Menschenherz - Band 1-3
den Streit vergessen.
Adam schluckte schwer. Auf einmal hatte er Angst. „Würde sie bleiben und jeden Abend dort stehen, einsam und alleingelassen?“
„ Was ist los mit mir?“ Ihre Stimme war leise und zwingend. „Was ist bloß los mit mir?“ Sie fasste sich mit einer Hand an den Hals, als hätte sich eine unsichtbare Schlinge um ihn gelegt und würde ihr die Luftzufuhr zuschnüren.
Sie drehte sich zu ihm um. „Erklär es mir!“, forderte sie ihn auf und fügte ein flehendes „Bitte!“, hinzu. Er wusste, dass sie alles meinte: Ihr vergangenes Leben, die Kameras, sein Verhalten. Ihr Blick wirkte verletzlich und verzweifelt.
Stumm schüttelte er den Kopf und streckte seine Hand aus, um sie zu berühren, doch sie hatte sich schon wieder abgewandt und sah aus dem Fenster.
Er musterte ihren Rücken und konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie wie ein eingesperrtes Tier wirkte, welches von seiner Freiheit träumte und dem nur die Möglichkeit blieb, durch die Gitterstäbe zu blickten.
Er trat einen Schritt näher und sie drehte sich wieder zu ihm um. Obwohl sie ihm ein Lächeln schenkte, hatte er zuvor ihre Reflexion im Glas gesehen und wusste, dass ihr Lächeln log.
„ Was ist los?“, fragte er leise und überlegte sich im selben Moment, warum er flüsterte.
„ Nichts!“ Ihre Antwort war ebenso schlicht wie ihre Geste, die sie dabei machte und ebenso gelogen.
„ Was siehst du?“ Er blickte an ihr vorbei in die Nacht.
Sie seufzte leise, als wenn sie sich wünschen würde, dass etwas da wäre. „Nichts.“
„ Warum starrst du dann nach Draußen?“
Ihr Gesichtsausdruck wurde abweisend und sie drehte sich wieder zum Fenster um. Es dauerte, bis sie antwortete: „Ich weiß es nicht!“
Am liebsten hätte er sie zu sich herumgerissen und von dem Fenster weggezerrt, doch er ballte stumm die Fäuste und ermahnte sich zur Ruhe. Offensichtlich gab es etwas, was sie beschäftigte. „Natürlich, sie ist damit beschäftigt, herauszufinden, wer sie ist, du Dummkopf.“ – „Und ob sie dir trauen kann.“
Adam trat einen Schritt näher an sie heran, beinahe sicher, dass sie zurückweichen würde. Aber sie blieb stehen und begegnete seinem Blick in der Reflexion.
„ Lilly, ich mache mir Sorgen um dich. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll.“ Er senkte den Blick auf ihren Rücken. „Es ist so schwer.“ Seine Stimme war so leise, dass er glaubte, sie hätte ihn nicht gehört.
Er trat noch einen Schritt näher und sie lehnte sich gegen ihn.
Ihr Geruch traf ihn völlig unvorbereitet. „Eine Mischung aus Rosen, Mohn und Lilienblüten“ , dachte er überwältigt. „So muss es im Paradies gerochen haben.“
Er seufzte und presste sein Gesicht in ihre weichen Haare. Sie zitterte leicht, aber sie ließ ihn gewähren.
„ Was suchst du bloß hier oben?“ Ihm war nicht bewusst, dass er seine Frage laut gestellt hatte, bis sie sie leise beantwortet: „Mich!“
Erstaunt blickte er auf und ihrer Reflexion in die Augen. „Wie gut wir zusammen aussehen!“, fuhr ihm durch den Kopf, als er sie in der Spiegelung in seinen Armen sah.
„ Ich fühle mich so uneins. So als wäre ich früher etwas anderes gewesen. Ein Teil von etwas Größerem ... vollkommen.“
Sie schwieg einen Augenblick und dachte nach, wie sie sich erklären sollte. „So als wäre ich früher einmal vollkommen gewesen und jetzt nicht mehr. Als wäre ich jetzt nur noch ein Mensch.“
„ So fühlen wir uns alle, kleine Lilith!“ , dachte Adam amüsiert, sprach seinen Gedanken aber nicht aus. „Einsam und innerlich zerrissen.“
„ Verstehst du?“, ihre Stimme war nur noch ein Hauch, als kämpfe sie gegen ihre Gefühle an, die sie auch an dieses Fenster getrieben hatten.
Adam schwieg, benommen von ihrem Blick, als sie sich zu ihm umdrehte.
Eine Träne rann aus ihrem linken Auge. Fasziniert hob er die Hand und behutsam strich er sie von ihrer Wange. Als er den kleinen Tropfen auf seinem Finger sah, hob er ihn gegen das Licht und betrachtete das Funkeln darin.
„ So als wäre ich vorher nie Ich gewesen. Als wäre ich jetzt jemand anderes.“ Ihre Stimme verklang in einem Hauch an seinem Ohr.
Sein Blick irrte zurück zu ihrem Gesicht in dem eine Trauer stand, die er sich nicht erklären konnte. „Konnte es wirklich sein, dass ein Teil von ihr sich daran erinnert, mit Jahve eins gewesen zu sein?“
Überwältigt von dem Bedürfnis, ihr zu zeigen, dass sie
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