Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
erstattende Karl-Erik Hermansson hatte nicht die geringste Ahnung, was mit den beiden vermissten Personen geschehen sein konnte, er vermochte auch nicht zu sagen, ob das Verschwinden der beiden in irgendeiner Weise miteinander zusammenhing.
Am Vorabend war gegen zehn Uhr eine Suchmeldung herausgegangen, aber bis jetzt hatte sich noch niemand gemeldet, der etwas gesehen hatte.
Ein Detail, das der Anzeigende selbst nicht erwähnt hatte, das aber schließlich doch zu Tage gekommen war, war die Tatsache, dass der zuerst Verschwundene, Walter Hermansson, identisch war mit dem Dokusoap-Teilnehmer der Fernsehsendung »Die Gefangenen auf Koh Fuk« gleichen Namens, der zwischenzeitlich Berühmtheit erlangt hatte.
»Wichs-Walter?«, hatte Barbarotti gefragt.
Sorgsen hatte diese Bezeichnung nicht selbst in den Mund genommen, aber zustimmend genickt.
Als er das Revier verließ, erinnerte er sich daran, wie Asunander den Fall beschrieben hatte: Eine merkwürdige Geschichte. Der Kommissar war nicht dafür bekannt, zu übertreiben, und er hat es auch dieses Mal nicht, dachte Gunnar Barbarotti, als er in sein Auto stieg und Kurs auf die Allvädersgatan hinten in Väster nahm.
Eine zweifache Vermisstenmeldung am dunkelsten Tag des Jahres? Ja, merkwürdig konnte man das wirklich nennen.
Karl-Erik Hermansson sah bleich, aber gefasst aus, seine Ehefrau Rosemarie wirkte eher gespalten. Barbarotti hatte einen Augenblick überlegt, inwieweit er der Grundregel folgen sollte, die Informanten immer nur einzeln zu befragen, beschloss aber, dieses Mal von ihr abzuweichen.
Zumindest für den Anfang. Wenn ein intensiveres Verhör notwendig sein sollte, konnte er sie immer noch einen nach dem anderen drannehmen. Man saß im Wohnzimmer, das etwas zu vollgestellt war, wie Inspektor Barbarotti fand – mit dieser Heterogenität an Stilen und Farben, die von einem langen gemeinsamen Leben der beiden Bewohner zeugte, die nicht nennenswert von dem kostspieligen Leitstern gestört worden waren, der guter Geschmack genannt wird. Die Sitzgruppe aus dunkelbraunem Leder war mitten aus den Siebzigern, die sahnefarbene Vitrine mit gedämpfter Beleuchtung von einem deutlich späteren Datum, an den Wänden hing ein Meer kunterbunter Bilder mit Rahmen, die dem Motiv jede Kraft aussogen, und die Tapeten gingen ins Blassgelbe und Bläuliche mit einer bordeauxfarbenen Blumengirlande als Bordüre. Auf dem gediegenen Kieferntisch hatte Rosemarie zum Kaffee gedeckt, einen weichen Kuchen vom Typ Pfefferkuchen sowie vier Sorten Kekse. Das Porzellan war blaugeblümt, die Servietten weihnachtlich rotgrün, aber Scheiß drauf, dachte Gunnar Barbarotti, er war ja nun weiß Gott nicht hergekommen, um einen Bericht über die Inneneinrichtung zu schreiben.
»Mein Name ist also Inspektor Barbarotti«, begann er. »Ich bin gekommen, um mich um den Fall zu kümmern und zu versuchen, ihn zur Zufriedenheit aller zu lösen.«
»Den Fall?«, sagte Rosemarie Hermansson und ließ ein Stück weichen Kuchen auf ihren Schoß fallen.
»Das hoffen wir doch«, sagte ihr Ehemann.
»Dann lassen Sie uns zunächst die Fakten durchgehen«, schlug Gunnar Barbarotti vor und klappte seinen Notizblock auf. »Sie hatten also die Familie zu einer kleinen Feier versammelt aus Anlass von …?«
»Aus dem Anlass, dass meine Tochter Ebba und ich am selben Tag Geburtstag haben«, erklärte Karl-Erik Hermansson prompt und richtete seinen glänzenden, grünmelierten Schlips. »Außerdem sind es in diesem Jahr auch noch runde Geburtstage. Ich bin fünfundsechzig geworden, Ebba vierzig.«
»An welchem Tag?«, fragte Barbarotti.
»Am Dienstag, dem zwanzigsten. Also vorgestern. Ja, es handelte sich nur um eine kleine Familienzusammenkunft in aller Schlichtheit. Wir haben uns nie etwas aus dem Pompösen gemacht, meine Frau und ich. Oder, Rosemarie?«
»Nein, ja«, stimmte Rosemarie Hermansson zu.
»Unsere drei Kinder und ihre Familien also. Insgesamt waren wir zehn Personen … darunter ein Eineinhalbjähriger, unser jüngstes Enkelkind. Ja. Alle sind am Montag eingetroffen, das Fest selbst fand also am nächsten Tag statt … am Dienstag, wie ich schon gesagt habe.«
»Aber da war bereits eine Person verschwunden?«, fragte Barbarotti und probierte vorsichtig den Kaffee. Zu seiner Verwunderung war er sowohl stark als auch gut. Ich habe Vorurteile, dachte er. In jeder Hinsicht.
»Ja, das stimmt, ja«, bestätigte Karl-Erik Hermansson und nickte nachdenklich. »Obwohl ich fürchte, dass wir zu
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