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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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war einfach zu scheu, zu sensibel, um auf fremde Menschen zuzugehen. Auch fehlte es ihm an Aktivität. Dafür zeigte er mir eine Anzahl phantastischer Skizzen, die er in Arusha von den Masai gemacht hatte. Wenn er von ihnen sprach, nahmen seine Züge wieder einen verzückten Ausdruck an.

    Lamu

    M itte September waren wir alle endlich auf der Insel Lamu beisammen. Auch George Six befand sich wieder unter uns. Er hatte seine schwere Krankheit überstanden. Waldi Traut war es gelungen, einen unserer begabtesten Drehbuchautoren, Kurt Heuser, zu gewinnen, der gemeinsam mit Helge Pawlinin das endgültige Drehbuch schreiben sollte.
      Six hatte außerhalb des Ortes in einem Palmenhain, direkt an der Meeresbucht, einen idealen Campingplatz gefunden.
      Unsere Situation war aber immer noch kritisch. Wir hatten noch keine Darsteller für die mit Afrikanern zu besetzenden Rollen. Außerdem waren noch Requisiten zu besorgen, von denen das Hausboot des Sklavenhändlers «Hassan» das wichtigste war. Six und Lawrence-Brown hatten angenommen, es würde keine Schwierigkeiten bereiten, ein solches Spezialboot aus zwei schmalen 12 Meter langen Kanus, die durch eine Bambuskajüte verbunden waren, in einer Bootswerft der Hafenstadt Mombasa anfertigen zu lassen. Ein großer Irrtum: Die einzige Werft, die bereit war, den Auftrag auszuführen, verlangte eine Lieferzeit von sechs Monaten. Daraufhin übernahm es Six, das Boot mit Hilfe von Afrikanern in Lamu selbst zu bauen.
      «Und wie lange brauchst du dazu?» fragte ich ihn.
      «Acht Tage», war seine Antwort.
      Natürlich eine Utopie. Es gab in Lamu kein abgelagertes Holz zu kaufen, und bis es aus Nairobi eintreffen könnte, vergingen wenigstens zwei Wochen. Wieder hatte Six etwas versprochen, was er nicht halten konnte.
      Für die Kajüte von Hassans Hausboot benötigten wir Strohmatten. So unwahrscheinlich es klingt, es war nicht eine einzige in Lamu aufzutreiben. Wir erfuhren den Namen eines Eingeborenendorfes, das solche Matten herstellt, aber ziemlich weit von Lamu entfernt war. Wir mußten, um dorthin zu kommen, von einem englischen Beamten ein Motorboot mieten! Bei dieser Gelegenheit zeigte sich wieder unzweideutig, daß die Whitehunter-Leute völlig außerstande waren, mit Eingeborenen umzugehen. Sie behandelten sie wie minderwertige Kreaturen, und auf solche Weise konnten wir natürlich bei ihnen nichts erreichen. Ich brauchte einen vollen Tag, bis es mir gelang, über den Häuptling die Matten zu bestellen. Der Liefertermin: frühestens in zehn Tagen.
      Pawlinin und Heuser arbeiteten unausgesetzt am Drehbuch, während Six, nachdem er Holz und Schrauben hatte, das Boot fast allein baute, eine unvorstellbar schwere Arbeit, denn es gab hier nicht einmal einen elektrischen Bohrer.
      Nach acht Tagen war die Arbeit erst zu einem Viertel getan, und wir hatten keine Gewißheit, ob das Boot auch fähig war, 16 Personen zu tragen. Ich benutzte die Zeit, um meine Darsteller zu suchen. Schon in kurzer Zeit fand ich auf dem Marktplatz einige großartige Typen, allerdings nur für die Rollen der Sklavenhändler, nicht für die der Sklaven. Die hier lebenden Afrikaner waren alle ungeeignet, zu schlank und zu zierlich. Ich mußte sie woanders suchen.
       Reise mit den schwarzen «Sklaven»
      In unserem Film war die Besetzung der Sklavenrollen besonders wichtig. Es mußten große muskulöse Schwarze sein, denn je kräftiger ein Schwarzer war, desto höher war der Preis, den die Sklavenhändler erzielten. Ich hatte mir die Besetzung dieser Rollen sehr einfach vorgestellt. Die Wirklichkeit war anders. Die Eingeborenen von Ostafrika sind meist schlank, ja sogar hager, wie die Masai, Samburu, Turkana etc. Die Sklavenhändler holten sich ihre «Ware» aus dem Kongo, aus dem Sudan und aus Zentralafrika.
      Einige der Polizisten, die ich in Mombasa und Nairobi gesehen hatte, entsprachen durch ihre Größe und wuchtigen Körper den Typen, die ich suchte. Ich hatte mit verschiedenen gesprochen und dabei zu meiner Überraschung erfahren, daß keiner von ihnen in Kenia oder Tanganjika geboren war, sie stammten vielmehr alle aus der gleichen Gegend, einem kleinen Dorf in der Nähe des Victoriasees, nicht weit von der Grenze nach Uganda, die meisten waren vom Stamm der Jalau.
      Da ich in Lamu nicht einen einzigen gefunden hatte, der für eine «Sklaven»-Rolle geeignet gewesen wäre, entschloß ich mich, in Begleitung eines arabischen Dolmetschers, dem Sohn des

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