Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
immer ratsam, die persönlichen und kulturellen Eigenheiten eines Menschen zu kennen, bevor man dies tut. Grundsätzlich aber ist die eben beschriebene kurze Berührung eine gute und unverfängliche Möglichkeit, um Kontakt herzustellen und den anderen
SICH UMARMEN LASSEN
Vor Jahren forderte mich einmal ein Strafverteidiger bei einem Spionageverfahren in Tampa, Florida, heraus, als er versuchte, mich bloßzustellen oder in Verruf zu bringen, indem er mir die Frage stellte: »Mr. Navarro, trifft es zu, dass Sie meinen Klienten bei jedem Treffen umarmt haben?« Ich entgegnete daraufhin: »Das war keine Umarmung, sondern ein Abrazo - ein kleiner, aber feiner Unterschied.« Ich legte eine Kunstpause ein und ergänzte: »Und es war für mich auch eine gute Möglichkeit, zu überprüfen, ob der Angeklagte bewaffnet war; schließlich hat er ja schon einmal eine Bank ausgeraubt.« Verblüfft stellte der Verteidiger daraufhin seine provokanten Fragen ein. Ihm war nämlich nicht bekannt gewesen, dass sein Klient zuvor einen bewaffneten Banküberfall begangen hatte.
Seltsamerweise ging die Abrazo-Geschichte damals durch die gesamte Lokalpresse, so als hätten die Einwohner von Tampa und Ybor City (beides Städte mit einem hohen hispanischen Bevölkerungsanteil) noch nie etwas von einem Abrazo gehört. Später sind der betreffende Anwalt und ich übrigens enge Freunde geworden. Er ist mittlerweile zum Bundesrichter aufgestiegen und inzwischen lachen wir schon seit fast 20 Jahren gemeinsam über den »Abrazo-Vorfall«.
wissen zu lassen, dass man ihm wohlgesinnt ist. In den Mittelmeerländern, Südamerika und dem arabischen Kulturkreis gelten Berührungen als wichtiger Bestandteil der Kommunikation und sozialen Harmonie. Reagieren Sie also bitte nicht schockiert, verblüfft oder gar verärgert, wenn Ihnen auf Reisen Menschen begegnen, die Ihren Arm berühren (vorausgesetzt, sie tun dies auf die eben beschriebene angemessene Weise). Dies ist nämlich ein nonverbales Signal, das sagen soll: »Wir verstehen und vertragen uns.« Nachdem menschliche Berührungen so eng mit Kommunikation verknüpft sind, sollte man sich eigentlich vielmehr wundern - und es auch durchaus einmal hinterfragen -, wenn bei einer Begegnung keine Berührungen ausgetauscht werden.
6. Alles eine Fingerübung -Wie Hände und Finger zu uns sprechen
Unsere Hände sind anatomische Wunderwerke, die in der gesamten Natur einzigartig sind - und zwar nicht nur deshalb, weil wir so viele Dinge mit ihnen tun können, sondern auch wegen ihrer enormen Ausdruckskraft. Menschliche Hände sind in der Lage, die Fresken der Sixtinischen Kapelle zu malen, Gitarre zu spielen, komplizierte Operationen durchzuführen, eine Skulptur wie Michelangelos David aus Stein zu meißeln, Stahl zu schmieden und Gedichte zu Papier zu bringen. Mit ihrer Hilfe können wir die Welt um uns herum greifen, kratzen, schlagen, stoßen, betasten, halten und formen. Und wie gesagt: Unsere Hände sind enorm ausdrucksstark; sie können Hörgeschädigten Informationen vermitteln, eine erzählte Geschichte mit Gesten untermalen oder unsere innersten Gedanken offenbaren. Keine andere Spezies außer uns hat derart flexible und leistungsfähige Körperglieder.
Weil unsere Hände in der Lage sind, selbst feinste Bewegungen auszuführen, können sie unseren Gedanken sehr nuanciert Ausdruck verleihen. Für die Entschlüsselung von Körpersprache ist die Gestik der Hände essenziell, denn jede Bewegung ist vom Gehirn (bewusst oder unbewusst) gesteuert. Obwohl im Lauf der Jahrmillionen die menschliche Evolution weit vorangeschritten ist und unter anderem auch die Sprache hervorgebracht hat, sind unsere Gehirne immer noch darauf programmiert, auch unsere Hände »sprechen« zu lassen, wenn es darum geht, unsere Gefühle, Gedanken und Meinungen mitzuteilen. Ganz gleich, ob Menschen sich nun verbal äußern oder nicht - Handgesten haben unsere Aufmerksamkeit mehr als verdient, weil sie ein Füllhorn nonverbaler Verhaltensweisen sind, die uns dabei helfen können, andere zu verstehen.
Handgesten in der zwischenmenschlichen Wahrnehmung
Hände vermitteln uns nicht nur wichtige Informationen über andere, umgekehrt beeinflussen auch unsere eigenen Handbewegungen, wie unsere Umwelt uns wahrnimmt. Also tragen sowohl die Art, wie wir unsere Hände einsetzen, als auch das Wissen um die Gesten anderer dazu bei, dass wir im zwischenmenschlichen Bereich wirkungsvoll interagieren können. Untersuchen wir also zunächst,
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