Memoiren 1945 - 1987
von Physikern und erhielt über Professor Dr. Aschoff von der Universität Aachen die Adresse von Werner Heisenberg und Hahn, die beide damals in Göttingen lehrten. Mit ihrer Hilfe und anderen internationalen Wissenschaftlern wollte ich einen Film über die furchtbaren Gefahren eines kommenden Atomkrieges machen.
Mein Exposé hatte den Titel «Kobalt 60». Der Film sollte eine Mischung von Dokumentar- und Spielfilm sein. Kein Vortrag, kein Zeitungsbericht, kein Buch, keine Fernsehausstrahlung könnte auch nur annähernd so stark die verheerenden Wirkungen der Atomkraft demonstrieren wie ein Film.
So aktuell dieses Thema auch war, so desinteressiert waren sämtliche Produzenten. Keine einzige Firma war bereit, auch nur die geringsten Mittel in dieses Projekt zu investieren. Deprimiert gab ich meine Bemühungen auf.
Ein Besuch von Jean Cocteau inspirierte mich zu einem anderen Vorhaben, das mir reizvoll erschien. Das Thema: «Friedrich der Große und Voltaire». Kein historischer und schon gar nicht ein heroischer Film, sondern, wie Cocteau sagte, ein Film, der die menschlichen Beziehungen zwischen dem König Friedrich und dem Philosophen Voltaire zeigen sollte, ihre Haßliebe, symbolisch für das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland, was aber nur als Hintergrundatmosphäre angedeutet werden sollte. Charakteristisch für diesen Film war der Versuch, in spritzigen und satirischen Dialogen die beiden Antipoden zu erfassen. Cocteau reizte es, die Doppelrolle selbst zu spielen, unter meiner Regie — ein aufregender Gedanke. Für diesen Stoff konnte ich einen hervorragenden Mitarbeiter gewinnen, Hermann Mostar, einen begabten Schriftsteller und einen ausgezeichneten Kenner der Materie. Er hatte in jahrelangem Quellenstudium über Friedrich außer einer Menge historischen Materials auch eine Anzahl unbekannter Anekdoten gesammelt. Seine «Weltgeschichte höchst privat» gehört zu meiner Lieblingslektüre. Aber auch selbst für diesen außergewöhnlichen Stoff, preiswert herzustellen, da ich ihn mir nur in schwarz-weiß vorstellen konnte und Cocteau und ich bereit waren, auf unsere Gagen zu verzichten, konnten wir niemand zur Finanzierung bewegen.
Friedrich A. Mainz, dem ich diesen Filmstoff auch anbot und dem er gefiel, sagte: «Leni — erspare dir weitere Enttäuschungen. Du wirst weder für diesen noch für andere Stoffe einen Geldgeber
oder Verleiher finden. Weißt du nicht, daß dein Name in den USA auf einer ‹Schwarzen Liste› steht?»
«Ich weiß es von meinen amerikanischen Freunden, aber dieser Boykott wird doch einmal ein Ende haben», sagte ich resigniert.
«Du bist naiv», war die Antwort von Mainz.
Trotz dieser vernichtenden Prognose ging das Leben weiter. Ich bemühte mich um ein Aufbaudarlehen, um mir im Keller des Nebenhauses zwei Schneideräume einzurichten, in denen ich meine noch immer in Österreich beschlagnahmten Filmgeräte und Schneidetische unterstellen wollte. Von Steuerangelegenheiten, Abrechnungen mit der «Allianz»-Film und den Treuhändern in Österreich, Lastenausgleichs- und Bürgschaftsanträgen rauchte mir der Kopf. Was für ein Glück, daß Hanni, ein Sonnenkind, über den endlosen, langweiligen Arbeiten ihr Lachen nicht verlor.
Entspannung brachten die abendlichen Kinobesuche. Ich war hungrig danach und «verschlang» damals Filme, allerdings nur solche, die mir gefielen. Unsympathische habe ich mir nie bis zum Ende angesehen und setzte mich deshalb meist auf einen Außenplatz, um beim Hinausgehen nicht zu stören. Vor allem die ersten Filme, die ich nach meiner Gefängniszeit sah, gaben mir ungemein viel. So erinnere ich mich, wie stark «Lost Weekend» von Billy Wilder auf mich gewirkt hat, ebenso der französische Film «Verbotene Spiele» von Clement, der spanische «Los Olvidados» von Luis Buñuel, «Lohn der Angst» von Clouzot, «La Strada» und «Die Nächte der Cabiria» von Fellini, de Sicas neorealistische Werke, «Wir sind alle Mörder» von Cayatte, der japanische Film «Das Höllentor» und Fred Zinnemanns «12 Uhr Mittags».
So könnte ich noch viele Filme aufzählen, die mich gefesselt haben Heute werden mir nur noch wenige Filme zu einem Erlebnis.
Reise durch Spanien
M ein Freund Günther Rahn lud mich nach Madrid ein. Der Gedanke, Spanien wiederzusehen, elektrisierte mich. Meine Lust am Filmemachen war trotz aller Rückschläge noch so groß, daß ich beschloß, nicht ohne spanische Themen nach Madrid zu
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