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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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er sich, gefolgt von drei Gestalten, die ich im Gegenlicht nicht erkennen konnte. Übernächtigt und deprimiert berichtete Abdullah, was geschehen war.
      Der englische Offizier war pünktlich mit den zwölf Eingeborenen am Bahnhof in Kisumu erschienen. Als sie Abdullah sahen, liefen vier von ihnen weg. Nur mit Mühe war es gelungen, die anderen acht Jalau-Neger in den Zug zu schieben. Aber schon bei der ersten Station flohen die nächsten drei. Ihre Angst vor dem «Araber» war zu groß. Bei der übernächsten Station liefen dann zwei weitere fort, so daß es einem Wunder gleichkam, daß drei es gewagt hatten, bis Mombasa mitzufahren. Um sie aufzumuntern und ihnen die Angst zu nehmen, fuhr ich mit ihnen auf den Markt, wo sie sich erst einmal satt essen konnten und einige Kleidungs stücke erhielten. Als ich sie in Kisuaheli nach ihrem Namen fragte und mich um sie bemühte, schienen sie ihre Furcht langsam zu verlieren.
      Es war ein Glücksfall, daß ich im Taxi, das ich mir in Mombasa gemietet hatte, einen hochintelligenten jungen Schwarzen kennenlernte, der gut englisch sprach. Ich erzählte ihm von meinem Problem. Er wollte mir helfen und ermunterte mich, an das Hafenende zu fahren, wo die Frachter ein- und ausgeladen werden. Tatsächlich konnte ich hier hünenhafte Gestalten sehen, die auf ihren Rücken schwere Lasten trugen. Mein Taxichauffeur redete einige von ihnen an und brachte es tatsächlich fertig, daß vier von ihnen bereit waren, sofort mit uns zu kommen, wenn ich sie von ihrer Arbeit loskaufen würde und jeder sich vor unserer Abreise noch von seiner Familie verabschieden könnte. Da sie alle in Mombasa wohnten, war das kein Problem.
      Vor Sonnenuntergang konnten wir abreisen. Mein Fahrer hatte alles organisiert. Sein Chef, ein Wiener, der einen Autoverleih in Mombasa hatte, wollte ihn anfänglich nicht freigeben. Er war für ihn fast unentbehrlich, da er nicht nur überdurchschnittlich intelligent war, sondern auch etwas Englisch sprach — aus den gleichen Gründen wollte auch ich ihn behalten. Außerdem erschien er mir als ideale Besetzung für die Rolle des «Coca». Schließlich gab der Wiener nach, weil «Coca», wie ich ihn von nun an nenne, unbedingt bei uns bleiben wollte.
      Auf der Fahrt durch die Stadt sah ich an einer Häuserwand gelehnt einen auffallend großen Schwarzen. Einen Augenblick zögerte ich, dann bat ich «Coca» zu halten. Der Mann war ziemlich zerlumpt gekleidet, aber er war von gleicher Gestalt wie die Hafenarbeiter. Der achte «Sklave» fehlte uns noch, und so bat ich «Coca», den Mann zu fragen, ob er bei guter Bezahlung mit uns kommen würde. Coca schien Erfolg zu haben, zögernd kam er zu unserem Wagen. Als er die anderen Schwarzen sah und Coca ihm einen Geldschein in die Hand drückte, stieg er ein. Es war ihm sichtlich peinlich, daß er so zerlumpt war. Wir versprachen, ihm neue Kleidung zu geben.
      Wenn ich heute an diese Fahrt von Mombasa nach Lamu mit meiner «schwarzen Fracht» zurückdenke, kann ich kaum begreifen, wie bedenkenlos ich damals ein solches Wagnis eingehen konnte. Vor dreißig Jahren gab es noch keine Straße, die von Malindi nach Lamu führte, nur einen Pfad durch dichten Urwald und ohne Rast häuser oder Tankstellen. Auf dieser Strecke, die ungefähr 350 Kilometer lang war, durften wir keine Panne haben.
      Zu spät, nachdem wir Malindi schon passiert hatten, wurde mir bewußt, daß ich einen großen Fehler gemacht hatte. Bei der Eile, in der wir uns befanden, hatte ich nicht an Proviant und Wasser gedacht. Das war schlimm, denn wir würden mindestens neun Stunden unterwegs sein. Schon jetzt knurrte mein Magen, wie würde es erst den Schwarzen ergehen? Nachdem wir das Steppengelände passiert hatten, befanden wir uns in einem so dichten Dschungelwald, daß die Äste an den Scheiben kratzten und Coca nur noch Schritt fahren konnte. Er mußte höllisch aufpassen, um den tiefen Löchern und Steinen auszuweichen. Baumstämme lagen über dem Weg, die er mit Hilfe der Schwarzen wegräumte. Unser Wagen, der für diese katastrophale Piste viel zu schwer beladen war, kippte oftmals gefährlich zur Seite. Vorne saßen wir zu dritt: Coca, Abdullah und ich, hinter uns, eng zusammengedrängt, die Schwarzen.
      Diese nächtliche Fahrt — ich als einzige weiße Frau allein mit neun mir unbekannten Schwarzen und einem Araber — war wie ein Alptraum. Ab und zu sahen wir das Leuchten von Tieraugen. Elefanten und Nashörner trabten vor uns auf der

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