Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
werden willst, wenn du groß bist«, bittet er.
Leif Grundt ist vor dem Fernseher eingeschlafen, wird aber vom Telefonklingeln geweckt. Zuerst denkt er falsch und meint, die Fernbedienung sei das schnurlose Telefon. Doch dann findet er es doch noch im Flur und meldet sich.
Es ist Ebba.
Seine Ehefrau Ebba, sie haben seit mehr als einer Woche nicht mehr miteinander gesprochen.
»Ich möchte mit Kristoffer sprechen«, sagt sie.
»Kristoffer ist nicht zu Hause«, sagte Leif Grundt.
»Wo ist er denn?«, fragt Ebba.
»Er ist in Uppsala, bei Berit«, erklärt Leif. »Ich habe es dir doch erzählt. Sie machen von der Schule aus ein Praktikum, er arbeitet in einem Laden dort …«
»Ich mache mir Sorgen um ihn.«
»Das brauchst du nicht.«
»Den ganzen Tag schon mache ich mir Sorgen um ihn, du musst dich um Kristoffer kümmern, Leif. Du darfst ihn nicht vergessen.«
Ich?, denkt Leif Grundt mit plötzlich hochschießender Wut. Ich darf Kristoffer nicht vergessen? Das geht jetzt aber zu weit. Am Ende werde noch ich …
»Es gefällt mir nicht, dass du ihn nach Uppsala geschickt hast.«
»Aber ich bitte dich, Ebba …«
»Du weißt doch, was passiert, wenn wir unsere Kinder fortschicken.«
»Ebba, er wohnt bei Berit. Er arbeitet für eine Woche in einem Konsum-Supermarkt, es kann ihm nichts passieren.«
Lange Zeit bleibt es still in der Leitung. Dann ist ein Klicken zu hören. Sie hat aufgelegt. Leif Grundt hängt das Telefon an seinen Platz an der Wand. Unentschlossen bleibt er eine halbe Minute lang stehen, während Wut und Trauer sich immer wieder abwechseln. Anschließend geht er hinaus und räumt noch einmal die Auffahrt. Es ist nach zehn Uhr, es muss jetzt seit gut vierundzwanzig Stunden schneien.
»Dieser Polizeibeamte, wie hieß er noch?«
»Wer?«
Jakob Willnius kommt aus dem Badezimmer. Mit einem gelben Frotteehandtuch um die Hüften. Kristina liegt bereits im Bett. Es ist halb zwölf Uhr, er war essen mit einem dänischen Produzenten. Oder einem deutschen. Oder war es nur ein schwedischer? Eine leichte Fahne umgibt ihn, aber nicht besonders kräftig. Er ist absolut nicht betrunken. Vielleicht ist er geil, ja, wahrscheinlich, das Handtuch steht ab. Sie holt tief Luft und wappnet sich, streicht sich über den gespannten Bauch. Von hinten, er wird sie von hinten nehmen, das war aufgrund der Umstände im letzten Monat immer so.
»Aus Kymlinge.«
»Was … was redest du da?«
»Barotti? Hieß er nicht so? War das nicht ein italienischer Name? Der, der hier war.«
Sie schüttelt verständnislos den Kopf.
»Ach der? Doch, der hieß irgendwie so. Warum erwähnst du ihn?«
Er zieht das Handtuch herunter und enthüllt einen prächtigen Ständer. »Du hast nicht von ihm gehört?«
»Nein, warum sollte …?«
Er kriecht unter die Decke und legt ihr eine Hand auf die Hüfte.
»Da hat ein Typ gestern angerufen und nach dir gefragt. Ich denke, dass er das war. Du weißt, ich kann mir gut Stimmen merken.«
»Warum sollte er denn hier anrufen? Ich meine, es ist inzwischen ein Jahr vergangen …«
»Ich weiß es nicht«, erwidert Jakob Willnius. »Ich weiß nicht, welchen Grund er gehabt haben könnte, hier anzurufen. Aber jedenfalls wollte er mit dir sprechen, nicht mit mir.«
»Mit mir?«
»Ja.«
»Und er hat sich nicht vorgestellt?«
»Nein, hat er nicht.«
»Das verstehe ich nicht. Es ist doch wohl nichts passiert, was …?«
»Was meinst du?«
Er knetet jetzt ihre Pobacken. Knetet sie und drückt sie auseinander.
»Das etwas ändert. Soll ich das Licht löschen?«
»Nein, ich will dich sehen, das weißt du doch. Aber er hat also nicht wieder angerufen, dieser Inspektor Barbotti oder wie immer er auch hieß?«
»Nein.«
»Ich möchte, dass du es mir sagst, wenn er anruft.«
»Ja, natürlich.«
»Und ich möchte, dass du das nicht vergisst.«
»Ich verspreche dir, es nicht zu vergessen.«
»Na gut. Ich habe meine Meinung geändert. Mach das Licht aus.«
Und während er von hinten in sie eindringt, sieht sie durch das Fenster, dass es endlich aufgehört hat zu schneien.
38
Gerade als Kristoffer am Donnerstagmorgen in Bergsbrunna in den Bus gestiegen war, klingelte sein Handy.
Es war sein Vater.
»Wie sieht es bei euch mit dem Schnee aus?«, wollte er wissen.
»Es ist ziemlich viel«, antwortete Kristoffer.
Dann sprachen sie eine Weile über den Job. Falls Kristoffer vielleicht überlegte, in die Fußstapfen des Vaters zu treten, war es auf jeden Fall nicht schlecht, von ganz
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