Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
Vom Netzwerk:
ungefähr 14 bis 16 Personen, darunter keine einzige Frau.
      Ich hatte meine Arme schützend vor mein Gesicht gehalten und wartete ab, bis es ruhiger wurde, dann ließ man mich sprechen. Es dauerte mindestens eine halbe Stunde, bis ich in der Lage war, einiges aus meinem Leben zu erzählen. Und da spürte ich, wie sie mir zu glauben begannen. Besonders die Briefe von Manfred George schienen sie zu beeindrucken, auch, daß ich meine Bewunderung, die ich für Hitler hatte, nicht leugnete. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion, die über Stunden ging. Und mehr und mehr legte sich die feindliche Aggression.
      Am kommenden Tag war in den Wiener Zeitungen zu lesen:

    «Neue Erklärung des KZ-Verbandes zum Riefenstahl-Film
    Wie das Präsidium des KZ-Verbandes nunmehr mitteilt, konnte Frau Riefen
    stahl bei einer Vorsprache im KZ-Verband dokumentarische Erklärungen und
    Entscheidungen verschiedener Behörden und Gerichte darüber vorlegen, daß die
    Anschuldigungen, für ihren Film «Tiefland» Zigeuner aus dem Konzentrationsla
    ger verwendet zu haben, den Tatsachen nicht entspricht ... Der KZ-Verband steht
    zwar weiterhin auf dem grundsätzlichen Standpunkt, daß es zweckmäßiger gewe
    sen wäre, den in Rede stehenden Film jetzt nicht vorzuführen, beschloß jedoch,
    von einer weitergehenden Aktion gegen die Vorführung des Films Abstand zu
    nehmen.»

      Die Herren des Verleihs atmeten auf. Meine Tournee durch Österreich, auf der mich Franz Eichberger, unser Pedro, begleitete, wurde ein rauschender Erfolg — nicht nur in Wien, ebenso in Linz, Graz und besonders in Steyr.
      Die Kritiker von der linken bis zur rechten Presse übertrafen meine Erwartungen. Am treffendsten fand ich die Worte, die einer schrieb: «Ein Opernstoff wurde gedichtete Malerei.»

    Filmfestival in Cannes

    I m Jahr 1954 war Jean Cocteau Präsident der Jury des Filmfesti
    vals in Cannes. Ich hatte ihn in der Zwischenzeit kennengelernt, und ein freundschaftliches Verhältnis hatte sich zwischen uns entwickelt. In München sah er «Tiefland», und trotz der Schwächen, die der Film zweifellos hat, machte er großen Eindruck auf ihn. «Die Bilder strahlen Breughelsche Intensität aus, unerreicht ist die Poesie der Kamera, und der Film hat Stil», sagte er. Und dann: «Ich möchte den Film für Cannes haben.»
      Dies waren nicht nur höfliche Worte, er meinte es ernst. Trotz seiner vielen Verpflichtungen bot er an, die Dialoge des Films selbst ins Französische zu übersetzen, damit er mit guten Untertiteln gezeigt werden konnte. An das Bundesinnenministerium in Bonn telegrafierte Cocteau:

    «Ich wäre ganz besonders glücklich, wenn der Film ‹Tiefland› von Leni
    Riefenstahl für Filmfestival Cannes nachträglich gemeldet würde. Garantiere
    Annahme. Erbitte Drahtentscheidung nach Grandhotel Kitzbühel. Besonders
    respektvolle Grüße, Jean Cocteau, Präsident der Jury von Cannes.»

      Die Antwort des Auswärtigen Amtes, an die das Telegramm weitergeleitet wurde:

    «Ich darf Ihnen dazu mitteilen, daß hier sehr ernste Bedenken gegen die
    Nennung des Films ‹Tiefland› bestehen, der in keiner Weise geeignet erscheint,
    das Filmschaffen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu repräsentieren.
    Ich bedaure deshalb, sehr geehrter Herr Präsident, Ihrem Wunsch nicht entsprechen
    zu können, und begrüße Sie mit vorzüglicher Hochachtung als Ihr sehr ergebener
    R. Salat.»

      Von der deutschen Regierung hatte ich also nichts zu erwarten. Cocteau bestimmte, daß «Tiefland» in Cannes außer Konkurrenz gezeigt wurde, und, wie mir mein Mann, der die Kopie nach Cannes brachte, berichtete, es wurde ein Erfolg. Die größte Freude aber bereiteten mir die Zeilen von Cocteau, der in einem Brief schrieb:

    Ich habe «Tiefland» bei zwei Vorführungen des Festivals gesehen — das war meine Belohnung.
    Eine politische Entscheidung

    D urch diesen Erfolg ermutigt, hatte ich nur noch einen Gedanken: «Die roten Teufel».
      Die «Herzog-Film» hatte das Drehbuch ins Italienische übersetzen lassen und mir Geld für die Vorbereitungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Zeitplan und Kalkulation waren ausgearbeitet. Leider waren die Produktionskosten durch die lange wetterbedingte Zeit der Skiaufnahmen und die große Zahl der Mitwirkenden zu hoch für einen deutschen Film in damaliger Zeit. Trotz Kürzungen im Drehbuch beliefen sich die Kosten auf 1 800 000 DM, ein Betrag, der nur durch eine internationale Co-Produktion aufzubringen

Weitere Kostenlose Bücher