Memoiren 1945 - 1987
war.
In Österreich hatte der «Tiefland»-Erfolg nun großes Interesse für dieses Projekt hervorgerufen: «Die roten Teufel» waren Österreicher und die eigentlichen Stars dieses Films. Das Finanzministerium wie auch die Fremden Werbung des Handelsministeriums und die «Creditanstalt» zeigten sich gleichermaßen interessiert, und die zwischenzeitlich so ängstlich gewordene «International-Film» bot eine doppelt so hohe Garantie wie für «Tiefland».
Am Arlberg konnte ich die Quartierfrage zufriedenstellend regeln. Es ging immerhin um die Unterbringung von mehr als neunzig Personen, und dies in St. Anton und Zürs, mitten in der Skisaison. Ein ungemein günstiger Preis wurde mir eingeräumt. Dieselbe Zusage gab mir auch der Verkehrsverein in Garmisch, und der italienische Wintersportplatz Cervinia offerierte uns sämtliche Quartiere inclusive Vollpension ganz umsonst. Diese Einsparungen senkten die Kosten auf DM 1 400 000, doch war auch diese Summe noch viel zu hoch. Und eine deutsche Bürgschaft für mein Projekt konnten weder die «Herzog-Film» noch Herr Mainz beschaffen.
Die größte Chance war noch immer eine italienische Partnerschaft, und so versuchte ich noch einmal mein Glück in Rom. Wie immer verlangte das viel Geduld, und wenn ich glaubte, am Ziel zu sein, löste sich alles wieder auf wie eine Fata Morgana. Fast wollte ich es schon aufgeben, als mich die «Rizzoli-Film» sprechen wollte. Ich spürte einen Hoffnungsstrahl, denn der Presse- und Verlagsmagnat Rizzoli war zu dieser Zeit auch der ungekrönte Filmkönig von Italien.
Als ich mich in dem Büro seiner Firma meldete, erfuhr ich, daß Signor Rizzoli sich sehr gern mit mir über dieses Filmprojekt unterhalten möchte, daß er an Ingrid Bergmann für die weibliche Hauptrolle denke, aber seit gestern im Urlaub sei.
«Und wo?» fragte ich ernüchtert.
«In Positano», sagte Signor Freddi liebenswürdig. «Jeder weiß dort, wo Herr Rizzoli wohnt, und», fuhr er fort, «Sie sollten sich diese Reise überlegen, denn Signor Rizzoli war von dem Stoff beeindruckt und schätzt außerdem Ihre früheren Filme sehr.»
Positano, keine 300 Kilometer von Rom entfernt, und schon war ich mit meinem Opel-Rekord, den ich mir nach Abschluß des Vertrags mit der «Allianz» geleistet hatte, unterwegs. Allerdings ahnte ich damals noch nicht, was es bedeutet, eine solche Fahrt in Italien im Hochsommer zu unternehmen. Am 13. August beginnt alljährlich «Ferragosto», die großen Ferien, und genau an diesem Tag setzte ich mich an einem Nachmittag in meinen Wagen Richtung Neapel. Kurz vor Neapel sah ich plötzlich erschrocken im Licht meiner Scheinwerfer eine lange Holzstange, die unbeleuchtet rückwärts auf einem Lastwagen lag. Ich konnte gerade noch das Steuer herumreißen, ohne Rücksicht auf Gegenverkehr, sonst wäre mein Auto von der Holzstange durchbohrt worden. Über dreißig Jahre war ich unfallfrei gefahren. Der Schreck saß mir noch lange in den Gliedern.
In Neapel war es hoffnungslos, Quartier zu finden, nicht einmal eine Kammer war zu haben. So blieb mir nichts übrig, als in der Nacht weiterzufahren. Nach Neapel gab es unzählige steile Kurven, bei denen ich unausgesetzt von entgegenkommenden Scheinwerfern irritiert wurde. Ich konnte fast nur im Schrittempo fahren und hatte nur den einen Wunsch, in ein Bett zu fallen und zu schlafen. In jedem kleinen Ort klopfte ich an Türen an, es war aussichtslos. Seitdem wußte ich, was eine Reise am «Ferragosto» ohne Quartier bedeutet. Aber ein Zurück gab es nicht mehr.
Es war spät in der Nacht, ich konnte vor Müdigkeit nicht weiterfahren und fuhr das Auto dicht an den Straßenrand. Da sah ich im Mondlicht unter mir einen Sandstrand. Ich zögerte keinen Augenblick und rannte, nachdem ich die Bremse angezogen und das Standlicht angemacht hatte, zum Strand hinunter. Übermüdet warf ich mich in den Sand. Es kam jemand auf mich zu, ein älterer Mann, der sich besorgt über mich beugte. Er gab mir zu verstehen, ich sollte ihm folgen. Freundlich öffnete er mir eine Badekabine, und schon überfiel mich der Schlaf. Plötzlich zuckte ich zusam men. Zwei Italiener hatten sich über mich geworfen. Ich schrie wie eine Wahnsinnige — die Burschen ergriffen die Flucht. Der alte Mann war mit einer Taschenlampe wiedergekommen und versuchte, mich in rührender Weise zu beruhigen. Er blieb bei mir, bis es hell wurde.
Die Nacht des folgenden Tages verbrachte ich in meinem Auto,
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