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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Haus, und Holger besaß kein Moped. Außerdem wäre er nie im Leben auf die Idee gekommen, auf diesem schlechten Weg mit einem Lastenmoped zu fahren – denn es war ein Lastenmoped, das hörte Simon am Klappern.
    Das Moped bog zehn Meter vor ihm auf die Straße, und sein starker Scheinwerfer blendete Simon. Er hatte geglaubt, dass es in die andere Richtung abbiegen würde, zum Feuer, doch stattdessen fuhr es in einem Bogen nach rechts und kam direkt auf ihn zu. Er wollte einen Schritt zur Seite machen, erinnerte sich dann jedoch, dass er bereits am Straßenrand stand.
    Vom Licht geblendet war er unfähig, etwas zu sehen. Er hörte nur das Brüllen, als das Moped an ihm vorbeifuhr, und spürte den schwachen Luftstoß, als der Metallkörper vorbeistrich. Das Moped entfernte sich in hohem Tempo auf der Straße zum Dorf.
    Anna-Greta, Tora!
    Er drehte sich um und sah den Lichtkegel des Scheinwerfers über die Straße huschen. Nun sah er auch die schemenhafte Silhouette des Fahrers. Er konnte nicht erkennen, wer es war, nur dass die Person vorgebeugt über dem Lenker hing und sich auf der Ladefläche etwas in der Größe eines stehenden Kinds befand.
    Unmittelbar darauf erblickte er auch Anna-Greta und Tora, die vom Licht des Scheinwerfers getroffen wurden. Sie waren klug genug gewesen, einen Schritt zur Seite zu machen, und das Moped fuhr mit einigem Abstand an ihnen vorbei. Simon atmete auf. Anna-Greta mochte ihn vielleicht tief enttäuscht haben, aber er wollte beim besten Willen nicht Zeuge werden, wie sie von einem Irren auf einem Lastenmoped niedergemäht wurde.
    Wer war das?
    In Gedanken ging Simon die wenigen Jugendlichen auf der Insel durch, fand aber keinen denkbaren Kandidaten unter ihnen. Soweit er wusste, waren sie alle harmlose Burschen, die zu oft vor dem Computer hingen und sich nach dem Tag sehnten, an dem sie Domarö verlassen durften. Wenn es hochkam, kritzelten sie eine hässliche Bemerkung über Stockholmer ins Wartehäuschen des Zubringerboots.
    Es war sinnlos, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Ein Feuer musste gelöscht werden, und es half niemandem, wenn er hier herumstand und in Grübeleien versank. Aber ihm war schwindlig, und er fühlte sich schwach und alles andere als zu Rettungstaten aufgelegt.
    Beim letzten Mal war er dabei gewesen. Man hatte zwei Gartenschläuche miteinander verbunden, um den brennenden Erdboden abzuspritzen, aber das meiste Wasser hatte man in einer Eimerkette von Mann zu Mann aus dem Meer geschöpft. Außerdem waren damals mehr Leute dabei gewesen.
    Als er aus dem Wald kam, sah er, dass es im schönsten Haus auf ganz Kattudden brannte. Grönwalls Kasten. Es war eins der ersten Häuser, die in den Kindertagen des Sommertourismus erbaut worden waren.
    Man konnte nicht viel tun. Die Außenwände waren im Großen und Ganzen verbrannt, und durch die gelbroten Flammen zeichneten sich Gebälk und Fundament als dunklere Linien ab. Es knisterte laut, und obwohl er gut hundert Meter vom Brandherd entfernt stand, spürte er bereits einen schwachen Hauch von der Hitze des Feuers.
    Um das schöne Haus war es natürlich schade, aber gleichzeitig konnte man sich noch glücklich schätzen, dass es ausgerechnet bei Grönwalls brannte. Das Haus stand auf einem großen Grundstück, und es schien keine Gefahr zu bestehen, dass die Flammen auf andere Häuser überspringen würden, solange man den Funkenflug im Auge behielt.
    Die Menschen, die sich vom grellen Licht des Feuers als Strichmännchen absetzten, schienen das Gleiche zu denken. Niemand unternahm etwas, man blieb in einem respektvollen Abstand stehen und kontrollierte, dass kein neuer Brandherd Feuer fing.
    Simon wäre am liebsten nach Hause gegangen, aber das hätte keinen guten Eindruck gemacht. Als er Göran erblickte, der etwas abseits stand und in sein Handy sprach, ging er zu ihm. Göran sagte etwas ins Telefon, nickte zweimal und klappte es anschließend zu. Er sah Simon und kam ihm entgegen.
    »Hallo«, sagte er. »Die Feuerwehr ist unterwegs, aber die werden wohl in erster Linie Brandwache halten.«
    Sie standen eine Weile nebeneinander und betrachteten schweigend das brennende Haus. Die Hitze lag wie eine trockene Haut auf ihren Gesichtern, und als einer der Dachbalken nachgab, schoss ein Funkenregen in die Höhe.
    »Wie hat das Feuer angefangen?«, erkundigte sich Simon.
    »Keine Ahnung. Aber es scheint rasend schnell um sich gegriffen zu haben.« Göran zeigte mit dem Daumen zu einem näher am Waldrand gelegenen

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