsten Umgebung Hitlers vor, die diese Feststellung
unterstützen. Für die NSDAP Propaganda zu treiben, lag ihr gänzlich fern. Die
Übernahme des Parteitagfilms und die Gestaltung des Olympiafilms bezeugen
nicht das Gegenteil. Der Olympiafilm war eine internationale Angelegenheit und
scheidet schon deswegen als belastender Tatbestand aus. Die Annahme des
Auftrages für den
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