Menschenhafen
Idee?«
Simon zögerte mit der Antwort. Göran lachte auf und klopfte ihm auf die Schulter. »Also nicht, das hab ich mir doch fast gedacht. Das sähe dir nicht ähnlich. Anna-Greta dafür umso mehr.«
Simon verzog das Gesicht zu einer Grimasse und sagte kindisch: »Ich will aber auch.«
»Ja sicher, das glaube ich dir ja«, erwiderte Göran. »Es ist mir nur schwergefallen, mir vorzustellen, wie du … auf die Knie fällst.«
Sie kamen aus dem Wald und gingen nach Kattudden hinunter. Die schlimmsten Spuren der Zerstörung waren beseitigt, aber als sie Carlgrens Grundstück überquerten, wo das Plumpsklo etwas abbekommen hatte, als die Bäume wegen des Feuers gefällt worden waren, mussten sie sich zwischen gekappten Ästen und Holzklötzen hindurchschlängeln, die vermutlich noch eine Weile liegen bleiben würden. Göran trat eine leere Plastikflasche fort und sagte: »Man fragt sich schon, ob es überhaupt Sinn hat.«
»Was?«
»Ach, wir haben versucht, hier nachts ein bisschen Wache zu halten. Damit nicht noch mehr passiert. Aber so kann man ja nicht ewig weitermachen.«
»Du denkst an dein Haus?«
»Ja. Wenn das so weitergeht, brennt es bestimmt auch irgendwann. Es sei denn, wir schnappen sie uns vorher.«
Göran Haus lag am südlichsten Punkt von Kattudden. Ein Waldstreifen trennte es von dem Gelände, das Holgers Vater dem Makler verkauft hatte. Trotzdem verstand Simon Görans Sorge. Ein heftiges Feuer und die falsche Windrichtung würden ausreichen, um auch Görans Haus zu einem Raub der Flammen zu machen. Da nützte es einem auch nichts, einen frisch gebohrten Brunnen zu haben.
»Wir werden wohl abwarten müssen, wie es weitergeht«, erklärte Simon. »Du kannst ja noch ein bisschen warten, bis du bohrst.«
»Stimmt.«
Sie durchquerten das Dorf und warfen einen Blick auf Grönwalls ehemalige Sommerresidenz. Simon bekam einen trockenen Hals, als er daran dachte, was mit der jungen Frau geschehen war, die dort gewohnt hatte. Sie nahmen den kurzen Pfad zu Görans Haus.
»Was hältst du eigentlich von dem Ganzen?«, fragte Göran. »Hast du eine Erklärung?«
»Nicht die geringste«, log Simon und zog die Wünschelrute aus Ebereschenholz heraus, die er angeblich benutzte.
»Was denkst du, kannst du eine reine Wasserader finden?«, fragte Göran. »Ich weiß, dass es hier früher Probleme damit gegeben hat.«
»Schauen wir mal«, sagte Simon und begann den Erdboden zu studieren, während sie sich aufs Haus zubewegten.
Göran setzte sich auf die Eingangstreppe seines Hauses und beobachtete Simon, der sich mit dem gegabelten Zweig in der einen Hand und der anderen Hand in der Hosentasche langsam über das Grundstück bewegte. Er fand diese Technik merkwürdig. Zweimal hatte er jemanden mit einer Wünschelrute gehen sehen, und beide Male hatten sie den Zweig behutsam mit beiden Händen gehalten. Simons einhändigen Griff hatte er bisher nicht gesehen und auch noch nie von ihm gehört.
Nun, wenn es nach Göran ging, durfte Simon gerne rückwärts und mit dem Zweig im Mund gehen, solange er sauberes Wasser fand. Was immer das nun wert war.
Göran seufzte und ließ den Blick über die Fassade des kleinen Häuschens schweifen, das sein Großvater vor mehr als hundert Jahren gebaut hatte. Er dachte, dass es eine furchtbare Verschwendung wäre. Ein kleiner Funke, und dieser Teil seiner Familiengeschichte würde ausgelöscht werden.
Als er erneut auf sein Grundstück sah, war Simon stehen geblieben und schaute zu Boden.
Also gibt es doch welches.
Göran stand auf, um zu ihm zu gehen, erstarrte jedoch, als Simon den Kopf hob und ihre Blicke sich begegneten. Da stimmte etwas nicht.
Simons Augen waren weit aufgerissen, sein Mund stand offen, der Zweig entglitt seinem Griff, und er wankte, als er hätte er einen kräftigen Schlag eingesteckt.
»Simon!«
Göran bekam keine Antwort und ging zu Simon, der mit Augen, die ins Leere starrten, auf dem Rasen taumelte. Drei Worte kamen aus seinem Mund, und Göran glaubte, dass es klang wie:
»Ich … weiß es.«
Altes Blei
Anders erwachte in einem stillen und leeren Haus, innen wie außen. Nichts rührte sich, und man hörte nichts als die leisen Laute aus dem Eigenleben des Hauses. Er blieb noch eine Weile liegen und starrte die weiß gestrichene Holzdecke an. Es hatte sich nichts verändert. Die Finsternis lag zusammengekauert auf der Lauer, nur sein Entschluss hielt sie zurück.
Er stand auf und zog bedächtig und sorgfältig die Kleider an, die
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