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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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ihrer Angst zu nehmen. Als das Schiff endlich in Mombasa eintraf und wir unsere Fracht erhielten, zogen am Himmel dunkle Regenwolken auf. Nicht auszudenken, wenn die Regenzeit schon jetzt beginnen würde. Nur wenige Stunden Regen verwandeln jede Piste in unpassierbaren Schlamm. In größter Eile bauten wir unser Lager ab.
      Bevor wir nach West-Uganda aufbrachen, mußten wir erst noch nach Nairobi zurückfahren. Dort sollte die große Safari zusammengestellt werden. Drei Vierrad-Wagen und vier große 5-Tonnen-LKW waren vorgesehen. Nur wer die afrikanischen Verhältnisse jener Zeit kennt, kann verstehen, was einen so großen Aufwand an Fahrzeugen notwendig machte: Man mußte alles dabeihaben, was während vieler Wochen oder sogar Monate benötigt wurde.

  Es gab unterwegs weder Hotels, Raststätten noch irgendwelche Läden — auch daran mußte gedacht werden. Außer unseren acht «Sklaven» hatten wir noch sechs weitere schwarze Darsteller, die für größere Rollen vorgesehen waren.
      Unser eigentliches Filmteam bestand außer unseren Darstellern zwar nur aus acht Personen, aber Mr. Six, unser Expeditionsleiter, führte 24 Boys mit, und zusammen mit den sieben Fahrern waren wir 52 Personen. Für sie alle mußten Zelte und Feldbetten oder zumindest Matratzen und Decken vorhanden sein, dazu Petroleumlampen, Verpflegung und Medikamente. Auf einem der Lastwagen befanden sich die Fässer mit Sprit und Wasser, auf einem anderen die zwei zwölf Meter langen Kanus unseres Hausboots, außerdem unsere filmtechnische Ausrüstung, ein Fahrwagen, Schienen, Aggregate, Kabel, Lampen, Silberblenden und schließlich noch ein Aluminiumboot mit zwei Außenbordmotoren, das wir für die Aufnahmen auf dem Fluß brauchten.
      Ich hatte mir nie vorgestellt, daß dieser Film einen so großen Aufwand verlangen würde: Es war ein Irrtum von mir gewesen, zu glauben, daß man mit so geringen Mitteln, wie sie uns zur Verfügung standen, einen Spielfilm in Afrika machen könnte. Dies war mein Unglück oder meine Schuld, wie man es nennen will, und es begann mich immer mehr zu belasten.
      Meine Stimmung wurde noch bedrückter, als ich die in Nairobi lagernde Post las. Waldi Traut richtete den dringenden Appell an mich, möglichst umgehend das bisher gedrehte Material nach München zu senden, um es ausländischen Interessenten und deutschen Verleihern vorführen zu können. Er sähe sonst keine Möglichkeit, uns weitere Geldmittel zu senden, er selbst habe sich schon bis zum letzten verausgabt.
      Was sollte ich tun? Abbrechen? Jetzt, wo wir alles beisammen hatten, die Motive, die Darsteller und den neuen Vertrag mit der Safari? Wir mußten versuchen, durchzuhalten. Etwas Geld hatten wir noch, um das Notwendigste in den kommenden zehn Tagen bezahlen zu können. Six hatte versprochen, wir kämen in acht Tagen bis zum «Queen Elizabeth-National Park», wo ich während meiner Flugreise nach Ruanda-Urundi die wichtigsten Motive gefunden hatte.
      Unmittelbar vor Aufbruch gab es noch zwei unangenehme Überraschungen. Die erste war ein Brief vom Deutschen Generalkonsulat in Nairobi, in dem ich betroffen las, das belgische Generalkonsulat verweigere mir die Einreise nach Belgisch-Kongo mit der Begründung: «Frau Helene Jacob, geb. Riefenstahl, ist ohne den Besitz eines gültigen Visums nach Ruanda-Urundi eingereist. Bei dieser Gelegenheit hatte sie Grüße des Kabaka (König der Watussi) an einen der Eingeborenen-Häuptlinge in Ruanda-Urundi überbracht.»
      Das war eine fast komische Verleumdung, die aber folgenschwer für mich sein sollte. Ich hatte kein Wort mit dem König der Watussi gesprochen und auch keine Grüße an einen Eingeborenen-Häuptling überbracht. Wir waren in Kitensi in einem Hotel am Kiwusee verhaftet worden, wo wir mit Ausnahme des Hoteliers und des belgischen Polizisten mit niemandem gesprochen hatten. Wir durften nicht einmal unsere Zimmer verlassen.
      Diese Nachricht traf mich tief. Wer könnte an einer so törichten Verleumdung interessiert sein? Da erinnerte ich mich an den belgischen Polizisten, dem wir unsere Pässe aushändigen mußten. Als er in meinen Paß schaute, hatte er mich überrascht angesehen und in unverfälschtem Berliner Dialekt gefragt: «Sind Sie nicht Leni Riefenstahl?» Es konnte kein Zweifel sein, der belgische Polizist war ein Berliner, und nur der konnte diese «Story» erfunden haben. Diese Verleumdung war mir vor allem gegenüber dem deutschen Generalkonsul, der sich persönlich

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