Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
spielte immer und immer wieder die CD von Mercedes Sosa – es gab nicht viele Platten im Haus, die sowohl Sara als auch ihm gefielen, Mercedes Sosa war eine davon. Er bereitete ein Omelett mit gedämpftem Gemüse. Sara aß zwei Happen und erklärte, es sei einfach super. Sie maß die Temperatur, sie war auf 38,5 gesunken. Er fragte nach den Symptomen, und sie erklärte ihm, dass ihr der Hals weh tue. Irgendwie hatte sie keine Kraft, der ganze Leib tat ihr weh. Sie musste einfach nur schlafen.
Das tat sie dann auch, nachdem er vorher das Bett frisch bezogen und gelüftet hatte. Dann ließ er die Tür zu ihrem Zimmer einen Spalt offen stehen, das gab zumindest die Illusion einer Form von Beisammensein – aber dieser Kokon aus warmer, dämmriger Gemütlichkeit und leiser Vorfreude auf Weihnachten, mit ein wenig Geschäftigkeit, ein paar Nüssen und ein paar Süßigkeiten, wollte sich nicht einstellen. Nicht einmal ansatzweise. Was teilweise natürlich daran lag, dass die Zutaten fehlten – sowohl Nüsse als auch Süßigkeiten, und außerdem etwas, mit dem man sich hätte beschäftigen können. Wie auch begeisterte Akteure. Gewisse Dinge ließen sich ganz einfach besser auf Abstand und in der Phantasie bewerkstelligen.
Aber immerhin taten Mercedes Sosa und die Kerzen alles, was sie konnten. Und die Alvedon hatte auch gewirkt, die Kopfschmerzen waren verflogen. Gegen neun Uhr rief Helena aus Malmberg an und berichtete etwas säuerlich (aber nicht so sauer, wie er erwartet hatte), dass man sie vermisste, aber dass es allen gutging. Es lagen zwei Meter Schnee, es war fünfundzwanzig Grad kalt, und ihr Vater schien die Lage mit Gleichmut zu nehmen. Gunnar Barbarotti sprach mit seinen beiden Söhnen, mit jedem jeweils fünf Minuten, bekam zu hören, dass die Oma ein Pfefferkuchenhaus gebacken hatte, das so schief war, als wäre eine Bombe eingeschlagen, und dass sie am nächsten Tag den Dundret hinunter Ski fahren wollten. Er erklärte, wie leid es ihm tue, dass er nicht bei ihnen sein könne, und dass sie ihre Weihnachtsgeschenke zum Neuen Jahr statt zum Heiligabend bekämen.
Als er das Gespräch beendet hatte, kontrollierte er noch einmal die Lage bei Sara im Zimmer. Sie schlief wie ein Stein. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ließ sich am Küchentisch nieder. Begann seine Notizen von den Gesprächen mit der Familie Hermansson durchzusehen und versuchte sich vorzustellen, was eigentlich passiert sein mochte.
Das war nicht leicht. Zwei Menschen waren aus demselben Haus mit einem Tag Zeitabstand spurlos verschwunden. Niemand von denen, mit denen er gesprochen hatte, hatte eine Ahnung, wohin sie gegangen sein konnten.
Mitten in der Nacht hatten sie sich irgendwohin aufgemacht. An den gleichen Ort?, fragte sich Gunnar Barbarotti. War das möglich?
Es fiel ihm schwer, das zu glauben. Alle Informationen, die er bekommen hatte, deuteten darauf hin, dass Walter Hermansson und Henrik Grundt nur sehr wenig miteinander zu tun hatten. Sie waren verwandt, aber das war auch alles, Onkel und Neffe, aber keines der übrigen Familienmitglieder konnte sich daran erinnern, dass sie am Montagabend überhaupt miteinander geredet hätten, während sie sich noch im Haus in der Allvädersgatan befanden.
Aber beide waren noch aufgeblieben, wie er sich erinnerte. Und wenn er es richtig verstanden hatte, dann war es ein Quartett gewesen, das noch zusammengesessen hatte, nachdem die anderen an diesem Abend ins Bett gegangen waren. Das Geschwisterpaar Walter und Kristina Hermansson und das Geschwisterpaar Kristoffer und Henrik Grundt.
Und dann war Walter Hermansson hinausgegangen, eine zu rauchen, und verschwunden.
Und in der folgenden Nacht hatte Henrik Grundt sein Bett verlassen und war verschwunden.
So sah es aus.
Warum? Gunnar Barbarotti schüttelte verärgert den Kopf und trank einen Schluck Bier. Wenn das kein merkwürdiger Fall war! Er hatte das Gefühl, dass es gar nicht möglich war, überhaupt sinnvolle Fragen zu stellen.
Aber es war zu hoffen, dachte er, es war wirklich zu hoffen, dass er zumindest einen Arbeitsplan skizzieren konnte. Was er tun musste, um zu versuchen, in dieser Geschichte weiterzukommen.
Suchmeldungen nach den beiden Verschwundenen waren natürlich die erste Möglichkeit. Diese Aufgabe war bereits erledigt. Morgen würden sich ihre Fotos in der Zeitung befinden, und vielleicht hatte ja irgendein aufgeweckter Mitbürger etwas gesehen. Einen Schimmer von dem einen oder dem anderen auf dem
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