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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Abwasch zu helfen.
    »Nicht da?«, fragte Rosemarie. »Was meinst du damit, dass er nicht da ist?«
    »Ich meine, dass er nicht da ist, was sonst«, sagte Ebba. »Er hat sein Bett gemacht, aber er ist nicht oben. Und hier unten auch nicht.«
    »Wer ist nicht da?«, wollte Kristina wissen, die im gleichen Moment eintraf, zusammen mit ihrem Ehegatten im Armaniund ihrem Sohn im Matrosenanzug.
    »Was für ein schönes Kleid«, sagte Rosemarie. »Du trägst wohl immer rot. Wie lustig, Ebba trägt meistens blau und du rot. Man könnte fast glauben, dass …«
    »Danke, liebe Mama«, sagte Kristina. »Wer ist nicht da?«
    »Walter natürlich«, sagte Ebba. »Aber er ist sicher nur raus, um spazieren zu gehen und zu rauchen. Er hat ja so einiges, über das er nachdenken muss. Habt ihr gut geschlafen im Hotel?«
    »Danke, ausgezeichnet«, versicherte Jakob, dem Kelvin wie eine Stoffpuppe im Arm hing. Mit dem Jungen stimmt ernsthaft etwas nicht, dachte Rosemarie automatisch.
    »Du siehst ein wenig müde aus, Kristina«, sagte sie mit der gleichen Automatik. Da war etwas am Aussehen der Tochter, worüber sie nicht schweigen konnte. »Ich dachte, ihr hättet mal so richtig ausgeschlafen.«
    »Ich habe zu viel geschlafen«, entgegnete Kristina. »Herzlichen Glückwunsch, Papa. Herzlichen Glückwunsch, Ebba. Wo hast du das Paket gelassen, Jakob?«
    »Verflucht noch mal«, rutschte es Jakob heraus. »Das liegt noch im Auto.«
    »Ich hole es später«, sagte Kristina. »Wie ich mir denken kann, ist es jetzt sowieso noch nicht soweit. Kannst du Kelvin oben schlafen legen?«
    Jakob und Kelvin verließen die Küche. Kommandiert sie ihn herum?, dachte Rosemarie. Wieso habe ich das gestern nicht gemerkt?
    »Ist etwas mit deinem Gesicht passiert, Papa?«, fragte Kristina. »Ich habe den Eindruck, es ist irgendwie anders.«
    »Das ist das Alter«, warf Leif Grundt ein.
    »Ja, ich weiß nicht so recht«, sagte Karl-Erik und strich sich mit beiden Händen über die Wangen. »Ich bin letzte Nacht um halb vier aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen. Ich kann auch nicht sagen, warum, nein, ich fühle mich tatsächlich etwas müde.«
    »Du musst dir die Nasenhaare schneiden«, sagte Rosemarie.
    »Ich denke, Papa sollte ein kleines Nickerchen machen«, bestimmte Ebba. »Hier war schon einiges los heute Morgen, wie wir denjenigen berichten können, die nicht anwesend waren.«
    Ich bin nicht die Einzige, die keine Gefühle für sie aufbringen kann, dachte Rosemarie, sie mögen sich auch gegenseitig nicht. Wenn ich jetzt nicht bald ein Glas Samarin kriege, verbrenne ich innerlich.
    Die Brüder Grundt tauchten in der Türöffnung auf, ordentlich gekämmt und mit Schlips und Kragen.
    »Guten Morgen, ihr Lausebengel«, begrüßte ihr Vater sie gemütlich. »Aber hallo, was habt ihr denn für einen Galgenstrick um den Hals?«
    »Ich denke, jetzt, wo alle versammelt sind, könnten wir ein Tässchen Kaffee trinken und ein paar belegte Brote verdrücken«, sagte Rosemarie Wunderlich Hermansson.

11
    I m Laufe des Nachmittags sank die Temperatur um fünf Grad, und der Schneefall wurde stärker. Der südwestliche Wind drehte sich außerdem auf Nordwest und frischte auf drei bis acht Meter pro Sekunde auf, aber nichts davon legte dem nächsten geplanten Programmpunkt auch nur das geringste Hindernis in den Weg: dem Spaziergang durch die Stadt.
    Seit mindestens fünfundzwanzig Jahren hatte Karl-Erik Hermansson diesen knapp zwei Stunden langen Spaziergang mit den achten Klassen durchgeführt, die er in einem der sozialkundlichen Fächer unterrichtete – um der heranwachsenden Generation ein zumindest rudimentäres Wissen über die eigene Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten beizubringen -, und so groß war der Unterschied zwischen Mai und Dezember ja nun nicht.
    Das Rathaus. Das Schuhmachermuseum. Der alte Wasserturm. Der Hemmelbergsche Hof. Gahnsker Park und die gut erhaltene Rademacher Schmiede am Kymlingschen Wasserfall. Um nur einige Punkte zu erwähnen.
    Für einige der Teilnehmer an diesem Tag war das meiste natürlich altbekannt, aber die Neue Bibliothek war erst vor acht Monaten eingeweiht worden, und noch keiner der Besucher hatte die Gelegenheit gehabt, das fertig restaurierte Altargemälde in der Kirche anzuschauen.
    Außerdem war es schön, einmal rauszukommen. Die Gesellschaft war vollständig, abgesehen von Rosemarie, die in Zusammenarbeit mit ihrer Freundin und Hilfsköchin Ester Brälldin daheimblieb, um das bevorstehende Essen

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