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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Elfenbeinküste vorzog.
    Nun ja, hatte Barbarotti seine frühere Ehefrau zu trösten versucht, als er von den Ereignissen erfuhr. Zumindest scheint er dann ja kein Rassist zu sein.
    Helena hatte trotzdem einen Nervenzusammenbruch erlitten – und als Zugabe hatte auch noch ihr Vater oben in Malmberg gleichzeitig seinen ersten Schlaganfall erlitten. Den er verhältnismäßig glücklich überstanden hatte. Er überlebte, das jedoch mit deutlicher linksseitiger Lähmung – eine Ironie des Schicksals, wie Gunnar Barbarotti fand, war der alte Bergarbeiter doch sein Leben lang Kommunist gewesen. Diese beiden Dinge zusammengenommen – die schwarze Bauchtänzerin und der vom Schlag getroffene Grubenarbeiter – hatten Barbarotti weich werden lassen. Nach einigen tränenreichen Telefongesprächen war er damit einverstanden gewesen, mit Sara in die nördliche Bergbaustadt zu fahren und so ein richtiges Familienweihnachten unter dem Polarstern zu feiern. Großmutter und Großvater. Gunnar und Helena. Die drei Kinder.
    Die Zusage war Mitte Oktober abgegeben worden, und seitdem hatte er sie jeden Tag aufs Neue bereut. Wenn es Menschen auf dieser Welt gab, mit denen Gunnar Barbarotti nur schwer auskam, dann waren es seine ehemaligen Schwiegereltern.
    Deshalb das Gebet.
     
    O Herr, du, der du für den Anwesenden nicht wirklich existierst, aber den es vielleicht doch gibt, mach diese Reisepläne zunichte. Lass mich davonkommen, lass Sara davonkommen, gönne mir und meiner Tochter ein ruhiges Weihnachtsfest hier in unserem Heim in Kymlinge mit Pasta, Hummer und Trivial Pursuit und ein paar guten Büchern – und einer Christmette, wenn wir es schaffen – statt dieses miserablen Familienbegräbnisses mit sieben Personen in einem engen Eternithaus mit vier Zimmern und Frostschäden, geistiger Finsternis und auf dem Gefrierpunkt angelangten Beziehungen und einem mürrischen Altkommunisten mit linksseitiger Lähmung und seiner vergrämten Frau. Tu, was du willst, o Herr, aber lasse niemanden deshalb zu Schaden oder Schande kommen, nur so als Tipp könnte ich mir vorstellen, auf dem Eis auszurutschen und mir einen kleineren Knochen im Leibe zu brechen oder einen nicht zu dicken Eiszapfen auf den Kopf zu bekommen, ich bin bereit, mich soweit zur Verfügung zu stellen, aber du weißt es am besten, o Herr. Der Zug geht um 13.25 Uhr, es bleibt nur noch wenig Zeit. Danke schon im Voraus, es geht wie gesagt um drei Punkte. Amen.
     
    Gunnar Barbarotti schaute auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten nach neun. Er hatte ein halbes Frühstück im Bett eingenommen und eine ganze Zeitung gelesen. Es war an der Zeit, aufzustehen und sich einen Kaffee zu kochen. Sich unter die Dusche zu stellen und auf ein Wunder zu hoffen.
    Auf dem Weg zum Badezimmer kam er an Saras Zimmer vorbei, überlegte einen Moment lang, ihr einen ersten Weckruf zuteil werden zu lassen, ließ es dann aber sein. Sie konnte gut und gern noch eine Stunde schlafen. So wie er sie kannte, hatte sie ihre Tasche bereits am Abend zuvor gepackt, und morgens pflegte sie überdies immer ein Wunder an Effektivität zu sein.
    Übrigens war sie überhaupt ein Wunder, dachte er, während er unter der Dusche stand, nicht nur morgens. Er hatte irgendwo gelesen (wahrscheinlich bei Klimke), dass unter allen Freuden auf der Welt, die einem Manne widerfahren können, keine sich mit der Freude messen ließ, die ihm eine kluge, gute Tochter schenken konnte.
    Vollkommen richtig, konstatierte Gunnar Barbarotti und klatschte sich Shampoo in sein ausgedünntes Haar, und was könnte eine geruhsame Weihnachtszeit mit fünf freien Tagen mit so einer Tochter noch toppen?
    Nichts, rein gar nichts, o Herr, also erhöre mein Gebet.
     
    Das Wunder, das Gottes Existenz über Weihnachten sicherstellte, war zweigeteilt und ereignete sich zwischen Viertel vor zehn und fünf vor zehn.
    Zuerst war es Kommissar Asunander, der anrief.
    Asunander war Leiter der Kriminalabteilung bei der Kymlinger Polizei und Barbarottis direkter Vorgesetzter. Er bat ganz fürchterlich um Entschuldigung, und wenn Gunnar Barbarotti den Ball nicht selbst annehmen wolle, dann brauche er ihn nur an Backman weiterzugeben.
    Barbarotti entschied sich, nichts zu den einleitenden Fußballmetaphern zu sagen. Eva Backman war seine Kollegin und eine gute Freundin, und auch ihr war es gelungen, über die Weihnachtstage frei zu bekommen. Was sie auch dringend brauchte, wie Gunnar wusste, da ihre Ehe vermutlich einen Punkt erreicht hatte, an dem die

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