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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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von Gleichungen hatten natürlich einen Haken: Sie funktionieren einfach nicht.
    Sie bog in den Musseronvägen ein, und da fiel ihr ein, dass sie ein paar Blumen hätte kaufen sollen. Das könnte nicht schaden. War sie nicht vor nur fünf Minuten an einem Blumenladen vorbeigekommen? Bei dem kleinen Marktplatz. Sie blieb stehen und schaute auf die Uhr, stellte fest, dass es noch früh war, und kehrte um.
    Stellte fest, dass sie für einen ganz kurzen, aber erschreckenden Moment vergessen hatte, warum sie hier war.
     
    »Danke«, sagte Kristina, und es gelang ihr, auf irgendeine Art und Weise aufrichtig überrascht zu klingen. »Das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich habe einfach keine Hand für Topfpflanzen.«
    »Es ist eine Orchidee. Die braucht nur einmal im Monat Wasser.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Kristina. »Dann wird sie zumindest einen Monat lang überleben.«
    »Es gibt mehr als dreitausend verschiedene Arten«, sagte Ebba.
    »So viele?«, erwiderte Kristina.
    Gut, dass ich sie gekauft habe, dachte Ebba. So haben wir wenigstens etwas, worüber wir zu Anfang reden können.
    Kristina ging vor auf die Glasveranda, die zum Garten zeigte. Kaffee und irgendeine Art weicher Kuchen standen bereits auf dem Tisch. Sie machte Ebba ein Zeichen, sich in einen der beiden Korbstühle zu setzen. Keine Hausbesichtigung, keine Rituale. Das hatte sie auch nicht erwartet. Erst als der Kaffee eingeschenkt und probiert worden war, stellte Ebba fest, dass ihre Schwester schwanger war. Es war noch kein Bauch zu sehen, aber es war etwas mit ihrer Art zu sitzen, mit leicht gespreizten Beinen und geradem Rücken.
    »Du bekommst ein Kind?«
    Kristina nickte.
    »Herzlichen Glückwunsch. Wie weit bist du?«
    »Zwölfte Woche.«
    Da ist noch etwas anderes, dachte Ebba plötzlich. Ihre Augen sehen irgendwie anders aus. Sie macht sich wegen irgendetwas Sorgen. Und ihr Kiefer ist angespannt, es sieht aus, als fühle sie sich hier nicht wohl. Es wunderte sie, dass sie in der Lage war, diese Beobachtungen zu machen, eingedenk dessen, wie sehr sie doch mit ihren eigenen Problemen beschäftigt war. Aber vielleicht ist das ja so bei Geschwistern, dachte sie. Wir können einander mit einem Blick durchschauen. Ob wir nun wollen oder nicht, es liegt in der Natur der Sache.
    Andererseits war es vielleicht nicht besonders merkwürdig, dass Kristina über den Besuch nicht sonderlich erfreut war. Was Ebba verstehen konnte. Ihr ganzes Leben lang war sie ihrer großen Schwester unterlegen gewesen, so musste sie es jedenfalls empfunden haben, besonders in der Jugend – aber sie hat zumindest ein gutes Verhältnis zu den Kindern gehabt. Zu Ebbas Kindern wohlgemerkt. Henriks Verschwinden hatte sie natürlich auch getroffen. Und Walters. Kristina und Walter hatten einander immer sehr nahe gestanden, wie Ebba sich plötzlich erinnerte, sie selbst war diejenige, die sich von den beiden entfernt hatte. Sie war es, die einen Abstand geschaffen und darauf geachtet hatte, dass er erhalten blieb. Während sie hier saß und darauf wartete, dass sie einen Weg in eine Art von Gespräch finden würden, schoss ihr diese unleugbare Wahrheit durch den Kopf, und sie spürte, wie ihr etwas langsam die Kehle zuschnürte. Reiß dich zusammen, dachte sie mit einer Mischung aus Wut und Angst, mach was du willst, aber fang um Himmels willen nicht an, hier zu heulen!
    Vielleicht spürte Kristina die Zerbrechlichkeit ihrer Schwester – las sie mit genau der gleichen schwesterlichen Automatik aus ihrer Haltung -, denn plötzlich tat sie etwas Ungewöhnliches. Ebba konnte sich nicht daran erinnern, jemals etwas Derartiges erlebt zu haben. Kristina beugte sich auf ihrem Stuhl vor und strich Ebba über den Arm.
    Ganz einfach.
    Es war eine Geste, die nicht mehr als eine Sekunde benötigte, um ausgeführt zu werden, die aber davon zeugte, dass … dass es etwas gab, das momentan nicht in Worte zu fassen war, dachte Ebba. Sie spürte einen kurzen Schwindel. Zwinkerte ihn fort und schaute Kristina in die Augen. Sah erneut diese Unruhe dort, diesen angespannten Ausdruck, der in keiner Weise mit dem Streichen über den Arm zusammenpasste. Ich muss jetzt anfangen, dachte sie. Ich muss jetzt reden, das Schweigen hat seine Grenzen.
    »Ich weiß nicht, warum ich hier sitze«, sagte sie. »Ehrlich gesagt.«
    »Ich auch nicht«, erwiderte Kristina.
    »Vielleicht ja nur, weil ich diese Untätigkeit nicht mehr ertragen kann.«
    »Du konntest Untätigkeit noch nie ertragen«, sagte Kristina.
    Ebba

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