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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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verstand sich darauf, Dinge geheim zu halten. Selbst vor jemandem, mit dem sie das Bett teilte.»
    Ich sah, wie er und Munro einen Blick wechselten, und fühlte die Adern an meinem Hals anschwellen. Es fiel mir schwer, mich zu beherrschen. Michelle war noch nicht unter der Erde, und schon besudelte dieser gestörte, verbitterte Kerl ihr Andenken.
    Ich warf einen Blick zu Villaverde, dann sah ich wieder Corliss an. «Sie war ehrlich. Hundertprozentig. Keine Frage.»
    Ich schwieg, um meine Worte wirken zu lassen, bereit, auf jeden Widerspruch sofort anzuspringen, doch es kam keiner. Corliss hielt nur mit seinen müden, leeren Augen meinem Blick stand, dann zuckte er die Achseln, die Mundwinkel noch immer verächtlich herabgezogen.
    «Vielleicht war sie das», sagte er. «Wie auch immer … Die Sache muss überprüft werden. Vielleicht führt uns das zu unseren Gangstern.»
    Es gefiel mir nicht, dass der Verdacht so im Raum stehenblieb, aber nichts, was ich hätte sagen können, hätte im Moment etwas daran geändert. Eines konnte ich Corliss allerdings entgegenhalten. «Wenn tatsächlich Drogenbosse ihr auf die Spur gekommen sind, haben Sie hier eine undichte Stelle. Anders hätten sie sie nicht finden können.»
    Corliss blieb ungerührt. «Welch eine Überraschung. Wissen Sie, wie viel Zeit und Ressourcen wir darauf verwenden, unsere Behörde sauber zu halten? Das ist ein ständiger Kampf.»
    «Fällt Ihnen jemand Bestimmtes ein, der vielleicht noch eine Rechnung mit ihr offen hatte?», fragte Villaverde Corliss und steuerte das Gespräch damit geschickt in eine weniger heikle Richtung. «Jemand, der nach so langer Zeit noch Rache wollen könnte?»
    «Mehrere», erwiderte Corliss. «Niemand lässt sich gern hochnehmen, erst recht nicht von einer Frau.» Einen Moment lang schien er im Geiste eine Liste möglicher Kandidaten zu erstellen. Jetzt schaltete Munro sich ein.
    «Ich muss mir die Fälle, die sie bearbeitet hat, erst ansehen, aber der letzte war ein großer. Carlos Guzman. Sie hat ihm erheblichen Schaden zugefügt. Fast eine halbe Milliarde. Und wie Sie wissen, ist er noch auf freiem Fuß.» Munro zuckte die Schultern. «Wahrscheinlich reicher denn je.»
    Villaverde und ich wechselten einen Blick. Wir hatten dem nichts hinzuzufügen. Es schien bereits, als träfe das auch für die beiden zu, doch dann wandte Corliss sich an mich. «Warum hat sie Sie eigentlich angerufen? Ich meine, nach dieser langen Zeit, warum gerade Sie?»
    Nachdem Corliss soeben den Verdacht geäußert hatte, Michelle sei womöglich nicht sauber gewesen, hatte ich keine Lust, gerade ihm zu erzählen, dass wir ein gemeinsames Kind hatten.
    «Sie hatte Angst und wusste nicht, wohin sie sich wenden sollte», erwiderte ich. «Und vielleicht glaubte sie noch immer an so etwas Altmodisches wie Vertrauen.»
    Corliss stieß mit einem wehmütigen Seufzer Luft aus, dann nickte er langsam. «Vertrauen, ja?» Er schwieg, dann verdüsterte sich seine Miene, und er schien an einen fernen, finsteren Ort entrückt.
    «Meine Frau hat mir vertraut, als ich sagte, meine Arbeit werde niemals sie oder unsere Tochter in Gefahr bringen», sagte er. Gleich darauf wurde sein abwesender Blick wieder scharf und ruhte auf mir. «Das hatten die beiden nun also von ihrem Vertrauen, wie?»
    Darauf gab es nicht mehr viel zu sagen.

Kapitel 16
    Tess war unbehaglich zumute, als sie über die Türschwelle von Michelles Haus trat.
    Sie hatte Alex mit Jules im Hotel zurückgelassen, wo er fröhlich malend an dem kleinen Tisch im Wohnzimmer der Suite saß. Da Reilly nach L. A. fahren musste, hatte er arrangiert, dass ein paar Polizisten sie eskortierten.
    Es war ein seltsames Gefühl, dort zu sein. In mehrfacher Hinsicht. Es war seltsam, das leere Haus einer Person zu betreten, die gerade ermordet worden war. Tess erlebte das zum ersten Mal, und es lastete schwer auf ihr, bei jedem zögernden Schritt. Außerdem war es seltsam, das Zuhause von Reillys Exfreundin zu betreten, das Zuhause der Mutter seines Sohnes. Tess fühlte sich wie ein Eindringling, wie ein Aasgeier, der über den Kadaver der kürzlich Verstorbenen herfiel. Das war natürlich Unsinn – Tess versuchte sich bewusst zu machen, dass Michelle in Wirklichkeit sicher dankbar gewesen wäre, dass sie so ohne weiteres bereit war, Alex ins Herz zu schließen. Aber das Unbehagen war schwer abzuschütteln.
    Sie hatte nicht vor, lange zu bleiben. Sie würde nur die Sachen holen, von denen sie dachte, dass sie Alex

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