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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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kalt, und er nimmt an, dass sie ungefähr ein halbes Kilo wiegt. Das Fabrikat Pinchmann ist im Kolben eingraviert, wo sie auch geladen wird, indem man ein Magazin von unten hineinschiebt. Jedes Magazin enthält zwölf Patronen, er hat es schon ausprobiert, und er schickt in Gedanken seinen Dank an Ingegerd, denn Ingegerd war es, die ihm die Waffe und das Versteck gezeigt hat, als er hier vor vier Jahren zu Besuch war. Sie hatte es gezeigt, um Henrik und Kristoffer zu imponieren, wie man denken kann, diesen Vettern aus Sundsvall. Der Waffenschein ist natürlich auf Berits Mann Knut ausgestellt, von dem diese sich hat scheiden lassen, als Ingegerd nicht älter als drei Jahre war, er hatte immer alles Mögliche gejagt, aber wenn zwei Frauen allein in einem Haus außerhalb der Stadt wohnen, dann braucht man eine Waffe, um sich zu verteidigen. Für den Fall aller Fälle, das versteht sich von selbst.
    Doch wenn Kristoffer fertig ist, will er den Pinchmann in einen See werfen oder irgendwo vergraben, niemand wird ihn je finden, niemand wird Kristoffer verdächtigen, er glaubt nicht, dass Berit und Ingegerd die alte Waffe ab und zu herausholen, auf dem Kasten lag eine dichte Staubschicht, als er sie aus dem Verschlag im Keller herausgenommen hat. Er hat den ganzen Tag über den Plan nachgedacht, seit ihm auf der Fahrt in die Stadt im Bus morgens die Idee gekommen ist. Es gibt keine Haken, im Laufe des Nachmittags hat er tief in seinem Inneren etwas gehört, das Henriks Lachen ähnelte, er hat es nicht richtig ausmachen können, so ganz deutlich ist es leider nicht, aber dennoch vermittelt es ein warmes, gutes, starkes Gefühl, und er weiß, dass die Lösung, die er gefunden hat, genau die richtige ist. Dass er Henriks volle Unterstützung hat. Ehrlich gesagt verhält sich eigentlich nichts besonders real, seit er gestern das Gespräch mit Kristina geführt hat, und als er vorsichtig mit den Fingerspitzen über das kalte Metall streicht, denkt er, dass das alles eigentlich nur ein Film ist. Er ist ein Schauspieler, der das auszuführen hat, was im Manuskript steht, ja, genau so ist es. Er gehorcht einer Regie. Oder einer Choreographie. Wenn er die Dinge von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, wird alles deutlich und verständlich. Manchmal ist das Leben so groß, dass man sich diese Hilfe holen muss.
    Und er ist überhaupt nicht unruhig. Er wickelt Pistole und Patronenschachtel in ein Handtuch und legt das Päckchen in eine Plastiktüte vom Konsum. Geht mit ihr in der Hand in sein Zimmer hoch, versteckt die Lösung im Schrank. Berit und Ingegerd sind auf einem Klassentreffen, sie werden nicht vor neun Uhr zurück sein – wenn es überhaupt möglich sein wird, sich bei diesem Unwetter, das gar kein Ende zu nehmen scheint, heimzubegeben. Nein, er spürt keinerlei Unruhe, er wird den Mörder seines Bruders töten, da gibt es keinen Grund, Angst zu haben. Denn für den, der nur seine Pflicht erfüllt, ist alles einfach und problemlos.
    Wenn auch nicht wirklich real. Der Schnee fällt immer noch, während er unten in der Küche steht und sich einen Tee und Brote macht. Es ist zehn Minuten nach neun, immer noch kein Schimmer von Berit und Ingegerd.
     
    Gunnar Barbarotti sitzt in einer Schneewehe fest, und während er auf Hilfe wartet, die niemals zu kommen scheint, trifft er eine Entscheidung. Neben sich im Auto sitzt seine Tochter Sara, und als sie erzählt, dass sie plane, am Wochenende zu Freunden zu fahren, ist die Sache beschlossen. Der notwendige Spielraum eröffnet. Zum Teufel mit Backman, denkt er. A man’s gotta do what a man’s gotta do. Ich brauche ja niemandem zu erzählen, dass ich fahre. Zum Teufel mit Logik und Gründen, ich muss noch einmal mit ihr sprechen.
    Aber kein Wort zu ihm. Es gibt nur den Bruchteil eines Verdachts, den Bruchteil eines Bruchteils. Wenn der falsch ist, wäre es eine Katastrophe.
    Wenn er stimmt, wäre es eine doppelte Katastrophe.
    »Woran denkst du, Papa?«, fragt Sara. »Wieder an die Arbeit?«
    Er lacht. »Überhaupt nicht, mein Mädchen. Ich überlege, ob es für dich nicht besser wäre, wenn du zu Fuß nach Hause gehst. Das könntest du in zehn Minuten schaffen, hier holst du dir nur eine Blasenentzündung.«
    Auch sie muss lachen. »Soll ich etwa meinen Vater im Auto allein in einer Schneewehe lassen? Was wäre ich dann für eine Tochter?«
    Er startet den Motor erneut und schaltet die Scheibenwischer ein. Es ist Viertel vor zehn Uhr abends. Der Schnee tanzt. »Erzähl mir, was du

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