Menschen wie Götter
Ihnen“, sagte Grazi. „Befragungen und Verhöre, hochnotpeinlich und einfach, Richter, Geschworene, Advokaten, Zeugen, Zuschauer ... Sicherlich hatte man eine Vorliebe für Gerichtsveranstaltungen, eine Art Theater wahrscheinlich, für das sich ihre Vorfahren wohl ebenfalls begeisterten?“
„Nun, Theater war das nicht, was die Richter und die Staatsanwälte machten“, versicherte Romero.
„Aber die Zuschauer waren auch in den Theatern anzutreffen, besonders dann, wenn die Schauspieler Verbrecher und Staatsanwälte spielten. Das war stets äußerst spannend.“
Romero hätte sich gewiß noch länger über die alten Bräuche ausgelassen, wenn Oleg nicht wieder auf unser Thema zu sprechen gekommen wäre. Gegen ein Verhör Oans konnte ich nichts einwenden. So wurde es für den nächsten Tag angesetzt. Der ungeduldige Kamagin wollte den Aranen unverzüglich rufen, aber dem stimmte ich nicht zu. Wir mußten uns nicht nur psychologisch, sondern auch technisch vorbereiten.
„Und nun zu dem Strahl, der die ,Stier’ ereilte“, sagte Oleg.
Über den Strahl gab es nichts zu reden, da wir über ihn nichts wußten. Ich wiederholte, was ich schon Olga erklärt hatte: Die Ramiren hatten Krieg angefangen, der Strahl war ihre Vernichtungswaffe, mit der sie auch Allans Geschwader ausgelöscht hatten. Olga bemerkte, daß die unbekannten Gegner die Stärke ihrer Waffe, sofern es sich um eine Waffe handelte, meisterhaft variierten. Die Besatzungen des ersten Geschwaders hatten den Tod gefunden, die Sternenflugzeuge aber waren zur Basis zurückgekehrt, kein einziger der Automaten war von dem programmierten Kurs abgewichen. Mit der „Stier“ dagegen war man schonungslos verfahren, sie war völlig eingeäschert worden. Und den Schlag gegen den Roten hatte man noch schonungsloser geführt. Da war praktisch ein kosmisches Gestirn zugrunde gegangen, kein winziges Schiff nach galaktischen Maßstäben. Man mußte der Wahrheit ins Auge sehen - einer solchen Waffe waren wir schutzlos ausgeliefert.
„Ich will versuchen, beim morgigen Verhör etwas über den Strahl herauszubekommen“, versprach ich, „Wenn wir wissen, wie und wo man ihn generiert, können wir über Abwehrmittel nachdenken.“
„Bleib noch, Admiral“, bat mich Ellon, als ich den Raum nach der Konferenz verlassen wollte. Ich setzte mich, wie ich es meistens tat, auf eine Tatze des Drachens. Ellon sagte, und er verzerrte beängstigend den Mund dabei: „Du hast mich überzeugt. Oan ist ein Abgesandter der Ramiren. Aber ist es nicht leichtsinnig, ihn offen zu verhören? Wenn Oan der ist, wofür wir ihn halten, beantwortet er das Verhör mit einem Gewaltakt gegen uns.“
„Warum hast du das vorhin nicht geäußert, Ellon?“ Er verzerrte den Mund noch mehr. „Ich mag die großen Konferenzen nicht, auf die ihr Menschen so versessen seid. Außerdem habe ich einen persönlichen Grund, unter vier Augen mit dir zu reden. Ich nenne ihn dir dann. Bedenke, Admiral! Das Verhör kann einen neuen Überfall heraufbeschwören. Ich kenne die Todesangst nicht, die bei euch und den Galakten so stark ausgeprägt ist. Wir, die Demiurgen, sind in dieser Hinsicht vollkommener. Aber mir tut Irina leid ... Auch du tust mir leid, Admiral.“
Der Spion der Ramiren konnte, wenn er sich entdeckt sah, mit einer Attacke antworten, die Maske fallenlassen, wie Romero den Übergang vom Spionieren zum Kämpfen nennen würde. Aber sollten wir auch weiterhin einen Verräter an Bord dulden? Ich klopfte dem Drachen die Tatze. „Vagabund, du allein hast geschwiegen auf der Konferenz. Was meinst du?“
„Ellon hat recht“, zischelte der Drachen und schielte mich mit den vorgewölbten grünlichorangefarbenen Augen an. „Ein Verhör ist gefährlich. Statt Oan in die Enge zu treiben, sollten wir ihm aus dem Wege gehen. Es wäre vernünftiger, auf das Verhör zu verzichten, Eli.“
„Noch vernünftiger wäre es, sich überhaupt nicht um den Sternhaufen der Untergehenden Welten zu kümmern! Die Triebkräfte der Menschen stützen sich durchaus nicht immer allein auf die Vernunft. Lassen wir dieses Thema. Oan muß entlarvt werden!“
„Dann reden wir von etwas anderem. Oans Feld zu hundertfünfzig Tonnen ist eine Kleinigkeit für meine Generatoren. Selbst mit tausend Tonnen werde ich fertig. Aber wir brauchen einen Raum, in den sich die Schutzgeneratoren bequem fokussieren lassen. Und eine zuverlässige Abschirmung, damit Oan sich mit den Seinen nicht in Verbindung setzen kann. Verhöre ihn im
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