Menschenhafen
und verhielten sich seltsam und abweisend. Man könnte sogar sagen bösartig. Sie wurden zu manchen Dingen vernommen, stritten jedoch alles ab. Da man ihnen nichts nachweisen konnte, war nichts zu machen. Aber die Leute gewöhnten sich an, ihre Sachen und Tiere einzuschließen.
Es wurde Winter, und The Smiths lösten sich auf. Als Anders in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr auf Domarö war, sah er, dass Henrik und Björn in Trauerkleidung durch die Gegend fuhren, aber er traf sich nicht mit ihnen und sprach sie auch nicht an.
Im folgenden Sommer waren Cecilia und er einen Monat mit Interrail unterwegs, und die restlichen Ferien jobbte Anders im Lager eines Supermarkts. Während der Winterwoche war von Henrik und Björn nichts zu sehen. Von seinem Vater erfuhr er jedoch, dass sie sich völlig unmöglich gemacht hatten. Sie sprachen mit niemandem und waren mehrmals in der Jugendpsychiatrie gelandet, aber der Vandalismus und die kleinen widerwärtigen Vorfälle gingen, wenn auch in einem kleineren Maßstab, weiter.
Als Anders im Februar seinen Vater anrief, erfuhr er, dass Henrik und Björn ertrunken waren. Sie waren mit dem Lastenmoped aufs Eis hinausgefahren und eingebrochen. Keiner von ihnen trug eine Schwimmweste, und es war wahrscheinlich schnell gegangen.
Das Dorf konnte aufatmen. Hubba und Bubba waren endgültig verstoßen worden. Ihre Eltern verließen bald darauf die Insel und verschwanden aus dem Bewusstsein der anderen Inselbewohner. Natürlich ist es traurig, wenn junge Menschen sterben, aber …
Endlich war es vorbei.
KEINER LIEBT UNS
Hello.
I am the ghost of troubled Joe.
THE SMITHS – A RUSH AND A PUSH
AND THE LAND IS OURS
Wenn es dich gibt
Im Licht der Lampe über dem Küchentisch sah man deutlicher, was mit Elin geschehen war, was sie diesmal mit sich gemacht hatte. Die Nähte waren noch da, und Teile ihres Gesichts waren von heilendem Wundgewebe aufgequollen, aber es ließ sich dennoch erkennen, was sie mit ihrer letzten Operation bezwecken wollte.
Zwei tiefe, von rot gezackten Narben gesäumte Furchen verliefen von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln. Unter ihren inzwischen tief liegenden Augen gab es eine wütende Rötung, durchkreuzt von einer Reihe feiner Linien, die zu den Schläfen führten. Sie hatte sich Falten schneiden lassen. Bei ihren Operationen ging es um das Gegenteil dessen, was normalerweise erreicht werden sollte. Sie machte sich älter, gröber und hässlicher.
Eine Tasse Kaffee hatte sie dankend abgelehnt, da es ihr schwerfiel, den Mund zu benutzen. Stattdessen hatte sie Wein in einem Saftglas bekommen. Anders fand keinen Strohhalm, sodass er ein Stück eines dünnen Gummischlauchs abschnitt und ihr gab. Sie saugte auf der Stelle das halbe Glas leer, und Anders sah sie an.
Das Kläglichste.
Als sie Henrik und Björn erwähnte, war er noch deutlicher daran erinnert worden, was Elin getan hatte, wer sie gewesen war. Jetzt saß sie achtzehn Jahre später mit zitternden Hän den und einem zerfetzten Gesicht vor ihm und saugte Wein aus einem Gummischlauch.
Vielleicht gibt es ja doch eine Art Gerechtigkeit auf dieser Welt.
Weil es ihm schwerfiel, sie längere Zeit anzusehen, glitt sein Blick über den Tisch, und er sah, dass sich die Zahl der Perlen auf der Stiftplatte deutlich erhöht hatte. Ein weiterer Fleck aus weißen Perlen war hinzugekommen, gut ein Sechstel der Fläche war mittlerweile von Perlen bedeckt.
Elin saugte den letzten Rest Wein auf, sodass in ihrem Glas ein schlürfendes Geräusch entstand. Ihrem Gesicht ließ sich nicht ablesen, was sie empfand. Anders wollte sie nach Henrik und Björn fragen, aber Elin kam ihm zuvor. Da ihre Lippen nicht richtig funktionierten, gerieten alle Konsonanten schwach, und sie sprach monoton.
»Ich habe einen Traum«, sagte sie, »einen immer wiederkehrenden Traum. Ich schlafe schlecht, weil ich dauernd diesen Traum habe. Ich habe seit Wochen nicht mehr richtig geschlafen.«
Sie schenkte sich noch etwas Wein ein, und Anders holte sich ein Glas und leistete ihr Gesellschaft. Erneut saugte Elin fast das halbe Glas leer, hüstelte und fuhr fort:
»Da ist ein Mann, der in einem Boot liegt. Ein Holznachen, ein alter Holznachen. Er liegt auf dem Boden des Boots, sein Kopf lehnt an der Bordwand, und er ist tot. Seine Augen stehen offen. Und um ihn herum … da liegt auch noch ein Netz in dem Boot, es ist voller Fische. Und einige der Fische sind frei und liegen da und springen. Zappeln und springen. Auch die
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