Menschenherz - Band 1-3
Lippen die Erdbeere aus ihren Fingern.
Sie hatte damit gerechnet, dass er ihre Hand loslassen würde und wirkte überrascht, dass er sie weiter festhielt. Er lächelte sie an und genoss die tobende Aufruhr in seinem Magen, bevor er sich zu ihren Fingern beugte.
Sanft knabberte er an der Spitze ihres Zeigefingers und genoss den Ausdruck auf ihrem Gesicht. Bevor er sich dem nächsten Finger zuwandte, berührte er ihren Zeigefinger mit seiner Zunge, was eine Gänsehaut über ihren Arm jagte.
Sie schloss die Augen, ihr Atem ging hektischer und das anbetungswürdige Heben und Senken ihres Brustkorbes versetzte ihn nahezu in Ekstase.
Er versuchte ihre Reaktionen und Gedanken abzuschätzen, als er mit Bedacht leicht an ihrem Ringfinger saugte.
„ Nicht!“ Ihre Stimme klang schroff, als sie ihre Augen aufriss und ihm ihre Hand entzog.
Er wirkte so enttäuscht und seltsam verloren, dass ihr ihr Tonfall sofort Leid tat. Gleichzeitig versetzte sie der Ausdruck in seinem Gesicht in Angst – Angst vor ihm – aber er zeigte ihr, dass sie ihn durchaus nicht kalt ließ, dass er leidenschaftlich war und sie haben wollte.
„ Entschuldige!“, flüsterte sie aufgewühlt und verfluchte sich innerlich dafür, ihn gestoppt zu haben. Sie fuhr sich mit ihren Fingern durch die Haare. „Ich ... ich kann nicht ... noch nicht.“ Ihre gestotterte Erklärung verklang leise.
Er versuchte sie anzulächeln, doch sein Lächeln verriet Schmerz und Wut. „Es ist nicht schlimm!“, versprach er. „Wir haben Zeit!“ Er wendete sich ab. „Wir haben Zeit!“, wiederholte er noch einmal, wie um sich selber zu trösten.
Doch seine Stimme bebte und verriet ihr, dass er in Wirklichkeit anders darüber dachte.
Beinahe hätte sie vor Freude gelacht. „Er begehrt mich! Er ist leidenschaftlich!“
Abrupt wechselte er das Thema und erhob sich vom Bett. „Wir gehen gleich in die Stadt, dir ein paar neue Anziehsachen kaufen. – Welche, an die du dich erinnerst!“
Sie nickte stumm. Ihr Hals war wie zugeschnürt. „Ich bin in ein paar Minuten bei dir“, murmelte sie, doch er hatte das Zimmer schon verlassen.
***
„ Reiß dich zusammen!“
Gabriel presste Adam gegen die Steinwand.
„ Ich habe dir gesagt, dass du ihr Zeit geben musst, dass du sie behandeln musst, als wäre sie die einzige Frau auf der Welt!“
Wütend kämpfte der junge Mann gegen die Hände des Engels an, doch musste schließlich einsehen, dass es ein Kampf gegen Windmühlen war.
Mit zusammengekniffenen Lippen und bebenden Nasenflügeln starrte er Gabriel an. „Du weißt natürlich, wie man sie ins Bett bekommt, nicht wahr?“ Er gab sich keine Mühe, seine Stimme zu kontrollieren oder den gehässigen Unterton aus ihr zu verbannen.
„ In all den Jahrtausenden ...“, fuhr Adam in weiter an, „du kannst mir nichts vormachen, wie oft hast du sie dir für dich selber gewünscht?“
Erschrocken atmete der alte Doktor ein. Bisher hatte er sich aus dem Streit der beiden herausgehalten, doch nun schien es ihm an der Zeit, seinen Sohn zur Räson zu bringen. Gabriels Augen funkelten vor Wut in einem leuchtenden Weiß.
„ Es reicht!“ Der Doktor versuchte sich zwischen die beiden zu drängen und Gabriel ließ ihn gewähren. Unumwunden sah der alte Mann Adam an. „Glaubst du, er hätte es nie versucht, wenn er es gewollt hätte?“
Gabriel trat einen Schritt zurück und setzte sich auf einen der Stühle. Er schloss die Augen und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
„ Er hat Recht!“, flüsterte der Engel leise und blickte wieder auf. Sein Gesichtsausdruck war so verzweifelt, dass Adams Wut augenblicklich verrauschte.
„ Natürlich habe ich mich auch schon gefragt, was passiert wäre, wenn sie mich gewählt hätte, statt Samiel. – Wie es wäre, sie in meinen Armen zu halten. – Sie zu küssen und ihre Liebe zu spüren.“ Er bebte. „Glaub nicht, ich wäre nie in Versuchung gewesen!“
Adam setzt sich neben Gabriel auf den Stuhl und starrte ihn an. „Du bist eifersüchtig, oder?“
Der Engel hob den Kopf. Seine Augen waren wieder wasserblau. „Ein wenig!“, gab er schließlich zu und sah zu Boden. Dann schüttelte er den Kopf. „Es wäre nicht richtig gewesen.“ Wieder sah er Adam an. „Sie ist nicht für mich bestimmt – für keinen Engel.“
Er lächelte ein schrecklich trauriges Lächeln. „Sie ist für dich bestimmt!“
Adam stand auf. „So soll es sein!“ Er nickte Gabriel zu und verließ hastig den Raum, bevor er sich der Engel oder
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