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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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soll –, jedenfalls richtete ich meine Pistole auf McKinnon und jagte ihm eine Kugel in den Kopf. Dann schleuderte ich zwei Brandgranaten in Richtung der
banditos
und rannte los, während hinter mir das Gebäude in Flammen aufging.

Kapitel 47
    Tess sah mich an, als hätte ich soeben ihre Lieblingskatze erwürgt. Und nicht nur das, als hätte ich sie anschließend durch den Fleischwolf gedreht. Diesen Blick werde ich nie vergessen.
    Einen quälend langen Moment sagte sie nichts. Auch ich schwieg. Ich wartete ab, ließ ihr Zeit.
    Nach einer Weile ertrug ich das Schweigen nicht länger.
    «Sag etwas», bat ich leise.
    Sie seufzte tief und sprach mit leiser, bedrückter Stimme.
    «Ich … Es ist einfach … Das ist jetzt das zweite Mal in einer Woche, dass du mir etwas aus deiner Vergangenheit um die Ohren haust, und das hier … Ich kann es einfach nicht fassen, dass du mir nie davon erzählt hast.» Ich las Schmerz in ihren Augen und hasste mich selbst dafür, sie verletzt zu haben.
    «Ich bin nicht stolz darauf.»
    «Trotzdem …»
    «Ich … ich war von mir selbst angewidert. Ich konnte kaum leben mit dem, was ich getan hatte. Und außerdem hatte ich Angst, dich deswegen zu verlieren.» Als ich sie jetzt ansah, war ich nicht sicher, ob wir je darüber hinwegkommen würden.
    Dass sie nichts sagte, was meinem Gefühl widersprochen hätte, machte die Sache nicht gerade besser. Sie wandte nur den Blick ab und nickte vor sich hin. Ich las in ihrer Miene einen Funken Entschlossenheit, als suchte sie nach irgendetwas, das die verheerenden Konsequenzen dieser Enthüllung mildern konnte.
    «Warum war es so wichtig, ihn aus dem Verkehr zu ziehen?», fragte sie schließlich. «Was für eine Droge war das, an der er gearbeitet hat?»
    Ich runzelte die Stirn. Das war ein Punkt, der für mich alles noch schlimmer machte. «Wir haben es nie erfahren», antwortete ich. «Er hat das Geheimnis mit ins Grab genommen. Und Navarro wohl auch, sofern er wirklich tot ist. Aber irgendjemand macht jetzt Jagd darauf, und zwar mit allen Mitteln.»
    Ich berichtete Tess, was ich nach unserer Rückkehr über McKinnon gelesen hatte. Ich hatte alles über ihn erfahren wollen, ich war geradezu besessen davon. Also besorgte ich mir die Akte, die die DEA über ihn zusammengestellt hatte, und stellte darüber hinaus eigene Nachforschungen an.
    McKinnon war ein angesehener Anthropologe und Ethnopharmakologe aus Nordvirginia, ein zurückhaltender Mensch, der nicht im Rampenlicht stehen wollte. Er hatte in Princeton promoviert, und nachdem er einige Jahre lang erst dort und später an der University of Hawaii in Manoa gelehrt hatte, bekam er ein Stipendium von der National Geographic Society, um die Heilpflanzen von Eingeborenenstämmen in entlegenen Gegenden Mittel- und Südamerikas zu erforschen. Er machte sich auf die Suche nach traditionellen Heilmitteln, die meist mündlich von einem Heiler an den nächsten überliefert wurden, und seine Faszination wuchs. Er war zu einem richtiggehenden Medizinjäger geworden und beschloss, sein Leben dieser Aufgabe zu widmen. Er lebte bei isolierten Stämmen im Amazonasgebiet und den Anden, erforschte und dokumentierte ihren Gebrauch von Pflanzen und finanzierte seine Arbeit mit Honoraren für Vorträge und indem er Artikel und Fotodokumentationen an Zeitungen und Zeitschriften verkaufte.
    Die Arbeit war sein Leben, er hatte weder Frau noch Kinder.
    Tess fragte: «Wie kam es dann, dass er eine Superdroge entdeckt hat?»
    Ich erinnerte sie daran, dass in vielen Kulturen, besonders im Fernen Osten, Körper und Geist als Einheit angesehen wurden, anders als in der westlichen Medizin. Wenn eine geistige oder körperliche Krankheit geheilt werden sollte, musste immer im jeweils anderen Bereich nach tieferen Ursachen gesucht werden. Wie ich erfahren hatte, gingen die Schamanen im Amazonasgebiet dabei noch weiter. Nach ihrer Überzeugung bestand wahres Heilen darin, Körper, Geist und Seele gleichermaßen zu behandeln. Manche glaubten, körperliche und seelische Störungen würden von bösen Geistern verursacht, die mit religiösen Ritualen ausgetrieben werden mussten, und dabei kamen häufig psychoaktive Substanzen zum Einsatz, Halluzinogene wie
ayahuasca,
von dem nachgewiesen wurde, dass es sowohl Depressionen als auch metastasierten Krebs heilen konnte. Für einen Forscher wie McKinnon bedeutete das, die Wirkungen der komplizierten Tränke zu erkunden, die in jahrhundertelangem Gebrauch weiterentwickelt worden

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