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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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könnt gern so lange sitzen bleiben, wie ihr wollt.«
    »Wo sind Walter und Kristina denn hin?«, fragte Rosemarie.
    »Draußen, um zu rauchen und über die Moral zu diskutieren«, sagte Leif Grundt. »Hör mal, Ebba, wollen wir nicht auch in die Falle gehen? Schließlich muss ich morgen früh hoch und einem schönen Frauenzimmer ein Ständchen bringen.«
    »Raucht Kristina?«, fragte Rosemarie. »Das habe ich ja noch nie …«
    »Nein, nein, sie übernimmt die Moral«, erklärte Leif Grundt. »Gute Nacht allen Menschenkindern.«
     
    »Nein, Jakob. Ich möchte noch ein bisschen bleiben. Ich möchte mich noch mit meiner Familie unterhalten, daran ist ja wohl nichts Merkwürdiges, oder?«
    Sie hatte gehofft, dass er zumindest ein Anzeichen zeigen würde, dass er etwas dagegen hatte, aber dem war nicht so. Ihr war klar, dass er die Gelegenheit nutzte, sein schlechtes Gewissen wegen der Frühstücksverabredung am Mittwoch mit diesem amerikanischen Magnaten zu beruhigen, und dass sie ihm selbst in die Hände gespielt hatte. Das ärgerte sie. Wäre besser gewesen, er hätte die Waffen selbst schmieden müssen, dachte sie.
    »Okay«, sagte er nur. »Ich nehme mit Kelvin ein Taxi. Komm du nur, wenn du möchtest.«
    »So ungefähr in einer Stunde«, sagte sie. »Ich werde gehen, es sind ja nur zehn Minuten.«
    »Du solltest nicht die Gefahren einer Kleinstadt unterschätzen«, sagte er.
    Ich unterschätze nie etwas, dachte Kristina. Das ist ja das Problem.
     
    Viertel nach zwölf war das Elternpaar, die verlorene Generation, zur Ruhe gekommen. Zumindest hatten sie sich hinter einer geschlossenen Schlafzimmertür verschanzt. Ebba Hermansson Grundt und der Supermarktleiter Leif Grundt hatten sich ebenfalls zurückgezogen. In das alte Kinderzimmer hinter eine weitere geschlossene Tür.
    Jakob und Kelvin Willnius waren mit einem Taxi ins Kymlinge Hotel in der Drottninggatan abgefahren.
    Noch immer im Erdgeschoss des Hermanssonschen Hauses in der Allvädergatan 4 befanden sich die Geschwister Walter und Kristina sowie die Geschwister Henrik und Kristoffer. Kristina schaute auf die Uhr.
    »Noch eine halbe Stunde«, beschloss sie. »Sonst kriege ich jede Menge Ermahnungen von meiner großen Schwester zu hören.«
    »Ach was«, sagte Henrik.
    »Bestimmt«, widersprach Kristoffer. »Aber man muss nur lernen, damit fertig zu werden.«
    »Das Weinregal in der Küche sieht ein bisschen überladen aus«, sagte Walter. »Ich glaube, wir sollten noch eine Flasche öffnen.«
    Er verschwand aus dem Raum, ohne auf eine Antwort zu warten, und kehrte zehn Sekunden später mit einem Valpolicella in der Hand zurück.
    »Erzähl von Uppsala«, bat Kristina und beugte sich etwas näher zu Henrik hinüber.
    Es war ein äußerst harmloser Vorschlag, doch zu ihrer großen Verwunderung sah sie, wie sich der Junge auf die Unterlippe biss, und einen kurzen Moment lang schien es, als stiegen ihm Tränen in die Augen. Offensichtlich registrierten weder sein Bruder noch Walter diesen Zustand, doch für Kristina gab es keinen Zweifel.
    Da nagte ein großer Kummer an ihrem Neffen.

8
    K ristoffer fand das Handy seines Bruders dort, wo der es versteckt hatte. Unter dem Kopfkissen im Bett. Na also!, dachte er. Warum zum Teufel denke ich: »Na also!«, fragte er sich selbst später.
    Es brummte leicht in den Schläfen. Auf der Uhr war es kurz nach halb eins. Er hatte zwei Gläser Wein getrunken, glaubte aber nicht, dass die anderen etwas bemerkt hatten, ihm selbst war jedoch klar, dass er offenbar ein wenig betrunken war. Sicher hatte er deshalb einen so albernen Gedanken wie: »Na also!« gehabt, als er Henriks Telefon fand.
    Die anderen saßen noch unten. Kristina und Henrik und Walter. Kristina war nett. Sie war seine Patentante; falls seine Mutter aus irgendeinem Grund starb – verunglückte, wie man es nannte -, wäre Kristina diejenige, die an ihre Stelle rückte. Wow!, dachte er (wieder ziemlich albern), man stelle sich vor, Kristina als Mutter zu kriegen!
    Anschließend durchfuhr es ihn heiß. Man durfte nicht einmal daran denken, dass die Eltern sterben könnten. Wenn es Gott gab, dann war das ein Gedanke, den dieser für alle Zeiten und Ewigkeiten aufs Minuskonto einritzte.
    Aber Kristoffer glaubte nicht, dass es einen Gott gab. Und außerdem waren sie Schwestern, Kristina und seine Mutter, hatten jede Menge Gene, Aminosäuren und so einen Mist gemein, obwohl man sich dann hätte wünschen können, dass es auch im Äußeren etwas mehr

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