Men in Black II
lieben.« Wieder dieses schmerzhafte Gefühl, und alles, was er tun konnte, war, es so gut wie möglich zu unterdrücken.
»Niemand«, wiederholte er. »Denken Sie darüber nach.«
Tee nickte, scheinbar befriedigt und wieder gefasst. Dann jedoch rann eine verräterische Träne aus seinem Augenwinkel, und er platzte heraus: »Wen interessiert schon Liebe?«
Das war zu viel, sogar für typische New Yorker. Die Hälfte der Gäste drehte sich um und starrte zu ihnen herüber. Jay verdrehte die Augen. Er wusste, was sie dachten. (Nicht, dass daran irgendetwas nicht in Ordnung wäre, immerhin waren sie in Chelsea.)
»Tee, wie lange sind wir jetzt schon Partner?«, fragte er in dem Bestreben, die Sache voranzutreiben und so schnell und sauber wie möglich zum Abschluss zu bringen.
»Seit dem ersten Februar dieses Jahres«, entgegnete der große Mann.
»Also seit fünf Monaten und drei Tagen …« Unter dem Tisch fummelten Jays Hände an seinem Neuralisator herum und stellten den Lichtblitz stark genug ein, um diese Zeitperiode vollständig auszulöschen, bereit zu tun, was getan werden musste.
»Sie glauben vielleicht, ich wäre nicht für dieses Leben geschaffen«, jammerte Tee schrill, wobei seine Stimme langsam lauter wurde. »Sie glauben, ich wäre zu schwach. Vielleicht glauben Sie auch, ich wäre …«
»… zu menschlich«, brachte Jay den Satz durchaus freundlich an seiner Stelle zu Ende.
»O Gott!«, wimmerte Tee. »Sie wollen mich loswerden! Es ist alles vorbei!«
Er putzte sich geräuschvoll mit der Serviette die Nase, als einer der Kellner an ihren Tisch trat, offensichtlich nicht länger imstande sich zurückzuhalten, und sagte: »Auch schon mal erlebt. War grässlich. Hab’s überlebt. Vier Worte: Werden Sie damit fertig. Schicke Anzüge.« Mit dieser Amateurversion von Dr. Sommer und Kollegen zog er sich zurück, während Jay, der nun endgültig jegliche Hoffnung aufgegeben hatte, diese Trennung unauffällig über die Bühne zu bringen, seinen Neuralisator hervorzog und Tee eine volle Ladung verpasste.
Tee starrte geblendet ins Nichts. Jay zog eine frische Serviette aus dem Spender auf dem Tisch, wischte sich die Lippen ab und erhob sich.
»Heiraten Sie«, riet er Tee. »Und schaffen Sie sich ein Rudel Kinder an.«
»Okay«, stimmte Tee fröhlich zu.
Als Jay hinausging, fiel ihm eine besonders hübsche Kellnerin auf. »Mein Freund findet Sie echt scharf«, sagte er zu ihr und deutete mit einem Nicken auf Tee, der wie versteinert auf seinem Stuhl hockte. Plausibel genug, warum sollte es nicht funktionieren? Manche Leute mochten diese geistesabwesende Miene als einen Ausdruck totaler Verliebtheit verstehen. »Er zahlt.« Damit verließ Jay das Lokal, und Tee blieb in einer Welt zurück, in der die Buchstaben M-I-B nichts zu bedeuten hatten, nicht einmal als Gerücht, nicht einmal als Teil eines furchtbaren Traumes.
Kapitel 5
Scrads Appartement war eine Müllhalde. Anders ließ sich das Durcheinander nicht beschreiben. Nicht allein, dass er ein totaler Versager war, wenn es um den heiligen Gral von Gothams Grundbesitz ging: Location, Location, Location, oder dass sämtliche Ratten mit einem Rest von Selbstachtung längst unter Protest ausgezogen waren, weil sich die Küchenschaben inzwischen in Gangs organisiert hatten und in ihr angestammtes Territorium eingefallen waren, oder dass es so dreckig war, dass man nicht einmal einen Performancekünstler hätte überreden können, dort zu hausen. Nein, es war eine Müllhalde im wahrsten Sinne des Wortes.
Und Müll gehorcht, wie der Rest des naturwissenschaftlich erfassbaren Universums, den Gesetzen der Schwerkraft. Gleich und Gleich gesellt sich gern, und Vögel einer Gattung fliegen im Schwarm, nur waren die Vögel im Falle von Scrads Appartement ungezählte Stapel von Popartkinkerlitzchen, Relikten, Talismanen und sonstigem Unrat, ganz zu schweigen von den Magazinen und Katalogen, die den ganzen Schund feilgeboten hatten.
Spielzeug von McDonald’s verteilte sich neben dem Computer auf dem Boden, Tonfiguren sammelten Staub auf der Fensterbank, ein vollständiges Set Star-Trek-Gedenktafeln verlor sich unter einer Lawine Beanie Babys, die außerdem die Konsole eines brandneuen Videospielsystems unter sich begruben. Fernseher standen überall herum, entweder als pannensichere Abhilfe bei solchen Gelegenheiten, bei denen die Dienste eines Videorekorders sich als unzulänglich erwiesen, oder um den Beweis anzutreten, dass in der Tat x Programme
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