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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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länger als eine Stunde weiterzufliegen. Wir mußten Six zurückbringen. Der Flug hatte mir gezeigt, daß der Tana River für unsere Zwecke ungeeignet war. Nach dem Manuskript brauchten wir einen Fluß in einer Dschungellandschaft, wie es ihn beispielsweise im Kongo, in Indonesien oder in Brasilien gibt, nicht aber in Ostafrika, was ich damals noch nicht wußte. Aber noch hoffte ich, Motive in der östlichen Flußrichtung zu finden, in Nähe des Indischen Ozeans.
      Dieser Flug, den der Pilot allein mit mir unternahm, war erfolgreicher, weil ich die Eingeborenenhütten, die am Flußufer liegen mußten, fand und die Insel Lamu kennenlernte, auf der sich der alte Hafen mit den arabischen Daus befand, das wichtigste Motiv für unser Sklaventhema. Ich entdeckte auch überraschend geeignete Wassermotive mit Papyrus, Palmenwäldern und fremdartigen Mangrovenbäumen. Überhaupt schien die Insel für unser Filmthema wie geschaffen. Lamu war hundert Jahre in der Zeit zurück und wurde damals noch kaum von Fremden besucht. Es gab auf der Insel keine Elektrizität, kein Fahrrad, kein Automobil, keine Telegrafen- und Telefonstangen, nur ein kleines primitives Hotel, das sechs bis acht Personen aufnehmen konnte, war vorhanden. In den schmalen hohen Gassen, in die kaum ein Sonnenstrahl fiel, sah ich Araber, Somalis und Gallas.
      Nach einigen Tagen saß ich wieder in einer kleinen Sportmaschine, um die weiteren Motive zu finden. Obwohl Six Fliegen überhaupt nicht vertrug, begleitete er mich — Helge bekam das Fliegen noch weniger. Deshalb bat ich ihn, während meiner Abwesenheit geeignete Darsteller für die Besetzung kleinerer Rollen zu suchen. Hierfür war er durch seine Bühnen-Inszenierungen mit Laien prädestiniert.
      Der Flug über die Murchison Falls war herrlich. Es war der einzige Platz, an dem wir Aufnahmen mit Krokodilen bekommen konnten. Als wir den Victoria-Nil sehr niedrig überflogen, sahen wir dort Tausende von Nilpferden — mehr Tierleiber als Wasser — ein urweltlicher Anblick.
      Unser Hauptziel war der kleine Urwaldfluß Ruts Huru in Belgisch Kongo, der einzige, der durch einen Dschungel floß. Am KiwuLake gingen wir nieder und konnten durch einen glücklichen Zufall die berühmten Tänze der Watussi sehen. Mir gelangen herrliche Aufnahmen.
      Im Hotel, in dem wir übernachteten, hielt sich der König der Watussi mit seinem Stab auf, er war europäisch gekleidet. Was für ein Gegensatz zu dem Bild vor wenigen Stunden, wie wir ihn bei seinen Tänzen erlebt hatten.
      Der erste Morgen brachte uns eine unangenehme Überraschung. Um sieben Uhr früh klopfte ein belgischer Polizeibeamter an meine Tür und verlangte meinen Paß, auch den von Six und dem englischen Piloten. Dann machte er uns die unglaubliche Mitteilung, wir dürften das Belgisch-Kongogebiet für einige Wochen nicht verlassen. Wir hätten keine Visa. Die Maschine wurde beschlagnahmt, auch erhielten wir unsere Pässe nicht zurück. Das war für uns alle ein Schock. Six, immer noch krank, hatte telefonisch vom belgischen Konsulat in Kampala die Erlaubnis erhalten, uns zwei Tage ohne Visa in Belgisch-Kongo aufzuhalten, aber die Aufforderung des Hotelinhabers versäumt, sich sofort bei der belgischen Polizei zu melden. Hätte er dies getan, wäre die ganze unangenehme Geschichte überhaupt nicht passiert.
      Six konnte sich nicht um eine Rückgabe unserer Pässe bemühen. Er hatte hohes Fieber und befürchtete eine Tropenkrankheit. So kämpfte ich mit Hilfe des Piloten zwei Tage um die Rückgabe unserer Pässe. Unglücklicherweise war Ruanda-Urundi ebenso wie Tanganjika eine frühere deutsche Kolonie, in der man Deutsche mit besonderem Mißtrauen behandelte. Erst, nachdem ich der belgischen Polizei klarmachen konnte, daß sie alle Spesen und Hotelkosten übernehmen müßte, bekamen wir schließlich die Pässe zurück und die Erlaubnis, Ruanda-Urundi zu verlassen. Nach den Flußmotiven haben wir nicht suchen dürfen.
      Wieder in Nairobi, wartete ich gespannt, was Helge inzwischen an Kleindarstellern gefunden hatte. Als ich nach seiner Ausbeute fragte, schaute er mich verlegen an und sagte melancholisch: «Ich habe niemand gefunden.»
      «Niemand?» fragte ich erschüttert.
      «Nein, niemand», wiederholte er und sah mich dabei so treuherzig an, daß ich mir jeden Vorwurf versagte.
      Ich hatte mir von Helge tatkräftige Hilfe erwartet. Nun mußte ich also auch seine Arbeit übernehmen. Es war kein schlechter Wille von ihm, er

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