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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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des Vaterlands unschuldige Zivilisten, und wenn man dann wieder nach Hause kommt, haben die Leute entweder Angst vor einem oder hassen einen für das, was man auf Befehl getan hat.»
    Ich warf Munro einen Blick zu. Er schwieg, aber ihm war anzusehen, dass er sich nur mühsam beherrschen konnte. Ein verbaler Schwanzlängenvergleich fehlte uns jetzt gerade noch. Ganz gleich, wie sehr Pennebaker uns provozierte, ich musste das Gespräch in ruhigen Bahnen halten. Wir konnten es uns nicht leisten, auf Konfrontation zu gehen, sonst würden wir am Ende gar nichts aus ihm herausbekommen.
    «Das war sicher nicht leicht für Sie. Sich nach dem Irak wieder in das zivile Leben einzufinden.»
    Pennebaker ignorierte mich und setzte seine Tirade fort, wobei er mit jedem Satz verbitterter klang.
    «Wir konnten uns nur an unsere Kameraden halten. Aber auch das half nicht, denn der Schmerz und die Gewalt gingen so tief, dass wir einfach nicht wussten, wie wir darüber hinwegkommen sollten. Die Gründung der Eagles hat das Problem sogar eher noch verschlimmert. Es nach innen gewendet. Am Ende hat jeder von uns gegen sich selbst gekämpft. Und verloren. Und das alles soll ich wiederaufleben lassen? Die ganze Scheiße, die dazu geführt hat, dass Marty umgebracht wurde, und die mich beinahe auch umgebracht hätte? Scheren Sie sich zum Teufel.»
    Er starrte uns herausfordernd an, und seine Haltung verriet, dass er durchaus bereit gewesen wäre, seine Ablehnung handgreiflich auszudrücken. In diesem Moment konnte ich mir gut vorstellen, wie Pennebaker und Walker gemeinsam in den Ruf eines unschlagbaren Teams geraten waren. Walkers rohe Gewalt und Pennebakers kontrollierter Zorn, das musste die perfekte Kombination gewesen sein.
    «Aber Sie sind ausgestiegen, und nach dem, was ich hier sehe» – ich konnte nicht anders, als mich nach der Stelle umzuschauen, wo Pennebakers Freundin eben noch gestanden hatte –, «leben Sie hier nicht schlecht, wie? Hören Sie, uns liegt wirklich nicht daran, Ihnen das, was Sie sich hier aufgebaut haben, kaputt zu machen.»
    «Es sei denn, uns bliebe keine andere Wahl», warf Munro ein, der die Rolle des bösen Cops übernahm, ob es mir passte oder nicht.
    «Wir müssen diese Dreckskerle kriegen, das ist alles, worauf es uns ankommt», ergriff ich wieder das Wort. «Wer sie auch sein mögen, sie sind unberechenbar und zu allem fähig. Sie wissen, was das heißt. Was solche Leute anrichten können.»
    Pennebaker musterte mich mit zusammengekniffenen Augen, sagte jedoch nichts.
    Ich hielt noch einmal mein Handy hoch. «Wollen Sie, dass diese Typen frei rumlaufen? Dass sie noch mehr Menschen umbringen? Vielleicht irgendwessen kleinen Bruder?»
    Ich bemerkte eine Regung in seinem Gesicht und schwieg einen Moment lang, um meine Worte wirken zu lassen. Schließlich stieß Pennebaker die Luft aus und ließ die Schultern hängen. Sein Gesichtsausdruck wurde eine Spur milder.
    «Marty war nicht für dieses Leben geschaffen, aber ich konnte es ihm nicht ausreden. Ich habe Wook im Irak das Leben gerettet, darum hat er mich aussteigen lassen, aber ich konnte Marty nicht retten. In den ersten Monaten konnte ich kaum in den Spiegel schauen. Wenn ich nicht gesessen hätte, wenn ich nicht in diese Struktur hineingezwungen worden wäre, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.»
    «Aber Sie haben wieder einen Sinn im Leben gefunden.»
    «Ich habe einige Scheiße durchgemacht. Und ich weiß, dass es möglich ist, drüber wegzukommen. Aber dazu muss man stark sein. Und man braucht Menschen, denen was an einem liegt. Die sich nicht abwenden. Viele von den Jungs, die aus Afghanistan oder dem Irak zurückgekommen sind, haben gleich als Erstes zur Meth-Pfeife gegriffen. Kein besserer Freund, kein schlimmerer Feind.»
    Er kicherte über die Ironie.
    Mir war klar, woher dieses gequälte Grinsen kam.
Kein besserer Freund, kein schlimmerer Feind
lautete das Motto der Einheit der Marines, bei der Pennebaker und Walker im Irak gedient hatten.
    «Um den Schmerz zu betäuben, ist einem alles recht.» Er schüttelte langsam den Kopf. «Aber das verschlimmert das Problem nur. Es verdeckt die Wunden, sodass man sich nicht mit ihnen auseinandersetzen muss. Also bringen wir die Leute von der Droge runter, und dann beschäftigen wir uns mit den Ursachen, weshalb sie überhaupt erst damit angefangen haben. Das ist ein langer Weg, und es gibt keine schnelle Lösung.»
    «Und jetzt, da die Eagles ausgelöscht sind, können Sie nie mehr zurück.

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