Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
fröhlich. »Es gibt doch nichts, wofür man sich entschuldigen müsste. So, jetzt gibt es gleich Kaffee und Tee.«
Sie ging in die Küche, dicht gefolgt von ihrer ältesten und wohlgeratensten Tochter.
»Verdammt, Walter«, versuchte Kristina theatralisch zu flüstern. »Was sollte das denn?«
Walter Hermansson zuckte mit den Schultern, sah bedrückt aus und trank aus seinem Glas. Anschließend schien es einen Moment lang so, als wolle er etwas sagen, erklären oder etwas in der Art, aber die Gelegenheit verstrich, und es dauerte eine ganze Stunde, bis er zum Zuge kam.
»Ich nehme an, dass ihr auf irgendeine Art von Erklärung wartet.«
Er stellte sein Glas ab, nachdem er fast die letzten edlen Tropfen des Laphroaigh in sich hineingekippt hatte, der doch ein halbes Jahr lang hatte halten sollen. Aber wie dem auch sei, er war auf jeden Fall ziemlich brüderlich unter den Herren verteilt worden. Henrik und Kristoffer nicht mit eingerechnet. Kristina trank ein Glas Rotwein, Ebba weiterhin grünen Tee. Rosemarie wusch ab, Kelvin schlief. Die Uhr zeigte halb zwölf. Jetzt sind wir soweit, dachte Kristina. Jetzt sind die Vorpostengefechte erledigt.
»Oder eine Art von Entschuldigung«, fügte Walter hinzu.
Ein langer Moment des Schweigens folgte.
»Wir warten auf gar nichts, Walter«, erwiderte Kristina. »Ja, natürlich kannst du einen Schluck von meinem Wein trinken, Henrik.«
»Nein, das tun wir ganz und gar nicht, Walter«, erklärte Ebba entschieden, aber etwas zu spät, als dass es noch wirklich überzeugend klang. »Let bygones be bygones, um Himmels willen. Das Einzige, was wir daraus lernen können, ist die Kunst und die Wichtigkeit, etwas zu vergessen. Und zu hoffen, dass auch andere dieser Kunst fähig sind. Oder etwa nicht?«
Sie schaute sich nach Zustimmung um, aber alles, was sie erntete, war ein Achselzucken von Jakob Willnius. Sie wechselte das Thema. »Papa, bist du sicher, dass morgen kein Besuch kommen wird? Henrik, das reicht jetzt.«
»Nun ja, was heißt hier sicher«, brummte Karl-Erik. »Rosemarie hat extra drei Torten und fünf Kilo Kaffee auf Lager, für alle Fälle. Aber wenn jemand auftaucht, dann am Vormittag. Ihr könnt euch ja solange zurückhalten.«
»Woher kannst du wissen, dass sie vormittags kommen?«, wollte Kristina wissen.
»Weil ich es so in der Anzeige formuliert habe«, erklärte Karl-Erik mit einem Gähnen. »Von Gratulationen ist bitte abzusehen. Nach ein Uhr verreist.«
»Das ist ja genial«, sagte Jakob Willnius und hob sein Glas mit den allerletzten Tropfen des Edelwhiskys. »Übrigens kann ich dir Gibraltar empfehlen, wenn du Geschmack an diesem edlen Tröpfchen gefunden hast. Wenn ihr sowieso dort in der Nähe seid. Billigeren Schnaps gibt es in ganz Europa nicht.«
»Ach, wirklich?«, fragte Karl-Erik Hermansson mit neutralem Tonfall. »Nun ja, wir haben ja zwölf, fünfzehn Kubik, wie gesagt.«
»Dann wartet also niemand auf eine Erklärung?«, wiederholte Walter und schaute sich im Zimmer um. »Ich muss sagen, dass ich eine Art von Druck dazu verspüre.«
Kristina stützte sich auf Henriks Knie ab und stand auf. »Walter, komm mal kurz mit mir raus, bitte.«
»Aber gern«, stimmte Walter zu. »Ich brauche eine Zigarette.«
Sie verschwanden, und eine andere Art von Engel ging durch den Raum. Karl-Erik gähnte erneut, und Leif Grundt kratzte sich im Nacken. »Ich glaube, es wird langsam Zeit«, stellte Jakob Willnius fest. »Ich gehe nach oben und mache Kelvin fertig. Schließlich ist morgen ja auch noch ein Tag.«
»Wie ist eigentlich der Standard des Hotels jetzt?«, wollte Ebba plötzlich wissen. »Ich weiß nur, wie es früher war.«
»Du hast doch noch nie im Kymlinge Hotel gewohnt, oder?«, fragte Rosemarie, die gerade das Zimmer betrat. »Möchte noch jemand ein Brot oder etwas Obst?«
»Weder noch, vielen Dank, Mama«, sagte Ebba. »Zu meiner Zeit hatte das Hotel jedenfalls nicht den besten Ruf.«
»Jedenfalls sah es ganz respektabel aus, als wir eingecheckt sind«, versicherte Jakob Willnius. »Keine Huren und keine Kakerlaken, soweit ich es sehen konnte. Aber man weiß ja nie, wie es im Laufe der Nacht werden wird.«
»Obst?«, wiederholte Rosemarie mit einem Hauch von Resignation in der Stimme. »Ein Stück Brot? Irgendetwas?«
»Hast du nicht gehört, dass sie genug haben, mein Täubchen?«, fragte ihr Ehemann. »Nun, wenn ihr nichts dagegen habt, dann ist es jetzt Zeit für die verlorene Generation, sich zurückzuziehen. Aber ihr
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