Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
aufhalten, sollte das zumindest Ihr Interesse wecken und weitere Beobachtungen veranlassen. Wenn Armbewegungen abrupt eingestellt werden, kann das eine Variante der Schockstarre sein, die das limbische System auslöst. Für das missbrauchte Kind kann dieses adaptive Verhalten überlebenswichtig sein.
Mein Beruf ist mir einfach in Fleisch und Blut übergegangen. Immer wenn ich Kinder auf dem Spielplatz sehe, kann ich nicht anders, als einen unauffälligen Blick auf ihre Arme zu werfen und diese nach Verletzungen oder Quetschungen abzusuchen. Leider ist Kindesmisshandlung ein sehr häufiges Delikt und so lernte ich während meiner Ausbildung, gezielt Ausschau nach Zeichen der Verwahrlosung und Gewaltanwendung bei Kindern und anderen schutzbedürftigen Personen zu halten. Nicht nur als Ergebnis meiner beruflichen Laufbahn in der Strafverfolgung, sondern auch aus meiner eigenen Erfahrung als Vater weiß ich, wie und wo Prellungen entstehen, wenn ein Kind versehentlich fällt oder sich stößt. Das geschulte Auge erkennt also daran, wo sich die Verletzung befindet und wie sie aussieht, ob es sich um einen harmlosen Sturz oder um einen Missbrauchsfall handelt.
Wie gesagt: Es ist eine vorhersehbare Reaktion des limbischen Gehirns, dass Menschen ihre Arme benutzen, um sich zu schützen. Weil auch Kinder Gefahren zuerst mit den Armen abwehren (wenn jemand beispielsweise etwas nach ihnen wirft), ist ein hochgehaltener Arm oft das erste Körperteil, das ein gewalttätiger Erwachsener zu fassen bekommt. Eltern, die auf diese aggressive Weise nach ihren Kindern greifen, hinterlassen auf der ventralen (inneren) Seite der Arme Druckstellen. Vor allem wenn der Elternteil das Kind schüttelt, nachdem er es dort gepackt hat, werden die Abdrücke eine relativ dunkle Farbe annehmen (hervorgerufen durch den Druck der Finger) und aufgrund ihrer Größe wird man eindeutige Schlüsse ziehen können.
Während Ärzte und Polizeibeamte solche Druckstellen bei jungen Opfern oder Patienten routinemäßig zu sehen bekommen, sind sich viele von uns der Verbreitung oder Bedeutung dieser Male bis heute nicht bewusst. Wenn wir aber lernen, Kinder sorgfältiger zu beobachten und auf sichtbare Zeichen von Missbrauch zu achten, können wir alle dazu beitragen, sie besser zu schützen. Ich möchte Sie nicht verunsichern oder übertrieben argwöhnisch machen, sondern nur zur Wachsamkeit anhalten. Je mehr man als fürsorglicher Erwachsener über das Erscheinungsbild von Abwehr- und Missbrauchsverletzungen bei Kindern weiß und danach Ausschau hält, umso sicherer werden unsere Kinder sein. Wir möchten schließlich, dass sie glücklich sind und ihre Arme vor Freude in die Luft schwingen - und nicht ängstlich und verschüchtert an den Körper pressen.
Kasten 29
VERRÄTERISCHES VERHALTEN
Eine meiner frühesten Beobachtungen, was dieses Verhalten angeht, liegt über 35 Jahre zurück. Damals war ich in einer Buchhandlung als Ladendetektiv tätig und sollte Diebe überführen. Von einer erhöhten Position oberhalb der Verkaufsfläche aus lernte ich schnell, diese Kleinkriminellen auszumachen. Als ich erst einmal die typische Körpersprache von Ladendieben verstanden hatte, konnte ich sie auf Anhieb erkennen - überraschenderweise bereits in dem Moment, in dem sie das Geschäft betraten, also noch bevor sie überhaupt etwas gestohlen hatten. Zuerst einmal tendierten diese Menschen dazu, sich besonders häufig umzusehen. Zweitens neigten sie dazu, weniger Armbewegungen zu machen als herkömmliche Kunden. Es schien, als würden sie versuchen, eine möglichst kleine Angriffsfläche zu bieten, während sie im Laden umherschlenderten. Ihre sparsamen Armbewegungen führten jedoch dazu, dass sie mir nur umso mehr auffielen und ich sie auf frischer Tat ertappen konnte.
Unterdrückte Armbewegungen sind allerdings nicht auf Kinder beschränkt. Man sieht dieses Verhalten auch bei Erwachsenen - aus einer Vielzahl von Gründen (siehe zum Beispiel Kasten 29).
Ein Freund von mir, ein Zollfahnder in Yuma, Arizona, erzählte mir einmal, dass er immer darauf achte, wie jemand seine Handtasche oder Geldbörse halte, wenn er in den Bundesstaat einreise. Wer sich Sorgen um den Inhalt seiner Tasche macht - etwa weil dieser besonders wertvoll und/oder illegal ist -, hält sie grundsätzlich fester umklammert, vor allem wenn er sich dem Zollschalter nähert. Wir schützen unbewusst also nicht nur besonders wichtige Dinge mit den Armen, sondern auch solche, die unbemerkt
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