Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
Das steht allerdings keineswegs im Widerspruch zur nonverbalen Bedeutung der Geste, da auch Kälte ein Ausdruck von Unbehagen sein kann. Menschen, die sich während einer Befragung unwohl fühlen (zum Beispiel Verdächtige bei polizeilichen Ermittlungen, Kinder, die Ärger mit ihren Eltern haben, oder ein Angestellter, der wegen ungebührlichen Verhaltens zu seinem Vorgesetzten gerufen wird), klagen im Gespräch oft darüber, dass ihnen kalt ist. Ihnen ist nicht bewusst, dass das limbische Gehirn in schwierigen oder brenzligen Situationen verschiedene Körpersysteme aktiviert, um sich auf eine nachfolgende Überlebensreaktion vorzubereiten, das heißt also auf Schockstarre, Flucht oder Kampf. Dies hat zur Folge, dass das Blut weg von der Körperoberfläche (der Haut) in Richtung der großen Muskeln der Gliedmaßen kanalisiert wird, falls diese Muskeln benötigt werden, um zu fliehen oder die Bedrohung zu bekämpfen. Da das Blut in diese lebenswichtigen Bereiche gebracht wird, verlieren manche Menschen ihren normalen Teint und erblassen oder sehen so aus, als stünden sie unter Schock. Und weil über das Blut die Temperatur an unserer Körperoberfläche gesteuert wird, bewirkt sein Abzug in tiefere Muskelbereiche, dass wir frieren (siehe Kasten 22) (LeDoux, 1996, 131-133). In der zuvor geschilderten Befragung zum Beispiel, in der der junge Mann das Kissen umschlungen hielt, beschwerte
Kasten 22
WARUM UNS MANCHE DINGE AUF DEN MAGEN SCHLAGEN
Haben Sie sich je gefragt, warum Ihr Magen verrückt spielt, wenn Sie sich am Esstisch streiten? Wenn Sie sich aufregen, fehlt dem Verdauungstrakt das Blut, das er für eine reibungslose Verdauung benötigt. Wir haben vorhin gelernt, dass das limbische System unserer Haut Blut entzieht, um es in Vorbereitung einer Stressreaktion zum Herzen und in die Muskulatur der Gliedmaßen zu pumpen. Und genau dasselbe
geschieht auch mit dem Blut im Verdauungstrakt. Das flaue Gefühl im Magen, das man daraufhin verspürt, ist ein Symptom für die jeweilige Erregung und die Reaktion des limbischen Systems. Auch ein Kind, das mitansehen muss, wie seine Eltern am Esstisch eine Meinungsverschiedenheit austragen, verliert mit Sicherheit seinen Appetit; sein limbisches System hat die Nahrungsaufnahme und Verdauung vorzeitig beendet, um auf eine eventuelle Flucht vorbereitet zu sein. Analog dazu
ist es interessant, zu sehen, wie viele Menschen sich nach einem traumatischen Erlebnis übergeben. In Notsituationen ist der Körper
grundsätzlich der Überzeugung, dass keine Zeit für die Verdauung bleibt; als Reaktion darauf erleichtert er sich und bereitet sich auf die Flucht oder den Kampf vor (Grossmann, 1996, 67-73).
er sich die ganze Zeit, ihm sei kalt, obwohl ich die Klimaanlage ausgeschaltet hatte. Weder sein Vater noch ich froren; er war der Einzige, dem die Zimmertemperatur nicht behagte.
Die Verbeugung
Das Beugen des Oberkörpers in der Taille wird fast überall auf der Welt als Zeichen der Untertänigkeit und des Respekts ausgeführt - oder, wenn jemand seinerseits mit Applaus geehrt wird, als Geste der Demut. Achten Sie einmal darauf, wie Japaner und, heutzutage in weniger starker Ausprägung, auch Chinesen sich aus Respekt und Ehrerbietung verbeugen. In vielen Kulturen zeigt jemand, der einen Kotau macht oder eine leicht gebeugte Haltung einnimmt, seine Dienstbarkeit oder seinen niedrigeren sozialen Status.
Dem durchschnittlichen Europäer oder Amerikaner fällt diese Geste nicht so leicht, vor allem wenn er sie bewusst ausführen soll. Nachdem wir jedoch heute über unseren Tellerrand schauen und in immer intensiveren Kontakt mit verschiedenen Ländern des Nahen und Fernen Ostens treten, schadet es uns nicht, zu lernen, wie man sich angemessen verbeugt, vor allem im Umgang mit älteren Leuten, die unsere besondere Achtung verdienen. Diese einfache Respektsbezeugung wird uns in Kulturen, in denen sie üblich ist, eher einen Vorteil verschaffen (siehe Kasten 23). Übrigens schlagen Osteuropäer, vor allem älteren Jahrgangs, teilweise immer noch gerne die Hacken zusammen und verbeugen sich dabei leicht. Jedes Mal, wenn ich diese Geste sehe, denke ich daran, wie schön es doch ist, dass Menschen sich auf diese Weise immer noch Anerkennung und Respekt zollen. Ob bewusst oder unbewusst ausgeführt, die Verbeugung ist ein nonverbales Verhalten, mit dem man seine Hochachtung bezeugt.
Kleider machen Leute
Weil nonverbale Kommunikation auch Symbole einschließt, müssen wir uns ebenfalls
Weitere Kostenlose Bücher