Menschenjagd
Hände. Er wurde von einem Dutzend Polizisten festgehalten. Einer von ihnen war Charlie Grady. Er grinste und sagte: »Das passiert mit Verlierern, du Made!« Sie setzten ihm ihre Pistolen an den Kopf, als er aufwachte.
»Dienstag«, sagte er zu niemandem im Besonderen und wälzte sich aus dem Bett. Die modische G-A-Uhr mit Sonnenschliff an der gegenüberliegenden Wand zeigte neun Minuten nach sieben an. In weniger als elf Stunden würde die 3-D-Liveübertragung von Menschenjagd im gesamten nordamerikanischen Raum ausgestrahlt werden. Er spürte einen heißen Klumpen Angst in seinem Magen. In dreiundzwanzig Stunden war er Freiwild.
Er duschte lang und heiß, zog den Overall an, bestellte Eier mit Schinken zum Frühstück. Außerdem ließ er sich vom diensthabenden Kellner eine Stange Blams heraufschicken.
Den Rest des Vormittag und den frühen Nachmittag saß er ruhig da und las. Es war genau vierzehn Uhr, als er ein kurzes, förmliches Klopfen an der Tür hörte. Drei Polizisten und Arthur M. Burns, der in seinem Spiele-Trikot plump und mehr als nur ein bisschen lächerlich wirkte, betraten das Zimmer. Alle drei Polizisten hatten Schlagstöcke dabei.
»Es ist Zeit für Ihre letzte Besprechung, Mr. Richards«, sagte Burns. »Würden Sie bitte …«
»Klar«, sagte Richards.
Er markierte die Stelle, an der er im Buch, das er gelesen hatte, war und legte es auf den Couchtisch. Plötzlich empfand er ungeheure Angst, dicht an einer Panik, und er war sehr froh, dass seine Hände nicht sichtbar zitterten.
… Minus 082 Countdown läuft …
Die neunte Etage des Spiele-Gebäudes unterschied sich gewaltig von den unteren, und Richards wusste, dass er nicht höher hinaufkommen würde. Die Fiktion unbegrenzter Mobilität nach oben, die in der schmierigen Eingangshalle im Erdgeschoss begann, endete hier im neunten Stock. Hier befanden sich die Sendestudios.
Die Gänge waren breit, weiß und kahl. Knallgelbe Elektrowägelchen, die von G-A-Solarzellenmotoren angetrieben wurden, zuckelten hierhin und dorthin und transportierten Massen von Free-Vee-Technikos in die Studios oder die Kontrollräume.
Ein Wagen wartete auf sie, als der Fahrstuhl ankam, und alle fünf – Richards, Burns und die Cops – stiegen ein. Als sie durch die Flure fuhren, reckten sich mehrere Hälse nach ihnen, und manchmal wurde mit Fingern auf Richards gezeigt. Eine Frau in gelben Network-Shorts mit Bikinioberteil zwinkerte und warf Richards eine Kusshand zu. Er gab ihr den Mittelfinger.
Es kam ihm so vor, als würden sie kilometerweit durch Dutzende, miteinander verbundene Flure reisen. Richards konnte unterwegs einen Blick in mindestens ein Dutzend Studios werfen. In einem stand das berüchtigte Tretwerk aus Tretmühle zum Zaster. Eine Gruppe von Touristen aus Uptown probierte es kichernd aus.
Schließlich hielten sie vor einer Tür mit der Aufschrift: MENSCHENJAGD. ZUTRITT STRENGSTENS VERBOTEN. Burns winkte dem Mann in der kugelsicheren Kabine neben dem Eingang zu und blickte dann zu Richards hinüber.
»Stecken Sie Ihren Ausweis in den Schlitz zwischen der Kabine und der Tür«, sagte er.
Richards tat es. Der Ausweis verschwand, und kurz darauf leuchtete in der Kabine eine kleine Lampe auf. Der Wächter drückte auf einen Knopf, und die Tür glitt auf. Richards stieg wieder auf den Wagen, und sie wurden in das Studio gefahren.
»Wo ist meine Karte?«, fragte Richards.
»Die brauchen Sie jetzt nicht mehr.«
Sie befanden sich nun in einem Regieraum. Am Mischpult saß ein Techniko vor einem leeren Monitor und sprach Zahlen in ein Mikrofon.
Links von ihm saßen Dan Killian und zwei weitere Männer, die er bisher noch nicht gesehen hatte, an einem Tisch, vor ihnen standen kalte Getränke. Einer der Männer kam Richards vage bekannt vor; er sah viel zu gut aus, um ein Techniko zu sein.
»Hallo, Mr. Richards. Hallo, Arthur. Möchten Sie etwas zu trinken, Mr. Richards?«
Richards stellte fest, dass er durstig war. Trotz der vielen Klimaanlagen, die er unterwegs gesehen hatte, war es im zehnten Stock ziemlich warm. »Ich nehme einen Malz-Mann«, sagte er.
Killian stand auf, ging zu einem Kühlschrank und hebelte den Deckel von einer Plastikflasche. Richards setzte sich hin und nahm die Flasche mit einem Kopfnicken entgegen.
»Mr. Richards, dieser Herr hier zu meiner Rechten ist Fred Victor, der Regisseur von Menschenjagd. Der andere ist, wie Sie sicher schon wissen, Bobby Thompson.«
Thompson, natürlich. Gastgeber und Moderator der
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