Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
Entgegenkommen oder keinen Kompromiss gibt, geht immer einer als »Verlierer« aus einer solchen Situation hervor - und niemand fühlt sich gern unterlegen.
Man sieht auch territoriale Verhaltensweisen in Konferenz-und Tagungsräumen, wenn beispielsweise eine Person ihre Unterlagen vor sich ausbreitet und ihre Ellbogen einsetzt, um auf Kosten anderer einen möglichst großen Teil des Konferenztischs zu erobern. Laut Edward Hall ist Territorium mit Macht gleichzusetzen (Hall, 1969; Knapp & Hall, 2002, 158-164). Wenn jemand ein Revier für sich beansprucht, hat das eigentlich immer Konsequenzen - sowohl lang- als auch kurzfristige - und je nach Situation kann es zu unterschiedlich großen Auseinandersetzungen kommen. Territoriale Streitigkeiten reichen von einem leichten Anrempeln in der überfüllten U-Bahn bis hin zu einem bewaffneten Konflikt zweier Länder, wie etwa der Falklandkrieg zwischen Argentinien und Großbritannien (Knapp & Hall, 2002, 157-159). Hier sitze ich nun also, Monate nach dem Flug nach Calgary, und während ich dieses Kapitel überarbeite, spüre ich immer noch dasselbe Unbehagen wie damals, als mein Sitznachbar praktisch die gesamte Armlehne in Beschlag genommen hatte. Territoriale Gesten sind im Alltag sehr wichtig für uns und wir nutzen unsere Arme, um unsere Dominanz anderen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, die uns unseren Raum streitig machen.
Achten Sie einmal darauf: Sehr souveräne, sozial angesehene Personen beanspruchen allein mit ihren Armen ein größeres Territorium als weniger selbstbewusste Mitmenschen mit geringerem sozialem Status. Ein dominanter Mann zum Beispiel legt seinen Arm um den Stuhl neben sich, um jeden wissen zu lassen, dass dieser Bereich ihm gehört. Entsprechend könnte er seinen Arm auch selbstbewusst um die Schultern einer Frau legen, mit der er verabredet ist, um ihre Zugehörigkeit zu signalisieren. Für das Verhalten an Tischen ist festzustellen, dass höhergestellte Menschen unmittelbar nach dem Platznehmen normalerweise relativ viel Territorium beanspruchen und hierzu ihre Arme oder Gegenstände (Aktentasche, Geldbörse, Unterlagen) ausbreiten. Wenn Sie eine neue Arbeitsstelle antreten, sollten Sie nach Kollegen Ausschau halten, die sich derartig verhalten. Speziell am Konferenztisch wird Raum mit Macht und Status gleichgesetzt. Beobachten Sie genau und lassen Sie sich diese nonverbalen Verhaltensmuster nicht entgehen; nutzen Sie dieses Wissen, um den wahren - oder wahrgenommenen -
Status eines Menschen zu bewerten. Dasselbe gilt natürlich auch für das exakt gegenteilige Verhalten. Eine Person, die am Konferenztisch mit angelegten Armen und den Händen im Schoß auf ihrem Stuhl sitzt, sendet klar und deutlich die Botschaft aus, dass sie sich schwach und unsicher fühlt.
In die Hüften gestemmte Arme
Ein häufiges Revierverhalten, das den Eindruck von Autorität vermittelt, sind in die Hüften gestemmte Arme. Die Ellbogen bilden dabei jeweils ein V und die Hände stützen sich auf den Hüftknochen ab (die Daumen zeigen dabei nach hinten). Beobachten Sie einmal Polizeibeamte oder uniformierte Soldaten, wenn sie sich miteinander unterhalten. Sie nehmen fast immer diese Pose ein. In der Ausbildung lernen sie, dass man mit dieser Haltung Autorität ausstrahlt - im privaten Bereich kommt das betont autoritäre Auftreten allerdings meist nicht so gut an. Ehemalige Armeeangehörige, die in der Geschäftswelt Fuß zu fassen versuchen, täten also gut daran, dieses Verhalten (siehe Abbildung 40), das Zivilisten oft als etwas beunruhigend empfinden, einzustellen oder zumindest seltener an den Tag zu legen (siehe Kasten 31).
Für Frauen kann diese Haltung jedoch ganz nützlich sein. Ich habe schon mehrfach weiblichen Führungskräften beigebracht, dass dies eine eindrucksvolle nonverbale Machtdemonstration ist, die sie einsetzen können, wenn sie männliche Kollegen im Vorstandszimmer zur Rede stellen müssen. Mit dieser Haltung können sie sehr wirkungsvoll zum Ausdruck bringen, dass frau ihren Standpunkt selbstbewusst vertritt und sich nicht schikanieren lässt. Nur allzu oft werden junge Frauen, die eine Arbeitsstelle neu antreten, von Männern auf nonverbale Weise gegängelt, indem diese im Gespräch eine derartige dominante Haltung einnehmen, um möglichst viel Raum zu beanspruchen (siehe Abbildung 41). Wenn sie dieses Verhalten nachahmen oder - noch besser - von vornherein einsetzen, dann kann es gerade solchen Frauen einen beruflichen Vorteil
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