Mensch, Martha!: Kriminalroman
.
»Ist was?« fragt er
verunsichert.
»Nein, nein, alles so, wie es
sein soll!«
Er legt den Arm um ihre
Schulter. »Martha, du bist meine einzige und daher beste
Freundin. Deshalb sollst du es als erste wissen: Ich habe mich
verliebt wie ein Achtklässler.«
Sie stößt mit ihrem Sektglas
an sein Saftglas. »Aber ihr wirst du es doch hoffentlich auch gesagt
haben!«
»Ich hatte noch nicht den Mut
dazu.«
Die Pünktchen sind der Hit!
Später hält Richter Rothärmel
eine kurze Rede auf Staatsanwältin Noll.
Thomas nimmt Barbaras Hand.
Sein kleiner Finger streichelt über ihr schmales Handgelenk.
Sie hat es ihm erzählt.
Ihre Geschichte ist bei ihm in guten Händen.
Auf der Heimfahrt sitzt Rebekka
ganz gegen die Vorschriften auf dem Beifahrersitz. Barbara hat ihr
den Platz zugewiesen. »Weil ich was mit deiner Mama flüstern muss.«
»Flüstern ist aber eigentlich
verboten!« bemerkt Rebekka.
Der
Rückspiegel liefert Martha einen Ausschnitt von Thomas’ Gesicht. Der Polizist mit den schönen Augen.
Martha spürt einen
elektrischen Schlag, als sie ihre Hand auf Barbaras Unterarm legt. Das ist nicht nur der Synthetikstoff. »Du hättest mit mir
reden sollen. Dann hätte ich dich warnen können vor ihm«, flüstert
Martha.
»Wieso? Hat er versteckte
Mängel?«
»Wenn es was Ernstes wird mit
euch, musst du in Zukunft Stofftaschentücher bügeln.«
»Deine Warnung kommt zu spät.
Martha, ich bin schwanger.«
»Oh je! Weiß er es schon?«
»Ich hatte noch nicht den Mut,
es ihm zu sagen.«
Martha spürt eine Welle in
ihrem Unterbauch. Ist das individuell? Oder nehmen andere
Menschen Glück auch hier am Beckenboden wahr?
Rebekka hält Martha auf dem Laufenden. Radspieler
hatte lange Zeit starke Kopfschmerzen, die Narbe am Bauch ist erst
seit zwei Wochen so, wie sie sein soll. Alle Knochen sind
zusammengewachsen, nur der offene Scheinbeinbruch heilt schlecht.
Radspieler ist immer noch auf Krücken angewiesen.
Rebekka bringt ihm einen
Adventskalender mit Schokoladenfüllung.
»Wenn er alle Türen geöffnet
hat, ist Weihnachten und dann darf er auch aus dem Krankenhaus«,
berichtet sie in der U-Bahn.
»Ehrlich?« Martha freut sich
für ihn. Und wenn er dann auf die Idee kommen sollte, mich zum
Essen einzuladen, um zu testen, ob er ein erotisches Gefühl für
mich entwickeln kann, werde ich ganz klar nein sagen. Ich werde mich
nicht der Situation aussetzen, dass er nach Begleichung der Rechnung
sagt: Sorry, ist nicht!
»Er kommt dann auf Reha«,
weiß Rebekka. »Das ist eine Art Reparaturwerkstätte für
Menschen. Obwohl ich finde, dass sie ihn im Krankenhaus wieder ganz
schön in Ordnung gebracht haben!«
Heute vor zwei Monaten stand
ich dem Arzt gegenüber. Ich hätte mich gerne gesetzt, als er
seine Aufzählung machte, aber er hat mir keinen Stuhl angeboten .
»Mama, er bittet dich, ihm bei
Gelegenheit eine Hose und ein Hemd aus der Wohnung zu holen. Stell
dir das vor! Nach dem Unfall hat man ihm die Kleidung
heruntergeschnitten!«
»Das macht man so.«
»Hoffentlich hab ich nie einen
Unfall!«
Als Martha seine Wohnung betritt, merkt sie, dass
einzelne Ameisen den Rauswurf überlebt haben. Gebt Ruhe!
Sie holt aus dem Kleiderschrank
eine Jeans und ein weiches Flanellhemd, von dem sie
annimmt, dass es ihm gut steht. Martha war nicht mehr in der Wohnung
gewesen. Sie weiß, dass sich Angelika um alles gekümmert hat, was
die Praxis anbetrifft. Offensichtlich auch um die Grünpflanzen in
seiner Wohnung. Martha geht noch einmal alle Räume ab. Auf
Wiedersehen, Markus Radspieler. Ich hätte dich gerne berührt.
Überall.
Sie schließt die Tür
sorgfältig ab. Deine Lederjacke bringe ich dir auch. Du
wirst sie auf der Reha sicher brauchen.
Am Samstag vor dem vierten Advent suchen Rebekka
und Martha einen Weihnachtsbaum aus. Martha ist fest
entschlossen, Heiligabend alleine mit Rebekka zu feiern.
Sie holen die Kiste Weihnachtsschmuck, die auf dem
Dachboden bei Marthas Eltern steht. Als Martha sechzehn Jahre alt
war, hatte sie die Kiste auf der Straße gefunden und vor dem
Sperrmüll gerettet. Rebekka ist ganz heiß darauf sie auszupacken.
»Ich fahre dich jetzt ins Krankenhaus. Und wenn wir wieder kommen,
gucken wir in die Kiste, welchen Schatz wir da haben.«
Er steht am Ende des Krankenhausflurs. Als
er Martha und Rebekka sieht, setzt er sich auf Krücken in Bewegung.
Rebekka hopst ihm entgegen, Martha bleibt wie angewurzelt
stehen. Sie fühlt sich wie gelähmt.
Zwei Meter vor ihr bleibt er
stehen,
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