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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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zu dumm, dass er jemanden mit Prepaid-Karte angerufen hatte. Aber noch war in dieser Beziehung nicht alles verloren. Der Angerufene war in Kymlinge ausgemacht worden, es war also nicht die Frage einer alten Flamme irgendwo im Land, wie Barbarotti befürchtet hatte. Walter hatte tatsächlich eine Person angerufen, die sich, zumindest in der betreffenden Nacht, in Kymlinge befunden hatte, und natürlich hatte man sich auch um diese Nummer gekümmert und sie näher untersucht. Leider mit dürftigem Ergebnis. Außer dem Gespräch mit Walter war die betreffende Nummer nur vier Mal im Dezember benutzt worden, und zwar zwischen dem 5. und dem 15. Dezember, und immer um jemanden selbst anzurufen.
    Einmal Walter Hermansson in Stockholm, zwei Mal eine Pizzeria in Kymlinge, einmal einen Damenfriseur in Kymlinge. Die Troika hatte sowohl mit der Pizzeria als auch mit dem Haarkünstler gesprochen. Bei Ersterem nahm man an, dass jemand eine Pizza bestellt hatte, bei Letzterem, dass jemand einen Termin abmachen wollte, um sich die Haare schneiden zu lassen. Beide Serviceeinrichtungen hatten zusammen einen Kundenkreis, der schätzungsweise zwischen 1200 und 1800 Personen betrug. Wie groß der gemeinsame Kundenkreis sein könnte, rein mathematisch und rein hypothetisch, auf diese Frage hatte Eva Backman einige Zeit verwandt, um sie rechnerisch zu lösen, und bei einem Donnerstagbier hatte sie etwas überraschend (zumindest für Gunnar Barbarotti, der in Mathematik seinerzeit nur eine anständige Drei gehabt hatte) die ziemlich genaue Ziffer 433 präsentiert.
    »Wie zum Teufel bist du denn darauf gekommen?«, hatte der allzu kritische Barbarotti erbarmungslos gefragt.
    »Kann dir doch gleich sein«, hatte Eva Einstein gekontert. »Walter Hermansson hat eine von vierhundertdreiunddreißig Frauen in Kymlinge angerufen. Vielleicht ist sie bei diesem verfluchten Friseur zu finden.«
    Einstein-Backman hatte anschließend zwei Tage lang alle aufgelistet, die sich bei »Der Große Schnitt« zwischen dem 5. Dezember und dem Tag vor Heiligabend die Haare hatten schneiden lassen (nicht, dass man die Namen von allen hatte, aber doch von ziemlich vielen) – eine Summe, die bei angenehm zutreffenden 362 lag -, und gerade als sie mit dieser hochinteressanten Arbeit fertig war, hatte die Besitzerin dieser trendigen Institution angerufen und erklärt, dass man ebenso vielen leider hatte absagen müssen. Backman-Schafskopf hatte innerlich geflucht, eine ungemein feinfühlige Replik von sich gegeben und war noch einmal genau bei der Ziffer 433 gelandet.
    »Siehst du?«
    »Ich sehe, oh meine Meisterin«, hatte Gunnar Barbarotti zugegeben, aber gleichzeitig gespürt, wie eine mentale Erschöpfung ihn übermannte, die wie eine Lungenkrankheit angeschlichen kam.
    Und dennoch, das musste er zugeben, war das eine ungewöhnlich lange und hoffnungsvolle Sackgasse gewesen.
    Aber dass Kristoffer Grundt ihn am vergangenen Abend angerufen hatte und mit ihm etwas Wichtiges besprechen wollte – was er laut eigenen Angaben seinen Eltern bis jetzt verheimlicht hatte -, musste trotz allem als das bisher interessanteste Ereignis dieser Ermittlungen angesehen werden.
    Oder war Backman anderer Meinung?
    Nein, war Backman nicht. Zum Teufel auch.
     
    »Ich habe nur eine Stunde Zeit, können wir hier ins Café gehen, dann nehme ich auf Band, was du mir zu sagen hast?«
    Kristoffer Grundt nickte.
    Der Junge bestellte eine Cola, der Inspektor einen doppelten Espresso. Nicht verkehrt, richtig wach zu sein, falls irgendein Mist nicht auf dem Band haften blieb. Das schien so ein Tag zu sein. Sie fanden eine Ecke hinter einer mausetoten Jukebox und einem Plastikficus und ließen sich dort nieder.
    »Nun?«, begann Gunnar Barbarotti und drückte auf Aufnahme. »Was hast du mir zu sagen?«
    »Ich möchte, dass Sie das möglichst meinen Eltern nicht sagen«, sagte Kristoffer.
    »Ich kann nichts garantieren«, erklärte Barbarotti. »Aber ich verspreche zu schweigen, solange es möglich ist.«
    »Sie wissen … es ist sonst nichts passiert?«
    »Was meinst du damit?«
    »Sie wissen nicht genauer, wohin Henrik gegangen ist?«
    Kristoffer Grundt quälte sich, daran bestand kein Zweifel. Das tat er wahrscheinlich schon eine ganze Weile, wie Barbarotti schätzte. Er hatte Probleme, den Blick zu halten, die Hände flogen unruhig zwischen Colaglas, Flasche und Tischkante hin und her – ja, er hatte etwas auf dem Herzen, und das trug er schon viel zu lange mit sich herum. Außerdem hatte

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