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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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an der Wand.
    »Ben. Ben? Bist du das? Geht es dir gut?«
    »Ja, alles in Ordnung. Und Cathy? Geht es ihr …«
    »Genauso. Das Fieber ist gar nicht so schlimm, aber sie röchelt so sehr. Ben, ich glaube, sie hat Wasser in der Lunge. Wenn sie nun eine Lungenentzündung hat?«
    »Es wird alles wieder gut. Es wird alles wieder gut werden.«
    »Ich …« Sie schwieg. Lange. »Ich lasse sie nicht gern allein, aber ich musste es tun. Ben, ich hab heute Morgen zwei Nummern geschoben. Tut mir leid. Aber ich hab ihr Medizin gekauft. Gute Medizin, in der Apotheke.« In ihrer Stimme schwang jetzt der fiebernde Eifer einer Predigerin.
    »Das Zeug ist doch Scheiße«, sagte er. »Hör zu, Sheila. Hör auf damit. Bitte. Ich glaube, ich bin dabei. Wirklich. Viel mehr können sie nicht aussieben, sie haben zu viele Shows. Die brauchen genügend Kanonenfutter. Und sie geben einen Vorschuss, glaube ich. Mrs. Upshaw …«
    »Sie sah fürchterlich aus in Schwarz«, unterbrach Sheila tonlos.
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Bleib bei Cathy, Sheila. Keine Freier mehr.«
    »Ist gut. Ich werde nicht mehr rausgehen.« Aber ihre Stimme überzeugte ihn nicht. Hand aufs Herz, Sheila?
    »Ich liebe dich, Ben.«
    »Und ich lie…«
    »Die drei Minuten sind um«, schaltete die Vermittlung sich ein. »Wenn Sie das Gespräch fortsetzen möchten, müssen Sie noch 25 neue Cent oder 75 alte Cent nachwerfen.«
    »Einen Moment!«, rief Richards. »Gehen Sie aus der verdammten Leitung, Sie Schlampe. Sie …«
    Das leere Summen einer getrennten Verbindung.
    Er warf den Hörer. Er flog so weit, wie das silberne Kabel reichte, prallte von der Wand ab und pendelte dann langsam vor und zurück wie eine seltsame Schlange, die einmal zugebissen hatte und dann starb.
    Irgendjemand muss dafür bezahlen, dachte Richards betäubt, als er zurückging. Jemand muss zahlen.

… Minus 089 Countdown läuft …
     
    Sie blieben am nächsten Vormittag bis zehn Uhr im vierten Stock, und Richards war schon halb wahnsinnig vor Angst, Sorge und Frustration, als ein junger und leicht schwul wirkender Bursche in einer hautengen Spiele-Uniform hereinkam und sie bat, in den Fahrstuhl einzusteigen. Jetzt waren sie vielleicht noch insgesamt dreihundert Mann: In der Nacht waren nochmals sechzig geräusch- und schmerzlos aus ihrer Gruppe entfernt worden. Darunter auch der Junge mit dem unerschöpflichen Vorrat an schmutzigen Witzen.
    Im fünften Stock wurden sie in Gruppen zu fünfzig Mann in ein kleines, luxuriös eingerichtetes Auditorium geführt. Richards sah eine Menge roten Plüsch, und jeder Sitz hatte Armlehnen aus Echtholz, mit eingebautem Aschenbecher. Er zog seine zusammengedrückte Schachtel Blams aus der Hosentasche. Die Asche schnippte er auf den Fußboden.
    Vorn befand sich ein kleines Podium mit einem Rednerpult in der Mitte. Ein Wasserkrug stand auf dem Pult.
    Gegen Viertel nach zehn ging der schwul aussehende Bursche ans Rednerpult und sagte: »Ich möchte Ihnen den stellvertretenden Präsidenten der Spiele-Kommission vorstellen, Mr. Arthur M. Burns.«
    »Hurra«, sagte jemand hinter Richards mit säuerlicher Stimme.
    Ein korpulenter Mann mit einer grauen Tonsur schritt auf das Rednerpult zu und blieb eine Weile davor stehen, den Kopf geneigt, so als nähme er einen Applaus entgegen, den nur er hörte. Dann strahlte er sie alle an und zwinkerte ihnen zu; er sah dabei aus wie ein pummeliger, alternder Cupido in einem Geschäftsanzug.
    »Ich gratuliere Ihnen«, sagte er. »Sie haben es geschafft.«
    Man hörte einen erleichterten kollektiven Seufzer, einige Lacher und kameradschaftliches Schulterklopfen. Mehr Zigaretten wurden angezündet.
    »Hurra«, wiederholte die säuerliche Stimme.
    »In Kürze werden Sie Ihre Programmzuweisungen und Ihre Zimmernummern für den sechsten Stock erhalten. Die Produzenten werden Ihnen dann erklären, was im Einzelnen von Ihnen erwartet wird. Aber vorher möchte ich Ihnen noch einmal herzlich gratulieren und Ihnen sagen, dass ich Sie für großartige, mutige Kerle halte. Sie weigern sich, von der Sozialfürsorge zu leben, wenn Sie die Möglichkeit haben, sich als Mann zu beweisen und, wenn ich das persönlich hinzufügen darf, zu wahren Helden unserer Zeit zu werden.«
    »So’n Stuss«, kommentierte die säuerliche Stimme.
    »Darüber hinaus möchte ich Ihnen im Namen des gesamten Networks viel Glück und Segen wünschen.« Er rieb sich die Hände und lächelte wie ein rosa Schweinchen. »Ich weiß, dass Sie gespannt auf Ihre

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