Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
Karl-Erik sollten zu dem gestreiften Lundgren in die Bank fahren, wie es verabredet war. Der Papierkram würde höchstens eine Stunde in Anspruch nehmen, und sollte die Lage immer noch unverändert sein, wenn sie in die Allvädersgatan zurückkehrten, dann würde augenblicklich die Polizei unterrichtet werden.
So sollte es ablaufen. Es gab ja keinen Grund, etwas zu übereilen.
Kristoffer wurde zu diesem Aktionsplan überhaupt nicht gefragt, doch als er wieder auf sein Bett im Hässlichsten Zimmer der Welt zurückkehrte, konnte er etwas verkniffen feststellen, dass er nichts einzuwenden gehabt hätte, auch wenn man ihn gefragt hätte.
Der Schnee fiel weiterhin, und die Stunden vergingen. Rosemarie und Karl-Erik Hermansson fuhren zur Bank und kamen verrichteter Dinge zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kristoffer ungefähr eine Dreiviertelstunde geschlafen und doppelt solange untätig im Zimmer gelegen. Er kam in dem Moment aus dem ersten Stock herunter, als Großvater und Großmutter durch die Haustür traten. Wie sich seine Mutter und sein Vater die Nachmittagsstunden vertrieben hatten, das wusste er nicht, aber auch sie waren eine Minute später in der Küche zur Stelle.
Großmutter schaute Ebba an, Ebba schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren rotgerändert, Kristoffer war klar, dass sie noch mehr geweint hatte, und er fühlte angesichts dieser Tatsache eine Hilflosigkeit, wie er sie noch nie in seinem Leben verspürt hatte. Eine Art festgefrorene Panik, ja, ungefähr so war es.
Nach äußerst kurzer Beratung fiel das Los auf Karl-Erik, die beschlossene Aufgabe umzusetzen.
Während er mit dem Hörer in der Hand dastand und auf eine Antwort wartete, schlug die Uhr im Speisezimmer zwei Mal, um zu unterstreichen, dass es halb sieben war. Es war Mittwoch, der 21. Dezember, und Walter Hermansson und Henrik Grundt waren verschwundener als je zuvor.
16
I nspektor Gunnar Barbarotti hätte auch ebenso gut Giuseppe Larsson heißen können.
Als er am 21. Februar 1960 zur Welt kam, waren sein Vater Giuseppe Barbarotti und seine Mutter Maria Larsson sich in einer einzigen Sache vollkommen einig. Sie wollten nie wieder etwas miteinander zu tun haben.
In allen anderen Dingen waren sie unterschiedlicher Meinung. Beispielsweise was den Namen des frischgeborenen Knaben (3880 Gramm, 54 Zentimeter) betraf. Giuseppe war der Meinung, er solle italienisch klingen, Schwedisch war die Sprache von Bauern und Trotteln, und wollte man dem Jungen einen guten Start ins Leben bieten, dann war es wichtig, dass er einen Namen bekam, der etwas taugte.
Mama Maria wollte nicht auf solch gefühlsduseliges südeuropäisches Geschwätz hören. Der Sohn sollte einen gesunden, urnordischen Namen bekommen. Mit einem Makkaroni-und Tangotänzernamen in die Schule zu kommen, würde ihn von Anfang an zum Außenseiter und Sündenbock stempeln. Giuseppe konnte seinen Schnurrbart färben und in wärmere Gefilde reisen, aber mit dem Namen des Jungen hatte er nichts zu tun.
Giuseppe erklärte, dass es sich hierbei um eine so wichtige Sache handle, dass er ernsthaft in Erwägung ziehen müsse, sie zu heiraten, wenn Maria weiterhin plane, sich querzustellen, um auf diese Art und Weise seinen rechtmäßigen Einfluss über den Namen seines Erstgeborenen zu erlangen. Und über alles andere auch.
Schließlich kam es zu einem Kompromiss, auf den klugen Rat von Marias älterer Schwester Inger hin, die ganz allein eine Würstchenbude in Katrineholm betrieb. Die italienische Sprache war trotz allem nicht zu verachten, wie sie meinte, und wenn man die Dinge miteinander kombinieren konnte, dann war das Ergebnis oft besser, als wenn man blind auf das Entweder-Oder starrte. Schließlich war Würstchen mit Brot ja auch Würstchen mit Würstchen vorzuziehen. Oder Brot mit Brot.
Also wurde es Gunnar , nach dem dahingeschiedenen und schmerzlich vermissten älteren Bruder der Schwestern, und Barbarotti nach dem Kindesvater – der, noch während die Mutter auf der Wöchnerinnenstation lag, es für das Beste hielt, seine Siebensachen zu packen und zurück nach Bologna zu ziehen. Beide Parteien schienen zumindest zur Hälfte mit der vorgeschlagenen Lösung zufrieden zu sein, und keiner fand, dass Giuseppe Larsson irgendwie vernünftig klang.
Was, wenn man genau sein wollte, besagte, dass sie sogar in zwei Dingen einer Meinung waren.
Als Gunnar Barbarotti von seiner Ehefrau Helena verlassen wurde – vor vier Jahren, im Alter von einundvierzig -, geschah es, dass er
Weitere Kostenlose Bücher