Memoiren 1945 - 1987
vorübergehende Fieberattacke. Doch während der Fahrt verschlechterte sich sein Zustand so sehr, daß wir alle in größter Sorge um ihn waren. Erbrechen, hohes Fieber, schwerer Durchfall und Schüttelfröste. So schwer es mir auch fiel, auf seine künstlerische Mitarbeit zu verzichten, da ich außer ihm keinen weiteren Assistenten hatte, bat ich ihn inständig, nach Deutschland zu fliegen und sich dort in gute ärztliche Behandlung zu begeben. Während ich auf ihn einredete, sprang er plötzlich auf, warf sich auf den Boden, grub sich mit den Händen in die Erde und schrie: «Nein — nein, ich will hier sterben!»
Erschüttert standen wir neben dem schluchzenden Helge, er schien von einem Tropenkoller erfaßt zu sein. Es blieb uns nichts anderes übrig, als unsere Reise mit ihm fortzusetzen.
Wie ein Wurm bewegte sich unsere Wagenkolonne über die schlechten Straßen. Wir fuhren direkt unter dem Äquator. Nachts war es so kalt, daß wir trotz unserer Decken erbärmlich froren, tagsüber war es schwül und heiß.
Im Queen Elizabeth-Park
V or Ende November erreichten wir unser Ziel, den «Queen Elizabeth-Park». Ich hatte Glück, den Gouverneur von Uganda hier zu treffen, der zum ersten Mal die Erlaubnis gab, daß unsere ganze Safari mit allen Boys im National-Park ihr Lager aufschlagen durfte. Auch erhielten wir die ungewöhnliche Genehmigung, mit unserem «Hausboot» an den Ufern des National-Parks, wo sich im Wasser Hunderte von Nilpferden tummelten, vorbeirudern zu dürfen.
Endlich einmal Glück, das unsere Arbeit außerordentlich erleichterte. Jetzt warteten wir nur noch auf die Sonne. Aber sie ließ sich nicht blicken. Der Himmel war grau und es blieb kalt. Und doch sollten diese Monate die schönsten und sonnigsten des Jahres sein. Noch nie, sagten die dort lebenden Engländer, hatten sie um diese Zeit hier ein so kaltes und unfreundliches Wetter erlebt. Die Atomversuche, meinten sie, haben das Klima so verändert und auf der ganzen Welt zerstört.
Wir nutzten das schlechte Wetter, um das Hausboot zu reparieren, das durch den Transport gelitten hatte. Die Kanus waren an vielen Stellen undicht geworden, beim ersten Versuch gingen sie im Wasser unter. Während Six die Reparaturarbeiten erledigte, versuchten wir in den wenigen Augenblicken, in denen die Sonne schien, Tieraufnahmen zu machen.
Tiere gab es hier unzählige: Löwen, Elefanten, Büffel, Gazellen und Hyänen, auch Nashörner. Da wir mit dem Landrover außerhalb der Pisten fahren durften, gelangen uns bald gute Aufnahmen, besonders, wenn unser Auto von einem Nashorn angegriffen wurde, was nicht selten geschah.
Löwen und Hyänen kamen nachts bis auf wenige Meter an unsere Zelte. An diese Besuche mußten wir uns erst gewöhnen. Ich schlief mit Hanni in einem Zelt, und wenn einer von uns nachts hinaus mußte, hatten wir Herzklopfen. Nie verließ einer allein das Zelt. An Schlangen, Skorpione und Insekten hatten wir uns inzwischen gewöhnt. Wichtig war es, die Schuhe, einen Lieblingsplatz für Skorpione, vor dem Anziehen immer auszuschütteln.
Helge Pawlinin hatte seine schwere Krankheit überstanden und war dabei, unsere schwarzen Darsteller einzukleiden. Niemand hätte es besser gekonnt. Inzwischen waren die Kanus repariert, und es sollte die erste Probe mit unseren Schwarzen gemacht werden. Eine böse Überraschung. Unsere Filmboys kamen geschlossen unter Führung ihres Sprechers zu uns und erklärten kategorisch, daß sie sich auf keine Aufnahmen in Gewässern mit Nilpferden oder Krokodilen einlassen würden. Jeder Versuch, ihnen klarzumachen, daß sie auf dem Boot außer Gefahr seien, war zwecklos. Zuerst vermuteten wir, es gehe darum, mehr Lohn zu erhalten, aber das war ein Irrtum. Die Schwarzen würden lieber nach Hause gehen als in das Boot, auch wenn sie doppelten Lohn erhielten.
Wieder eine scheinbar unlösbare Situation. Die meisten der im Drehbuch vorgesehenen Szenen spielten sich auf unserem Hausboot ab, und die Gewässer waren hier alle voller Krokodile und Nilpferde. Wir hatten ein Aluminiumboot mit Außenbordmotor gekauft, um diese Tiere damit bei den Aufnahmen zu verjagen.
Alles Zureden war zwecklos. In meiner Verzweiflung redete ich lange auf Coca ein und beschwor ihn, alles zu tun, um unseren Schwarzen die Angst zu nehmen. Nach einem langen Palaver sagte er, sie würden es versuchen, wenn er und ich aufs Boot mitkämen.
Gespannt und voll Sorge erwarteten wir am nächsten Morgen den
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