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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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überraschende Pointe: Sie schmeckt immer noch nach Scheiße.
    »Steak. Erbsen. Kartoffelpüree.« Gott, was hatte Sheila heute Abend auf dem Tisch? Eine Proteinpille und eine Tasse Kaffee-Ersatz. »Milch. Gedeckter Apfelkuchen mit Sahne. Haben Sie alles?«
    »Ja, Sir. Möchten Sie …«
    »Nein«, sagte Richards plötzlich verzweifelt. »Nein. Gehen Sie.«
    Er hatte keinen Appetit. Ganz und gar keinen.

… Minus 084 Countdown läuft …
     
    Mit bitterer Belustigung dachte Richards, dass der Spiele-Kellner seine Bücherbestellung wörtlich genommen haben musste: Ein Lineal hatte ihm dabei wohl als einziger Maßstab gedient. Alles über vier Zentimeter kam in Betracht. So hatte er ihm drei Bücher gebracht, von denen Richards noch nie etwas gehört hatte: zwei Klassiker, Gott ist ein Engländer und Nicht als Fremder, und einen dicken Wälzer, der vor drei Jahren erschienen war: Die Freuden des Dienens. Richards warf zuerst einen Blick in das letztere und rümpfte die Nase. Armer Junge macht sein Glück bei General Atomics. Steigt vom Maschinenputzer zum Getriebe-Mechaniker auf. Besucht die Abendschule (wovon?, fragte Richards sich, Monopoly-Geld?). Verliebt sich in ein wunderschönes Mädchen (anscheinend hatte die Syphilis noch nicht ihre Nase abfaulen lassen) bei einer Orgie in seinem Häuserblock. Wird aufgrund seiner überragenden Leistungen zum Junior-Technico befördert. Ein dreijähriger Ehevertrag folgt und -
    Richards warf das Buch quer durchs Zimmer. Gott ist ein Engländer war schon ein bisschen besser. Er goss sich einen Bourbon auf Eis ein und ließ sich von der Geschichte entführen.
    Als es diskret an der Tür klopfte, hatte er schon dreihundert Seiten gelesen und war außerdem ziemlich knülle. Eine Flasche Bourbon war leer. Mit der anderen in der Hand ging er zur Tür. Draußen stand der Cop. »Ihre Quittungen, Mr. Richards«, sagte er und zog die Tür zu.
    Sheila hatte ihm nichts geschrieben, sondern ein Baby-Foto von Cathy geschickt. Als er es betrachtete, stiegen ihm weinselige Tränen in die Augen. Er steckte es in die Brusttasche und besah sich die andere Quittung. Charlie Grady hatte knapp auf die Rückseite eines Strafzettel-Formulars geschrieben:
    Danke, Made. Lass dich mästen.
    Charlie Grady
    Richards kicherte und ließ den Zettel auf den Teppich flattern. »Danke, Charlie«, sagte er in das leere Zimmer. »Das hab ich gebraucht.«
    Er sah sich noch einmal Cathys Foto an. Ein winziges Baby mit zornesrotem Gesicht. Sie war vier Tage alt gewesen, als das Bild aufgenommen wurde, und hatte sich in dem weißen Wickelkleid, das Sheila selbst genäht hatte, die Lunge aus dem Hals geschrien. Wieder spürte er Tränen in seinen Augen und dachte schnell an die Dankesnote vom guten alten Charlie Grady. Ob er wohl auch die zweite Flasche Bourbon schaffte, bevor er bewusstlos wurde? Er beschloss, es auszuprobieren.
    Und schaffte es beinahe.

… Minus 083 Countdown läuft …
     
    Den ganzen Samstag verbrachte Richards mit einem riesigen Kater. Gegen Abend hatte er ihn fast überstanden und bestellte sich zum Abendessen zwei weitere Flaschen. Er schaffte alle beide, wachte im blassen Morgenlicht des Sonntags auf und sah große Raupen mit flachen, mörderischen Augen langsam die gegenüberliegende Schlafzimmerwand hinabkriechen. Er machte sich klar, dass es nicht gerade in seinem Interesse lag, seine Reaktionen vor Dienstag ganz und gar zu ruinieren, und ließ den Alkohol bleiben.
    Dieser Kater verzog sich langsamer. Er musste sich ziemlich häufig übergeben, und als sein Magen leer war, stieß er ständig trocken auf. Der Schluckauf hörte gegen sechs Uhr abends allmählich auf, und er bestellte sich eine Suppe zum Abendessen. Keinen Bourbon. Er bat um ein Dutzend Neorockplatten, die er auf dem Soundsystem der Suite abspielte, aber sie langweilten ihn bald.
    Er ging früh zu Bett. Und schlief schlecht.
    Am Montag verbrachte er die meiste Zeit auf dem verglasten Balkon vor seinem Schlafzimmer. Er befand sich nun sehr hoch über dem Hafengebiet, und der Tag bestand aus einem ständigen Wechsel von Sonne und Regen, also recht angenehm. Er las zwei Romane, ging wieder früh zu Bett und schlief diesmal etwas besser. Er hatte einen unangenehmen Traum.
    Sheila war tot, und er war auf ihrer Beerdigung. Jemand hatte sie in ihrem Sarg aufgerichtet und ihr einen grotesken Knebel aus Neuen Dollars in den Mund gestopft. Er versuchte, hinzurennen und diese Obszönität zu entfernen, da packten ihn von hinten

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