Memoria
Grenze, Navarros Drogenlieferungen. Es war leicht verdientes Geld, bis sie eines Tages Wind davon bekamen, dass ein rivalisierendes Kartell versuchte, das Territorium des Mexikaners zu übernehmen, indem es einen Maulwurf in seinen engsten Kreis einschleuste.
«Navarro hat ein Treffen mit uns allen angesetzt, um über eine neue Lieferung zu sprechen, damit der Kerl keinen Verdacht schöpfte», erklärte Pennebaker. «Wir sind also über die Grenze nach Süden gekommen und haben uns irgendwo in einer verlassenen Bar in der Salzebene getroffen. Es war einfach unheimlich, Mann. Eben wurde noch geredet, als wäre alles in Ordnung, und plötzlich bricht der Mann zusammen wie von Spocks Vulkaniergriff, nur dass er noch bei vollem Bewusstsein ist. Er ist einfach nur irgendwie gelähmt. Navarros
pistoleros
nutzen das Überraschungsmoment, ziehen blitzschnell ihre Pistolen und erledigen die zwei Bodyguards des Kerls. Dann zieht Navarro sein Messer und fängt in aller Ruhe an, den Typen zu zerlegen. Er schlitzt ihm den Bauch auf, zerrt die Eingeweide raus und schneidet sie vor seinen Augen in Stücke. Dabei erzählt er ihm in allen Einzelheiten, wie er sterben wird, und wirft die zerstückelten Eingeweide den Hunden vor. Wirklich krank.»
Munro grinste hämisch. «Und Sie haben gekotzt.»
Pennebaker schüttelte mit einer Mischung aus Unbehagen, Beschämung und Ehrfurcht den Kopf. «Ja, ich habe mir die Seele aus dem Leib gekotzt. Navarro hat den Kerl ausgeweidet wie einen Fisch, ich meine, das war wirklich unheimlich. Er hatte ja nicht umsonst den Spitznamen El Brujo.»
«Der Zauberer», fügte Munro hinzu.
«Zauberer, Hexer, wie auch immer.» Pennebaker redete sich in Rage. «El Loco wäre passender gewesen. Der Typ war völlig durchgeknallt. Mir war klar, worauf das rauslief, es war höchste Zeit, dass wir unsere Geschäfte mit ihm beendeten und uns grünere Gefilde suchten. Aber dazu kam es nicht mehr, weil Marty umgebracht wurde, und damit war Ende.»
Ich hörte noch immer nur halb zu, meine Gedanken waren woanders und tauchten in finstere Abgründe.
Ich musste ihn unterbrechen.
«Einen Moment bitte», sagte ich zu Pennebaker und gab Munro einen Wink mitzukommen. Pennebaker sah mich halb gleichgültig, halb verwirrt an, während ich mit Munro hinausging.
«Das hier hat mit der Sache damals in Mexiko zu tun», sagte ich, sobald wir außer Hörweite waren.
Munro runzelte die Stirn und überlegte. «Kann sein, aber – wo ist die Verbindung? Und warum gerade jetzt?»
Der Kerl war mir wirklich keine Hilfe. Ich hatte ihn ohnehin noch nie leiden können, und nach dem Blutbad in Mexiko noch weniger. Als ich ihn jetzt ansah, spürte ich wieder meinen Finger am Abzug, und auch wenn ich allein die Schuld hatte, trug ich ihm die Geschichte noch immer nach.
Trotzdem, jetzt musste ich den Gedanken beiseiteschieben und mich konzentrieren.
«Ich weiß nicht, aber denken Sie doch mal nach. Wir haben einen Chemiker getötet, der eine neue Superdroge entwickelte. Die Kerle, die Michelle überfallen haben, hatten zwei Chemiker entführt, vielleicht sogar mehr.» Meine Gedanken überschlugen sich, mein Gehirn versuchte mit Höchstgeschwindigkeit, die einzelnen Punkte zu verbinden, und ich ahnte bereits, wie das Bild am Ende aussehen würde. «Die Droge, die McKinnon entwickelte – wir konnten sie in jener Nacht nicht sicherstellen. Was war, nachdem wir da raus waren? Ich habe nur gehört, dass sie nie gefunden wurde.»
Munro nickte. «Sein Notebook –»
«Ich weiß, davon habe ich gehört. Zwei Tastendrücke, und es hat sich selbst zerstört.»
In jener Nacht war es uns gelungen, zwei der Dinge mitzunehmen, die McKinnon eingepackt hatte: ein Notebook und ein altes zerschlissenes, ledergebundenes Tagebuch. Letzteres hatte sich als wertlos erwiesen, laut Corliss und einem Analysten von der CIA enthielt es die Ergüsse eines jesuitischen Missionars namens Eusebio Sowieso, von wann auch immer, auf Spanisch, handgeschrieben und halb verblasst. Das Notebook, auf dem McKinnon wahrscheinlich seine Forschungsergebnisse gespeichert hatte, war, wie sich herausstellte, nicht nur durch Passwort und Fingerscan gesichert, sondern zudem mit irgendeiner hochkomplexen 256 -Bit-Blowfish-Software. Bei der zweiten falschen Eingabe des Passworts zerstörte sie die Festplatte. Zwei Versuche. Nicht fünf, nicht zehn. Wenn das nicht extrem war. Die Spitzentechniker der CIA konnten weder diese Sicherung umgehen noch später irgendwelche Daten
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