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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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Raum.
    Demiurgen und Menschen beeilten sich, seine Befehle auszuführen. Abseits schritt Orlan zwischen Wand und Wand auf und ab. Rings um ihn hatte sich, ich bemerkte das sofort, Leere ausgebreitet. Niemand wagte es, die unsichtbare Grenze zu verletzen, die Orlan von den anderen trennte. Noch wenige Tage zuvor wäre ein solches Bild undenkbar gewesen. Orlan hatte sich stets bemüht, nicht aufzufallen, im Hintergrund zu bleiben. Um Ellon nicht zu stören, schlug ich einen Bogen um den Stabilisator und näherte mich Orlan.
    „Grüß dich, Freund Orlan!“ Ich versuchte, meinen Gruß herzlich, nicht aber geschraubt klingen zu lassen. „Gibt’s Erfolg mit dem Zeitstabilisator?“
    Orlan blickte mich hochmütig an: „Seltsame Frage, Admiral Eli! Hörtest du nicht, daß der Demiurg Ellon versprach, den Schiffszeitstabilisator heute in Gang zu setzen?“
    Ich murmelte verlegen: „Doch, Orlan. Ellon versprach dir ... “
    „Oder meinst du, Ellon würde es wagen, mich zu täuschen? Täuschungen sind bei den Demiurgen unmöglich. Sei unbesorgt. Der Tag hat erst begonnen, Admiral Eli.“
    Er war ebenfalls wahnsinnig geworden. Alle auf dem Schiff waren wahnsinnig geworden. Das von den Geräten nicht festzustellende Vibrieren der Zeit zwischen Vergangenheit und Zukunft hatte die Psyche gespalten. Im Bewußtsein speicherte sich die wieder aufgelebte Vergangenheit, verdichtete sich die noch nicht erreichte Zukunft. In der gespaltenen Seele überwog die Vergangenheit. Sie war besser bekannt und wirkte näher. Nur Olga war in die Zukunft entwichen. Die anderen waren in die Vergangenheit gefallen.
    Und als ich schweigend den hochmütig hin und her flatternden Orlan anschaute, sah ich plötzlich deutlich, wie er gewesen war, als wir ihn noch nicht zu unseren Freunden zählten, und wie sich seine Untergebenen, seine Lakaien, seine Sklaven, ihm gegenüber verhalten hatten. Grausame Subordination, unerbittliche Subordination, schon der Gedanke an Ungehorsam, das geheime Verlangen nach Freiheit waren ein schweres Verbrechen gewesen! Ja, selbstverständlich, Orlan ist nicht schuld, daß sich sein Bewußtsein mehr und mehr in der Vergangenheit verstrickt, dachte ich, das ist sein Unglück, nicht seine Schuld. Und in unserer heutigen verzweifelten Lage sind seine unbarmherzige Hartnäckigkeit und seine Herrschsucht kein Hemmnis, sondern helfen uns freizukommen. Unter außergewöhnlichen Umständen eignen sich nur außergewöhnliche Maßnahmen. Aber wenn wir uns retten und er der alte bleibt? Wie können wir uns mit einem solchen Despoten und Würdenträger abfinden? Mir war, als verlöre ich einen Freund, einen lieben Freund, einen meiner vertrautesten Freunde.
    Ich murmelte: „So wird man über kurz oder lang vom bloßen Anblick des Wahnsinns wahnsinnig.“
    Orlan blieb vor mir stehen. „Was hast du gesagt?
    Wiederhole es!“
    „Ich habe es vergessen, Orlan“, antwortete ich und ging in meine Wohnung.
    Mary schlief und lächelte im Schlaf. Ich betrachtete zärtlich ihr gerötetes Gesicht, nahm das Diktaphon und stieg in den Konservierungsraum hinab. Hier lag jetzt ein Toter mehr - Mizar, der lebend in die Zukunft enteilt und lebend von dort zurückgekehrt war, aber die Rückkehr in die Vergangenheit nicht überstanden hatte. Ich schob den Sessel an Oans Sarkophag. Wo befand er sich? In der Vergangenheit oder in der Zukunft? In welchem Moment hatten ihn Ellons Kraftketten gepackt? Könnte er zurückkehren, wenn wir seinen Verschlag öffneten, wie Mizar aus der Zukunft zurückgekehrt war?
    „In einem hast du recht behalten, Verräter“, sagte ich zu Oan. „Du warntest uns vor dem Zeitkrebs, rietest uns, ihn zu fürchten, und der Zeitkrebs hat uns befallen. Du sagtest nur nicht, daß deine Herren oder deine grausamen Brüder uns mit dieser Krankheit infizieren würden. Freue dich, Oan, wir sind krank!
    Unsere Seelen bluten, bald werden unsere Körper, zermartert von der Spaltung der Psyche, kraftlos zu Boden sinken, auf die Betten, in den Sesseln versteinern. Freut euch, ihr Grausamen, ihr habt gesiegt.
    Aber wozu braucht ihr diesen Sieg? Antworte mir, Verräter, warum kämpft ihr gegen uns? Warum habt ihr unser Geschwader vernichtet? Warum habt ihr ein Sternenflugzeug übriggelassen und mit dem Auseinandergleiten der Zeit zwischen Vergangenheit und Zukunft infiziert? Seid ihr mit dem Sieg allein nicht zufrieden? Müßt ihr euch noch an unseren Qualen weiden? Die abergläubischen Aranen erklärten euch für Götter! Was seid ihr

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