Menschenherz - Band 1-3
war.
„ Ihre Knochen“ , wiederholte ich in Gedanken Gabriels Worte und versuchte einen Zusammenhang zu seiner Stimmung zu ergründen. „Oh Scheiße!“ Ich starrte ihn an und rang um Worte.
„ Sie werden doch nicht ...“, krächzte ich schließlich.
„ Es sind Menschen, natürlich werden sie es tun.“ Er amüsierte sich über meine Reaktion.
Ich sah aus dem Fenster, es hatte angefangen zu regnen.
„ Sie können nicht ...“ Ich ballte die Fäuste in hilfloser Wut.
„ Du hast sogar eine Landkarte dazu gezeichnet.“ Er betrachtete die Fotos an der Wand, die den Ort zeigten, der einmal Eden war. „Eine sehr präzise Landkarte, wenn mir die Bemerkung gestattet ist“, fügte er lächelnd hinzu.
Ich schlug die Hände vors Gesicht, um sein Lächeln nicht mehr ertragen zu müssen. Er hatte schon vor Jahrhunderten gewusst, dass es eine dumme, kindische Idee war, meine Geschichte aufzuschreiben und die wahren Orte aller Geschehnisse – auch der Gräber – aufzuzeichnen.
Aber ich wollte die Wahrheit schreiben, nur die Wahrheit. „Verfluchte Eitelkeit“
Wie sehr hatte ich damals gehofft, dass die Leute mir glauben würden, dass sie forschen und untersuchen würden, um anschließend zu verstehen.
Ich nahm die Hand weg und beobachtete die Regenwolken. „Es kann nicht mehr viel von ihnen übrig sein. Nicht mehr genug, oder?“
„ Nur weil sie noch keinen Menschen geklont haben, heißt dass nicht, dass sie es nicht können!“, versuchte Gabriel meinem Gedankengang zu folgen.
„ Sie spielen Gott?“ meine innere Stimme war entsetzt, wie immer, wenn das Thema Klonen besprochen wurde.
„ Wen?“, meine Stimme klang nach einer Fremden, während ich versuchte mir die Konsequenzen eines geklonten Jesus auszumalen.
„ Es hat schon genug Kriege ob des Glaubens gegeben, wegen Sargresten, Reliquien. Was wird geschehen, wenn sich jemand erhebt und behauptet, er habe aus 2000 Jahre alten Blutresten Jesus geklont?“ , dachten meine innere Stimme und mein Verstand im Einklang.
„ Die Hälfte der Menschheit glaubt ja nicht einmal, dass Jesus der Sohn Gottes gewesen ist!“ , versuchte ich abzuschwächen, doch im Grunde konnte man dieses Argument sowohl als Abschwächung als auch als Verstärkung der Konsequenzen einsetzen. Es waren schon Kriege wegen weniger erklärt worden.
„ Wie würden die Kirchen reagieren? Die Menschen?“ Ich malte mir eine geklonte Jesus-Popgruppe aus. „Jesus Christ Superstars“ , murmelte meine innere Stimme ein wenig belustig und fragte sich insgeheim, ob Jahve diese Konsequenz nicht verdiente. Irgendwie. Ein klitzekleines bisschen.
Am Rande nahm ich wahr, dass Gabriel leicht den Kopf schüttelte, um meine Frage abzuwehren, oder sich Zeit zu verschaffen. Er sprach nicht, sondern ließ mich meinen Gedanken absichtlich freien Raum zur Entfaltung.
„ Wenn sie ihn nicht nur einmal klonen würden, sondern öfter ...“ , griff ich die Idee auf, „dann hätte bald jedes Land seinen eigenen Jesus.
„ Was würde dieser Jesus, dieses Jesusse predigen? Würden sie von Liebe sprechen, oder würden sie erzählen, was ihre Schöpfer ihnen vorgaben? Jeder gegen jeden?“
„ Wären es Wesen mit Seele? Oder wäre es der Anti-Christ, der über uns einfallen würde?“
„ Würde Jahve das zulassen?“
„ Man kann den Sohn Gottes nicht klonen. Man kann Gott nicht in ihn hineinklonen!“
„ Und wenn doch?“
Ich spürte, wie ich zitterte, während ich mir die gesamte Bandbreite der positiven und negativen Konsequenzen vor Augen hielt.
Ich ahnte, dass die Menschen schon allein deswegen versuchen würden, Jesus zu klonen, um herauszufinden, ob man den Sohn Gottes klonen konnte, um zu sehen, was geschah. Aus Neugierde.
„ Du würdest es auch tun!“, glaubte meine innere Stimme und erinnerte mich daran, dass ich mein Buch auch schrieb, um herauszufinden, was danach geschah, um mir die Konsequenzen anzusehen.
„ Er könnte alle Menschen heilen, alle Krankheiten heilen!“ , überlegte ich einen Moment lang und malte mir himmlische Möglichkeiten aus, bis mein Verstand sich einmischte und mir ein wirkliches Bild einer solchen Welt zeigte: „Die Hölle auf Erden.“
An dieser Stelle riss Gabriel mich aus meinen philosophischen Überlegungen. „Ich weiß nicht, wen sie klonen wollen, oder ob sie es überhaupt vorhaben.“
Ich starrte nachdenklich auf den Boden. „Aber die Gefahr besteht!“, murmelte ich leise.
„ Die Gefahr besteht immer, solange sie dein Evangelium haben
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