Menschenherz - Band 1-3
verschwunden. „Vielleicht habe ich ihn mir nur eingebildet?“ Sie schloss die Augen. „War es jemand, der sie beschützte?“
„ Wovor?“
„ Oder war es etwas, vor dem sie beschützt wurde?“
Irritiert stellte sie fest, dass sie zitterte und ihr eiskalt war, obwohl in dem Raum eine angenehme Temperatur herrschte.
Schwer atmend und aufgewühlt traf sie eine Entscheidung, glitt auf das Sofa und kuschelte sich zu Adam.
Sie wusste, dass sie versuchte ihren Argwohn zu vergessen und sich bemühte ihm zu vertrauen. Sie wollte ihm trauen. Sie wollte sich von ihm beschützen lassen – und ihn lieben.
Beruhigt von seiner Körperwärme, schlief sie schließlich in seinen Armen ein.
***
Das Klingeln der Türschelle hallte durch das ganze Haus und schreckte Lilith aus ihren unruhigen Träumen hoch. Adam war schon aufgesprungen und halb angezogen, bevor sie begriff, wo und wer sie war.
Er schenkte ihr ein warmes Lächeln, bevor er sie hastig auf die Stirn küsste, um zur Eingangstür zu hechten.
Er riss die Tür auf, ohne die Sprechanlage zu benutzen. Der alte Doktor stand vor ihm. Er wirkte traurig und verstört, drängte sich aber unaufgefordert in die Wohnung.
Erstaunt blickte Adam ihn an.
„ Du hast solange gewartet!“, seufzte der alte Mann und schlurfte zu dem Eingang der Kammer. Adam folgte ihm, wütend über diese Unterbrechung in seinem geplanten Tagesablauf und darüber, dass er sich nun für sein Verhalten würde rechtfertigen müssen.
Bevor er in den Raum trat, beschloss er, sofort seine Meinung und seinen Wunsch in den Vordergrund zu stellen.
Der Engel erwartete die beiden schon und Adam wusste, dass Gabriel gewollt hatte, dass der Doktor ihn von Lilith und zu einem Gespräch wegholte. Unter dem Blick des Engels fühlte sich der junge Mann plötzlich unsicher, schaffte es aber seinen Standpunkt zu murmeln: „Der ganze Versuch war ein einziger großer Fehler!“
„ Dann war es auch ein Fehler, dass wir dich erschaffen haben, oder?“ Die Stimme seines Vaters klang patzig, schaffte es aber nicht, darüber hinwegzutäuschen, dass er enttäuscht und verletzt war.
Adam spannte sich an, bevor er seine Meinung konkretisierte: „Es war ein Fehler, ihr nicht die Wahrheit zu sagen, es war ein Fehler, sie nicht direkt zu fragen, es war ein Fehler mit ihr ein anderes, ein manipuliertes Leben aufzubauen.“ Er schwieg und überlegte, wie er seinen Zukunftstraum formulieren sollte: „Sie sollte die Wahrheit wissen. – Sie sollte die Wahrheit wissen und sich dann entscheiden.“
Adam blickte Gabriel an. „Du hast selber gesagt, dass es wahrscheinlich funktioniert hätte!“
Gabriel schwieg und überlegte. Er konnte die Gefühle des jungen Mannes nachvollziehen und er konnte verstehen, dass er als das geliebt werden wollte, was er war. Aber er verstand auch die Notwendigkeit dessen, was sie seit Jahrzehnten geplant hatten.
„ Verstehst du nicht?“, fragte der Engel leise und sah Adam aufrichtig an. „Du würdest sie wieder zurückstürzen in ihre Zweifel.“
Er blickte an die Wand um Adams traurigen Gesichtsausdruck nicht sehen zu müssen. „Ihr Leben lang hat sie gezweifelt und sich dafür verflucht, dass sie ihren ersten Adam nicht lieben konnte, dass sie weggelaufen ist. Sie gibt sich die Schuld für den Zustand der ganzen Welt.“
„ Sehr pathetisch!“, murmelte der alte Doktor, schwieg aber wieder, als er Gabriels Blick auf sich spürte.
„ Jetzt zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben erhält sie eine zweite Chance, die Möglichkeit, ihre Bestimmung zu erfüllen.“ Gabriel schwieg und überlegte sich den nächsten Schritt. Eindringlich sah er Adam an. „Ihre Bestimmung an deiner Seite!“ Er legte viel Gewicht in seine Worte: „Es war und ist eure Bestimmung. – Erleichtere ihr die Entscheidung, stelle sie nicht vor eine Wahl.“
Adam schüttelte den Kopf. „Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie mich dafür hassen würde. Und sie würde mich hassen, wenn ich es ihr weiter verschweige und sie es hinterher erfährt. – Wenn es zu spät ist.“
„ Sie wird es nie erfahren!“
„ Woher weißt du es?“
Gabriel zuckte gleichmütig die Schultern. Viel gleichmütiger und sicherer, als er sich in Wirklichkeit fühlte. „Wer soll es ihr denn sagen?“
Adams Unterlippe zitterte, er versuchte seine aufgewühlten Gefühle unter Kontrolle zu bringen. „Ich könnte nicht damit leben, sie zu belügen.“
Gabriel blickte ihn an, als hätte der junge Mann ihn geschlagen. Dann zuckte
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