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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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weiter vorgeschritten sind? Haben sie vielleicht eine Methode gefunden, die Körpergestalt vollständig zu dublieren? Mir scheint, dies ist ein Problem des technischen Niveaus, kein prinzipielles.“
    Wir alle hatten solche Gedanken, Mary äußerte sie nur klarer. Außerdem hatte Oan selbst erwähnt, daß die Grausamen Götter den Planeten in der Gestalt von Aranen besuchten. Wir waren in einen Tarnanzug geschlüpft, der einen Aranen darstellte, doch bei ihnen wurde die gewählte Gestalt zum eigenen Körper. In Worten war der Unterschied einfach, doch mir schwindelte, wenn ich überlegte, welch ein Sprung die Technik beider Zivilisationen trennen mußte, damit ein solcher Unterschied möglich wurde.
    Diese Gedanken nahmen mich derart gefangen, daß ich mich am Morgen zu Olga begab, um mich mit ihr zu beraten. Olga hatte sich bei Irina einquartiert, obwohl es auf dem Schiff freie Räume gab und Oleg ihr angeboten hatte, sich einen beliebigen auszusuchen. Irina wollte gerade ins Labor gehen, Olga rechnete.
    „Wenn du nicht leben kannst, ohne etwas zu berechnen, dann mach auch für mich mal einen kleinen Überschlag“, sagte ich. „Bestimm bitte den Stofflichkeitsgrad von Gespenstern.“
    „Von Gespenstern, Eli? Von was für Gespenstern?“
    „Von allen möglichen. Fang mit der Großmutter irgendeines englischen Lords an, die eines gewaltsamen Todes gestorben ist, und ende mit Oan.“
    „Ist Oan denn ein Trugbild?“
    „Das sollst du mir sagen.“
    Olga machte sich gelassen an die Arbeit. Hätte man sie gefragt, welches Dutzend Teufel am teuflischsten sei und welches Dutzend Götter am göttlichsten, so hätte sie sicherlich, ohne sich zu erkundigen, ob Teufel oder Götter real existieren, seelenruhig begonnen, die Aufgabe mathematisch zu lösen. Die Schiffsmaschine mit ihrer Unmasse von Daten stand nicht zur Verfügung, und Olga sandte eine Anfrage an die Schiffsbibliothek, wo akademische Bänder für alle Lebenslagen aufbewahrt wurden. Neugierig beobachtete ich, wie sich in dem Fensterchen der Rechenmaschine, auf deren Tasten Olga ihre Fragen hämmerte, Kolonnen achtstelliger Ziffern aufbauten. Keine einzige sagte mir etwas.
    „Die vorläufige Antwort haben wir. Die Fehlerquote beträgt höchstens viereinhalb Prozent“, sagte Olga. „Was die Gespenster verblichener Lords und ihrer Gemahlinnen betrifft, die in den Gemächern alter Schlösser umgehen, so hatten sie eine ziemlich hohe Stofflichkeit - achtzehn bis zweiundzwanzig Prozent. Die Statue des Komturs, der Don Juan tötete, besaß siebenunddreißig Prozent Stofflichkeit. Der Schatten von Hamlets Vater neunundzwanzig. Das berühmte Gespenst von Canterville stellte einen Rekord auf neununddreißig. Die Kinematographenhelden dagegen erreichten nie mehr als vier Prozent ... “
    „Halt ein, halt ein, was für ein Unsinn!“ unterbrach ich sie. „Weder der Steinerne Gast noch die Gespensterlords existieren real, du aber schreibst ihnen einen so hohen Prozentsatz Stofflichkeit zu. Die auf Bildschirmen physikalisch dargestellten Menschen dagegen sind bei dir gespensterhafter als die Gespenster. Das ist doch ungereimtes Zeug!“
    „Das ist es nicht“, sagte Olga. „Die Stofflichkeit eines Trugbilds ist nicht nur physikalisch, sondern auch psychologisch zu verstehen. Sowohl die Gespenster der mittelalterlichen Schlösser als auch der Steinerne Gast und Hamlets Vater waren psychologisch derart glaubwürdig, daß allein dies ihre Nichtphysikalität sozusagen ausstach. Sind denn nicht Fälle bekannt, da Leute Brandblasen bekamen, wenn sie ein Stück kalten Eisens berührten, von dem sie glaubten, es glühe? Von den Filmhelden wußte man jedoch von vornherein, daß sie weiter nichts als optische Abbildungen, Illusionen wären.“
    „Gut. Fahre fort, Olga. Was sagst du zu Oan?“
    „Erst sage ich etwas über die Phantome der Zerstörer. Als Orlan in Gestalt eines Phantoms bei uns auf der ‚Bootes’ erstand, besaß er mindestens fünfzig Prozent Stofflichkeit. Fünfzig Prozent Körperlichkeit waren überhaupt das Höchste, was die Zerstörer bei Phantomen leisteten, sie schufen zur Hälfte reale Erscheinungen. Die von André in der Schlacht auf dem Dritten Planeten erzeugten Phantome dagegen hatten weniger Körperlichkeit. André vermochte es den Zerstörern nicht gleichzutun, seine Schöpfungen brachten es mit Müh und Not auf zwanzig Prozent Stofflichkeit. Manche Gespenster in mittelalterlichen Schlössern ... “
    „Olga, mich interessieren nicht die

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