Memoiren 1945 - 1987
schrieb: «Es wäre dringend wünschenswert, daß die Regierung sich äußert, ob diese aufsehenerregende Finanzierung des Leni Riefenstahl-Films tatsächlich beschlossen wurde. Frau Riefenstahl hatte mit ihrem Filmprojekt weder in Deutschland noch in Italien Unterstützung gefunden. Was sie aufbrachte, war nur eine 65prozentige Deckung der Herstellungskosten. Für die fehlenden
35 Prozent soll nun der Steuerzahler einspringen. Dieser fragt sich, wie es zu erklären ist, daß Frau Riefenstahl nicht nur bei den Spitzen des Hitler-Regimes, sondern auch bei den Spitzen der Bundesrepublik Österreich so glänzend eingeführt ist, daß man ihre Projekte mit einer Großzügigkeit behandelt, an die man in der österreichischen Filmproduktion sonst nicht gewöhnt ist.»
Glatt gelogen. Die Produktionskosten waren zu 100 Prozent gedeckt, was in den von der Creditanstalt schon unterschriebenen Verträgen ablesbar war. Wieder war ich zwischen die Mühlsteine politischer Interessen geraten. Und dann las ich im gleichen Blatt: «Abgewehrt — Leni Riefenstahl bekommt keine Steuergelder.»
Herr Tischendorf, Inhaber der «Herzog-Film», reiste nach Wien in der Absicht, durch persönliches Gespräch mit den Herren der österreichischen Regierung noch eine Wende herbeizuführen. Er konnte die Beweise für die unwahren Behauptungen der Presse vorlegen. Als er zurückkehrte, sagte er: «Liebe Frau Riefenstahl — Sie müssen Ihren Film vergessen, begraben — die Lage ist hoffnungslos, eher würde die Regierung abtreten müssen, als daß wir die Refinanzierung erhalten. Der Widerstand gegen Ihre Person ist so stark, daß Sie — verzeihen Sie mir, wenn ich die Wahrheit sage, Ihren Beruf nie mehr ausüben können, solange Sie leben.»
Meine Freunde
S o grausam mich das getroffen hatte, versuchte ich, nachdem ich den Schock und eine schwere Krankheit langsam überwand, noch einmal aus den Scherben etwas zu machen. Vor allen Dingen mußte ich mich um meine kranke Mutter kümmern, die ich aus dem Krankenhaus wieder zu mir nahm.
Was ich durch «Tiefland» verdient hatte, war aufgebraucht. Nicht die Kosten für die Fertigstellung des Films waren die Ursache,
sondern die jahrelange, mühselige Wiederbeschaffung des Materials, die Honorare für elf Anwälte in Paris, Innsbruck, Wien und München, die Gehälter von drei Treuhändern und die komplizierten Verhältnisse einer Co-Produktion in damaliger Zeit. Was mir verblieb, hatte ich in «Die roten Teufel» investiert. Aber ich brauchte nicht mehr meine Wohnung zu vermieten, hatte ein Auto, ein wenig Garderobe und, was wertvoller als alles ist, einige Freunde.
Einer von ihnen war Waldi Traut, mein früherer Produktionsleiter, der schon 1931 bei meiner ersten eigenen Produktion «Das blaue Licht» angefangen hatte und nun eine eigene Herstellungsgruppe bei Ilse Kubaschewskis «Gloria-Film» besaß. Ferner Friedrich A. Mainz, der so erfolgreiche Filme wie «Canaris» und «Des Teufels General» hergestellt hatte, Dr. Arnold und mein Anwalt Dr. Hans Weber, der mir als juristischer Berater unschätzbare Dienste erwies. Auch Helge Pawlinin, der deutsche Cocteau, wie ich ihn nannte, der wie dieser auf vielen Gebieten der Kunst sehr begabt war. Er wohnte nur wenige Minuten von mir entfernt, und so waren wir viel beisammen. Unvergeßlich sind für mich seine Inszenierungen in den «Münchner Kammerspielen», die «Goyeska» und der «Student von Prag», mit Harald Kreutzberg. Seine Inszenierung von Werner Egks «Abraxas»-Ballett im Münchner Prinzregententheater war ein Ereignis.
Ohne einige meiner Mitarbeiter und meine Freunde in den USA, vor allem aber meine Hanni, hätte ich diese Krisenjahre kaum durchstehen können. Und nicht zu vergessen Peter Jacob, mein früherer Mann. Er tat, nachdem er einsah, daß unsere Ehe zerbrach, alles, um meiner Mutter und mir das Leben erträglicher zu machen. Auf seine Hilfe konnte ich immer rechnen, auch, als er eine neue Ehe einging. Einige Jahre nach unserer Trennung heiratete er die Schauspielerin Ellen Schwiers. Wir blieben Freunde.
Filmthemen
E ntgegen der Prophezeiung von Herrn Tischendorf, ich würde nie wieder in meinem Beruf arbeiten können, war es mir unmöglich, mich mit etwas anderem zu beschäftigen als mit dem Film. Ein Vortrag des Atomphysikers Professor Dr. Hahn über Atomkraft und Hiroshima hatte mich so nachdenklich gemacht, daß es mich anregte, darüber ein Filmexposé zu schreiben. Ich suchte die Bekanntschaft
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