Menschenherz - Band 1-3
Aufforderung, eine Feststellung und eine Bitte mit einem einzigen Satz geliefert hatte.
„ Er überlässt dir die letzte Entscheidung!“ , erklärte ihre innere Stimme, übernahm die Kontrolle und schloss ihren offenen Mund.
„ Aber du besitzt mich doch schon!“, protestierte sie leise, sich nicht sicher, was sie denken und empfinden sollte.
Er schüttelte den Kopf. „Ich will dich mit Leib und Seele. – Ich will mir deiner sicher sein. Jetzt und bis in alle Ewigkeit!“
Er wirkte gequält, als wenn ihr Widerstand und ihre Zurechtweisung ihn tiefer treffen würden, als sie je würde wissen können. – Und als wäre reine Körperlichkeit nicht die einzige Ursache für seine Qual.
„ Du weißt, was du von mir forderst?“, erkundigte sie sich. Nicht nur um ihrem wie rasend arbeitenden Verstand Zeit zu geben, ihre Erinnerung wieder zu finden, sondern auch ohne ihr verloren gegangenes Wissen eine Entscheidung treffen zu können. „Wer bin ich?“
Der Engel trat einen Schritt näher. Seine angespannten Gesichtszüge ließen darauf schließen, dass er immer noch auf eine Entscheidung von ihr wartete.
„ Dieses Mal fordere ich deine Seele!“, wisperte er.
„ Lilith!“ , flüsterte ihre innere Stimme fasziniert.
Als Samiel wieder nach ihr griff, dieses Mal um sie endgültig mit sich in den Abgrund ihrer Leidenschaft zu reißen, gab ihre innere Stimme ihr eine Antwort und stieß sie durch eine bisher verschlossene Tür, in ihr Unterbewusstsein.
„ Ich!“
Samiel
Ich riss mich gewaltsam von Samiel los und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht.
Ich wusste, mein Gesichtsausdruck spiegelte mein Entsetzen wieder, denn der Engel wirkte vor Schreck wie versteinert. Fassungslos starrte er mich an.
„ Du Scheißkerl!“, flüsterte ich leise, während ich weiter zurückwich.
„ Wie konntest du?“ Meine Stimme klang hysterisch und schrill, als alle Erinnerungen zurückfluteten und meinen Verstand auf hohen Wellen davontrugen. „Wie konntest du mich zweitausend Jahre lang alleine lassen?“
Steif und weiter entfernt als jemals zuvor, stand ich vor ihm und starrte ihn mit Verachtung und Wut in den Augen an.
„ Ich liebe dich“, flüsterte er leise. Als wäre es eine Zauberformel, die alle Wunden heilen könnte.
„ Nein, tust du nicht! Man lässt niemanden so lange allein, wenn man liebt!“
„ Nur weil ich dich allein gelassen habe, bedeutet dass nicht, dass ich dich nicht liebe. Ich liebe dich. Vielleicht stärker, als es ein Menschenmann überhaupt könnte. – Und ich bin genauso allein, wie du!“, redete er sanft und beruhigend auf mich ein.
„ Du? Du bist allein? Du hast keine Vorstellung davon, was es bedeutet, allein zu sein. Jahrhunderte lang habe ich gehofft und gewartet.“ Meine Stimme verklang in einem trockenen Schluchzen.
„ Wein nicht um ihn, Lilly, er ist keine einzige deiner Tränen wert!“ , versuchte mich meine innere Stimme zu beruhigen.
Er streckte eine Hand nach mir aus, um mich an der Schulter zu berühren und so zu beruhigen.
Panisch sprang ich ein Stück zurück. „Fass mich nicht an!“
„ Lilly!“, bat er leise, flehend.
„ Nichts Lilly! Nie mehr Lilly! Mich gibt´s nicht mehr – streich mich aus deiner Erinnerung. Kein dummes kleines Mädchen mehr, dass auf dich wartet und auf die Liebe, die du ihr nicht geben kannst und willst!“, fauchte ich. – Mit zweitausend einsamen Jahren als Verstärkung.
Samiel starrte mich entgeistert an. So emotional hatte er mich noch nie erlebt, so wütend. – Noch nie hatte mich jemand so erlebt. Ich fühlte mich, als wenn ich die Kontrolle über meine Gedanken und Gefühle verlieren würde.
„ Und ich bin so blöd und habe dir geglaubt!“, flüsterte ich, in meiner Stimme schwang Enttäuschung mit. „Nicht nur heute!“, fügte ich hinzu.
Er trat einen Schritt näher, aber ich wollte ihn nicht – „Nie wieder!“ , meine innere Stimme war aufgebraucht und in Rage –, und stoppte ihn durch eine abwehrende Geste.
„ Es gab wirklich eine Zeit, in der ich dachte, du liebst mich.“ Ich war fassungslos als ich darüber nachdachte, was er vor wenigen Sekunden versuchte hatte. „Deine süßen Worte, deinen verlogenen Versprechungen. Du hast mich benutzt, all die Jahrhunderte!“
Ich zitterte vor Wut und musste mich beherrschen, um nicht auf ihn einzuschlagen, als all meine Illusionen zerbrachen. „Von Anfang an!“
„ Nein!“ Samiel wirkte aufgebracht. „Nein, dass kannst du nicht wirklich glauben!“
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