Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
Vom Netzwerk:
Übereinstimmung gäbe.
    Walter hatte natürlich die gleichen Gene, auch er. Er erinnerte vielleicht ein wenig an Kristina, wenn man es sich genauer überlegte, aber natürlich war er eine traurige Gestalt. So ein richtiger, verdammter Loser. Sich im Fernsehen hinzustellen und zu wichsen!
    Doch an diesem Abend war darüber nicht viel gesprochen worden. Darauf lag in gewisser Weise ein Deckel. Ein dicker, fetter Skandal, um den man wie die Katze um den heißen Brei zu schleichen hatte. Kristoffer hatte natürlich die Sendung selbst nicht gesehen, derartige Programme schaute man bei Familie Grundt im Stockrosvägen in Sundsvall nun einmal nicht. Aber er hatte darüber im Aftonbladet gelesen, man hatte darüber in der Schule geredet – und Gott sei Dank, ja, Gott sei gepriesen, hatte er gleich von Anfang an Mamas Befehl gehorcht und kein Wort darüber verlauten lassen, dass er einen Onkel hatte, der auf dem Fucking Island dabei war. Manchmal hatte sie doch recht, das musste man ihr lassen.
    Das Handy war eingeschaltet. Es war kein Code notwendig, um es zu benutzen. Ausgezeichnet, dachte Kristoffer. Jetzt bin ich vom Alkohol mutig geworden – wer hätte gedacht, dass es sich in dieser Stinktierhöhle in diese Richtung entwickeln würde? Jetzt werde ich eine freche, unwiderstehliche SMS an Linda schicken. Verdammte Scheiße, das werde ich!
    Er formulierte sie zunächst in seinem Kopf, dazu brauchte er so gut wie keine Zeit, sie kam leicht und elegant, wie fließendes Wasser. Hi Linda. Bin ein bisschen geil auf dich. Willst du mit mir Weihnachtsgeschenke tauschen? An Birgers Kiosk 21 Uhr Donnerstagabend.
    Das klang gut. Unwiderstehlich gut. Und dann noch: Schreib nicht zurück, ist das Handy meines Bruders. Komm einfach. Kristoffer.
    Er schmunzelte vor sich hin. War das zu verwegen, zu schreiben, dass er geil auf sie war? Ach was, so was wollten Chicks wie Linda doch gerade hören. Man durfte nicht feige sein. Er war sein ganzes Leben lang viel zu feige gewesen, das war der Fehler. Wenn er so weitermachte, würde er nie erfahren, wie … wie es sich anfühlte, mit der Hand über den Schoß einer Frau zu streichen.
    Er drückte auf einen Knopf, und das Display leuchtete auf. Neue Mitteilung stand da.
    Mit anderen Worten: eine neue Mitteilung für Henrik. Hm, dachte Kristoffer. Soll man? Why not? Jetzt lesen? Man brauchte nur auf die YES-Taste zu drücken, Henrik würde es nie erfahren. Und er würde niemals erfahren, dass Kristoffer an Linda gesimst hatte, weil er seine Nachricht augenblicklich wieder löschen würde. Es konnte nur wenige Sekunden dauern, Henriks Nachricht zu lesen. Vielleicht war sie ja von dieser Jenny? Vielleicht war es etwas Freches? Er fragte sich, ob Henrik wohl mit ihr gevögelt hatte. Natürlich hatte er das, was tat man wohl sonst als Student in Uppsala. Rannte zu Treffen, feierte und vögelte in der Gegend herum. Paukte ein paar Stunden am Sonntagnachmittag, damit man mitkam. Kristoffer hoffte, dass er selbst bald dort wäre. Könnte man nur vier, fünf Jahre überspringen, dann … nein, jetzt war dieser Gedanke mit dem Überspringen wieder da. Weg damit, beschloss er, jetzt ging es um Linda Granberg. Hier und jetzt. Oder zumindest um Birgers Kiosk am Donnerstag. Er guckte aufs Display. 00.46 stand dort. Jetzt lesen? Er drückte die YES-Taste.
     
    Henrik, mein Prinz. Ich sehne mich so nach dir. Die Arme um deinen Körper. Dringe in dich ein in meinen Träumen. J
     
    Er las den kurzen Text drei Mal. Verdammte Scheiße, dachte er. Dringe in dich ein? Was hatte das denn zu bedeuten? Hieß das … hieß das nur, dass sie in seine Träume eindringen wollte? Nein, verflucht noch mal, so stand das nicht da. J musste ja wohl für Jenny stehen. Aber was zum Teufel meinte sie damit, dass sie …? War das irgendeine ganz besondere Variante des Beischlafs, die er noch nicht mitbekommen hatte? Aber eine Frau konnte doch wohl verdammt noch mal nicht in einen Mann eindringen? Kristoffer hatte in seinem vierzehnjährigen Leben noch nicht viele Pornofilme gesehen, aber vollkommen unschuldig war er in dieser Beziehung auch nicht. Er wusste ziemlich gut darüber Bescheid, wie die weiblichen Geschlechtsorgane aussahen, in all ihren Aspekten und Phasen, und wozu auch immer man sie benutzen konnte, so konnte man mit ihnen nicht irgendwo eindringen. Ganz im Gegenteil.
    Und wo sollte man denn bei Henrik eindrin …?
    Mein Gott, dachte er. Das sieht ja aus, als ob … das sieht ja aus wie …
    Eine Sekunde lang war

Weitere Kostenlose Bücher